Diskussion:Territorialisierung

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Letzter Kommentar: vor 2 Jahren von HilmarHansWerner in Abschnitt territorialisierung - gegensätzliche tendenzen und grund?
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Einleitende Definition[Quelltext bearbeiten]

Territorialisierung (Territorium lat. Herrschaftsgebiet oder auch Stadt) bezeichnet in Deutschland den Jahrhunderte langen Konflikt zwischen Zentralgewalt und Partikulargewalten (nach Norbert Elias: zentrifugale Kräfte) und ist der Grundkonflikt im Mittelalter bis zur Frühen Neuzeit. Diese Einleitung ist m. E. nicht NPOV. Es handelt sich hier ja um ein Denkmodell bzw. eine Schule, da ist dieser faktisch anmutende Satz vom "Grundkonflikt" ohne Zuordnung zu Denkern/Schulen oder wenigstens einer Zeit, wann den nun „in Deutschland“ der Begriff „Territorialisierung“ was genau bezeichnet, m. E. völlig untauglich. --AndreasPraefcke ¿! 19:31, 4. Feb 2006 (CET)

Bin auch unsicher ob der Artikel, den Ansprüchen einer Enzyklopädie genügt (s.o.). Jedenfalls fehlt zu Beginn eine akzeptable, verständliche Definition. --Decius 20:10, 17. Jul 2006 (CEST)
Habe die Einleitung präzisiert. hara1603 09:06, 22. Jul 2006 (CEST)
Es fehlen noch Quellen für die einleitende Definition. (und natürlich auch für den Rest des Artikels) --Zulu55 (Diskussion) Unwissen 09:48, 4. Nov. 2014 (CET)Beantworten

Gesamtbewertung[Quelltext bearbeiten]

Ich finde, der Artikel ist ein guter Einstieg zum Thema, indem er auf die Schwierigkeiten der Könige und Kaiser zielt, ein so riesiges Gebiet wie das Frankenreich oder das HRR im Konflikt mit Päpsten, Hochadel und verbliebenem Stammesbewusstsein bei nur rudimentärer Verwaltung und Geldwesen zu regieren. In diesem Zusammenhang könnte man wohl nur noch den Umstand hinzufügen, dass in Deutschland die Dynastien im Hochmittelalter jeweils nur rund 100 Jahre regierten und sich so kein Erbrecht ausbilden konnte wie z.B. in Frankreich. Aber das ganze Thema ist ja viel komplizierter. So fand z.B. die Territorialisierung in Frankreich rund 150 Jahre früher als in Deutschland statt, bedeutete anfangs auch einen Machtverlust für die Könige, der jedoch wettgemacht wurde, indem die Könige ab ca. 1200 ganze Territorien unter ihre Verwaltung nahmen. Die Territorialisierung ist auch nicht nur eine Entmachtung von Königsrechten, sondern bedeutet in erster Linie eine Verdichtung von Herrschaft, d.h. es werden von niedrigen Instanzen Kompetenzen entwickelt und ausgeübt, die zuvor gar nicht wahrgenommen wurden. Konkret heißt das, die "Territorialisierung" ist das Ergebnis eines enorm vielschichtigen Prozesses über mehrere Jahrhunderte, bei dem ursprünglich adlige Rechte, die unabhängig vom Königtum ausgeübt wurden (adlige Immunität), verschmolzen wurden mit Rechten, die zuerst in königlichem Auftrag, dann als königliches Lehen, ausgeübt wurden (Grafenrechte). Dazu kamen die Vogteirechte als Verwalter kirchlicher Immunitäten, der Landesausbau durch Rodung, die Gründung und der Bau von Städten, Burgen, Straßen, Zöllen usw., die letztlich gegen 1230 berechtigten, von domini terrae zu sprechen. Dabei bauten sich diese Landesherren Herrschaften in Gebieten auf, die zuvor z.T. nur Wald oder Wüstung waren. Man sammelte als Hochadliger Herrschaftsrechte unterschiedlichster Herkunft und faßte diese wenn möglich zusammen. Beliebt war auch der Kauf und der Tausch sowie das Pfand, dazu die Mitgift beim Eheschluß, um Gebiete abzurunden oder Teilrechte anderer Adliger in eigenem Gebiet zu erwerben. Und nicht zuletzt wurden oftmals Rechte und Besitz auch durch Kampf und Unterwerfung erworben. Ein Konkurrent unterlag im Kampf und mußte auf seine Rechte verzichten oder nahm sie vom Sieger zu Lehen, wurde dadurch "landständisch". Ein Kloster, das vielleicht ursprünglich der Besitzer eines Landes mitsamt allen Herrschaftsrechten war, die es allerdings nicht ohne einen Vogt ausüben konnte, wurde letztendlich vielleicht ein landständisches Kloster, das auf dem Landtag des Landesherren vertreten war - oder es gelang ihm, ein eigenes Territorium aufzubauen, und den früheren Vogt zu mediatisieren. Oder es besaß ein eigenes Territorium, aber die Herrschaftsrechte an einem abgelegenen Teil des eigenen Grundbesitzes fielen an den Vogt, ohne den Grund selbst zu verlieren. Es konnten alle Spielarten vorkommen, und Territorialisierung war oft bis gegen 1800 kein abgeschlossener Prozess, sondern mehr ein Ziel, bei dem sich viele Herren in die Rechte an einem Gebiet und dessen Bewohnern teilten.

Der Besitz eines Herzogtitels oder -amtes war dabei sehr nützlich, wenn auch für die Bildung einer Landesherrschaft nicht zwingend notwendig. Denn aus den Zeiten der "jüngeren Stammesherzogtümern", die sich gegen 900 ohne königliche Privilegierung aufgrund der äußeren Bedrohung (Dänen, Ungarn), des inneren Zerfalls (Teilungen des karolingischen Frankenreichs, Kriege der Teilkönige) und Machtanhäufung großer Adelsgeschlechter in den ehemaligen Stammesherzogtümern bildeten, konnte man auf wichtige Rechte zurückgreifen, wie es ab 1150 Heinrich der Löwen beispielhaft vormachte: Einzug herrenlosen Besitzes ausgestorbener Adelsfamiien, wobei nahverwandte Linien gerne übergangen wurden, die Einberufung von Landtagen, um Grafen und Edelherren wenn möglich zu "mediatisieren" unter dem rechtlichen Aspekt, dass der Herzog der Vertreter des Königs sei und als Lehensherr