Diskussion:Reich von Soissons

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Relevanz des Lemmas?[Quelltext bearbeiten]

Ich sehe das Lemma als problematisch an. Es ist alles andere als klar, ob es so etwas wie ein Reich von Soissons überhaupt gab. Es gab einen Herrschaftsbereich von Aegidius und später Syagrius im römischen Gallien. Dass sie einen Titel "rex" führten oder ihren Herrschaftsbereich als "regnum" bezeichneten gilt als unwahrscheinlich. Aegidius war als magister militium Galliens Inhaber eines der mächtigsten römischen Ämter jener Zeit, usurpierte gegen Ricimer und konnte diesen aber nicht ausschalten. Dadurch entstand der Herrschaftsbereich eines Warlords. Es handelte sich weder aus Innen- noch aus Außensicht um einen Staat, sondern um einen Teil des Römischen Reichs. Auch die räumliche Ausdehnung des Gebietes ist unklar, auch wenn es in vielen schlechten Karten dargestellt ist als "Reich des Syagrius". Mit der Schaffung des Lemmas in Wikipedia verbreiten wir einen Begriff, der missverständlich und nicht etabliert ist. Im Lemma sollten wir das Wort "Reich" deshalb vermeiden. Wenn wir keinen besseren Namen finden, wäre ich für Löschung, denn in den der Artikel enthält nicht viel mehr Information als die von Aegidius und Syagrius. --Mixia (Diskussion) 14:07, 3. Okt. 2020 (CEST)Beantworten

Sehe ich ähnlich. Der Herrschaftsbereich es Aegidius entstand unter speziellen Voraussetzungen, wobei es hier schon fraglich ist, es als "Reich" zu bezeichnen. Bei Syagrius tappen wir faktisch im Dunkeln - nur weil Chlodwig ihn besiegte, heißt das nicht, dass Syagrius über ein ausgedehntes Reich herrschte. Ich tendiere da eher zur neueren Forschung, wonach es letztlich um die Kontrolle der noch vorhandenen ehemaligen weströmischen Truppen in Nordgallien ging, die auch nicht sehr zahlreich gewesen sein dürften. Das "Reich von Soissons" spukt zwar seit langer Zeit in den Büchern rum, doch die belastbare Quellengrundlage ist sehr dünn. Mir ging es bei meinen Edits um etwas "damage control", denn ja, das "Reich" tauch in der Forschungslit auf (es ist also keine reine WP-Disku, wie vieles andere hier), aber die neuere Forschung dürfte richtig liegen, dass vieles davon Spekulation ist. Über eine Löschung kann man geteilter Meinung sein, aber man muss hier wirklich aufpassen, nicht spekulativen Thesen und POV aufzusitzen, was sich leider teils im Artikel breit machte; daher auch meine etwas schärferen Hinweise in den Editkommentaren. Schönen restlichen Sonntag. --Benowar (Diskussion) 21:37, 4. Okt. 2020 (CEST)Beantworten

Belege für Aegidius' Residenz in Soissons?[Quelltext bearbeiten]

Ich finde bisher im Artikel keine Belege für die Vermutung, dass Aegidius von Soissons aus regiert hat. Nach den mit Liber Historiae Francorum belegten Aussagen hatte ja erst Syagrius die Residenz dorthin verlegt. Aegidius hatte als magister militum per Gallias seinen Sitz zunächst vermutlich in Arles. Ich sehe keine Belege für Vermutungen, wohin er sie nach dem Verlust von Arles verlegte. --Mixia (Diskussion) 18:29, 16. Mär. 2021 (CET)Beantworten

In dem von mir überarbeiteten und erweiterten Artikel zu Syagrius habe ich das kurz ausgeführt (mit Belegen) - es ist in der Tat eine moderne Vermutung, die sich aber aus Gregor, Historiae II 27 ergibt. Es ist folglich nicht absolut gesichert, aber recht wahrscheinlich, zumal sich in Soissons spätrömischen Waffenbetriebe befanden. Ich habe den Beleg hier nun auch ergänzt. Gregor ist hier auch die bessere Quelle als der LHF. --Benowar (Diskussion) 20:26, 16. Mär. 2021 (CET)Beantworten
Ich muß Dir, Benowar, leider widersprechen: Gregorius schreibt, Aegidius hätte Soissons beherrscht (tenuerat), aber von einer Residenz des Aegidius in Soissons sagt er nichts. Hätte Gregorius sagen wollen: "Syagrius residierte in Soissons wie vor ihm schon sein Vater", dann hätte er das auch so geschrieben. Daß Gregorius es nicht so schrieb, deutet für mich eher auf das Gegenteil hin. --ElNuevoEinstein (Diskussion) 18:25, 19. Mär. 2021 (CET)Beantworten
Es kommt auf Kontext und Interpretation der Quellenaussagen an (wobei sich tenere ja unterschiedlich übersetzen lässt). Aber es stimmt, es war von mir freier ausgelegt, aber mit Bezug auf die moderne Forschung. In der bekannten Übersetzung von Giesebrecht/Buchner heißt es tatsächlich: Im fünften Jahr seiner Regierung hatte Syagrius, der König der Römer, des Aegidius Sohn, seinen Sitz in der Stadt Soissons, die einst schon Aegidius beherrscht hatte. (Gregor, Historiae II 27 [Buchner/Giesebrecht, Band 1, S, 111]). Das ist nicht die einzig mögliche Übersetzung, aber schon recht genau. Ich selbst hatte ja oben bei Aegidius (Dass er von Soissons aus regierte, ist durchaus möglich,[2] gilt aber erst für seinen Sohn Syagrius als gesichert.) als Beleg den Hinweis auf die Interpretation der Stelle bei Gregor hinzugefügt (klick mich). Im Syagrius-Abschnitt hätte ich es ähnlich machen sollen, sorry, aber der Kern wird nicht davon berührt - vieles ist moderne Interpretation, nicht zuletzt, weil teils der Text der überlieferten Handschriften variiert und die Quellen nur sehr, sehr wenig über Aegidius/Syagrius nach 461 berichten. Außerdem muss man bedenken, dass Gregor nicht aus eigener Anschauung darüber berichtet, sondern sich hier offensichtlich auf schriftliche (wohl lokale) Quellen stützte - und wie genau die waren bzw. wie genau sie Gregor auswertete, ist noch einmal eine andere Frage. Für Soissons sprechen die dort belegten fabricae, aber vieles ist offen. In der jetzigen Form sollte es klar sein. Schönes Wochenende --Benowar (Diskussion) 22:50, 19. Mär. 2021 (CET)Beantworten
Danke, das ist jetzt deutlich klarer dargestellt. --Mixia (Diskussion) 20:52, 21. Mär. 2021 (CET)Beantworten

Hatte sich Aegidius wirklich "vom Imperium losgesagt"?[Quelltext bearbeiten]

Diese Formulierung halte ich für relativ abwegig. Als Quelle wird Penny MacGeorge verlinkt. Ihre Thesen habe ich gelesen. Es klingt für mich eher wie eine Gründungslegende des Frankenreiches. Aber es steht mir nicht an, als fachfremder Wissenschaftler über die Kollegen aus anderen Fächern zu urteilen. Für mich passen Aegidius, Marcellinus und später Syagrius perfekt in die Politik im späten 5. Jahrhundert. Von denen dachte m.E. keiner im Traum daran, dass man das Reich verlassen kann. Wird dieser Standpunkt ernsthaft vertreten? --Mixia (Diskussion) 21:35, 21. Mär. 2021 (CET)Beantworten

Das ist m. E. eine Frage der Interpretation des Ereignisablaufs. Aegidius wollte ja nach 461 zunächst gegen Ricimer und dem von ihm neu eingesetzten Heermeister für Gallien vorgehen; letzterer (Agrippinus) war ja schon zuvor ein Rivals des Aegidius. Für Aegidius war ab 461 das Hauptproblem, dass er nunmehr nicht mehr als offizieller Repräsentant des Imperiums agierte. Er konnte nun auch nicht davon ausgehen, unter Ricimer noch eine Rolle spielen zu können. Als ihm der Durchbruch nach Süden nicht gelang tat er das, was in spätrömischen Zeit nicht so ungewöhnlich war: er agierte nun auf eigene Rechnung. Bemerkenswert ist hier eher, dass er nicht als kaiserlicher Usurpator auftrat, sondern ein regionaler Warlord wurde. So stütze er sich weiterhin auf römische Strukturen, die aber nicht von der kaiserlichen Zentralgewalt (die inzwichen ohnehin kaum mehr über Italien und Südgallien hinausreichte) legitimiert waren. Damit war klar, dass es - zumindest so lange Ricimer die wahre Macht im Westreich war - nun kein zurück mehr gab. In diesem Sinne sagte er sich zumindest faktisch vom Imperium los, aber man kann es auch anders formulieren, da stimme ich dir zu. Dass sich Aegidius von der Zentralregierung losgesagt hatte, schreibt aber unter anderem auch Henning Börm (Westrom, Stuttgart 2018, S. 141). Schau auch mal im Aegidius-Artikel unter Anmerkung 8 nach, in der dort angegebenen Lit wird die Problematik des spätantiken Warlords skizziert, Jäger geht zudem auf die politisch-soziale Grundlage der Aegidius-Erhhebung und dem staatlichen Erosionsprozess in Gallien ein. --Benowar (Diskussion) 22:13, 21. Mär. 2021 (CET)Beantworten
Ja, man kann die Ereignisse durchaus unterschiedlich interpretieren, zumal die Quellenlage dünn ist. Wie du sagst ist bemerkenswert, dass Aegidius nicht nach dem Purpur gegriffen hat. Das würde ich eher so interpretieren, dass er sich mit Leo I. und weiteren einig wähnte in der Illegitimität von Ricimers und Libius Severus Regime und im Bunde mit Leo einen allgemein anerkannten Westkaiser einsetzen wollte. Demnach hätte er sich nicht vom Imperium, sondern nur von der nach seinem Verständnis illegitimen Westregierung in Ravenna losgesagt. Das Buch von Henning Börm liegt mir leider nicht vor. --Mixia (Diskussion) 07:21, 22. Mär. 2021 (CET)Beantworten
Man kann sicherlich annehmen, dass Aegidius das Regime Ricimers (was m. E. recht offensichtlich ist) für illegitim hielt. Ich meine mich zu erinnern, dass Aegidius den kaiserlichen Vorrang Konstantinopels anerkannte, aber sein Machtbereich war ja faktisch abgeschnitten. Die von mir hinzugefügte Stelle aus den Fragmenten des Kandidos bezüglich einer Delegation nach Konstantinopel („der Gallier aus dem Westen, die gegen Odoaker rebellierten“, siehe Anmerkung 9 im Artikel) mag man auch so deuten, aber das ist doch recht unsicher. So oder so erkannte Aegidius ja offensichtlich Ricimers Regime nicht an und operierte nach 461 als selbstständiger Warlord, der offenbar auch eigene Interessen vertrat - und sich somit von Westrom losgelöst hatte, selbst wenn er die Stellung des oströmischen Kaisers respektierte. Wir wissen nicht, ob er mit Ostrom noch einmal in Kontakt kam. Wie gesagt, aufgrund des staatlichen Erosionsprozesses in Westrom nach der Ermordung des Aetius ist das nicht so ungewöhlich. Arbogast der Jüngere etwa trat nie als kaiserlicher Usurpator auf. Eine erfolgreiche kaiserliche Usurpation war zu diesem Zeitpunkt wohl auch nur noch in Italien möglich, nicht aber in den zunehmend isolierten anderen Reichsteilen. Ich denke, die belegte Stelle sollte ausreichend sein und wir können es erstmal damit belassen. Grüße --Benowar (Diskussion) 18:18, 22. Mär. 2021 (CET)Beantworten
Ich habe die betreffende Stelle doch noch etwas abgeändert: Infolgedessen sagte sich Aegidius, der mit Majorian befreundet gewesen war, von der von Ricimer kontrollierten weströmischen Regierung los,[1] die er anscheinend nicht mehr als legitim anerkannte. Das wird auch von der Fachliteratur gedeckt und sollte damit erledigt sein. --Benowar (Diskussion) 18:30, 22. Mär. 2021 (CET)Beantworten
Danke, die Formulierung finde ich auch sehr treffend.--Mixia (Diskussion) 18:44, 22. Mär. 2021 (CET)Beantworten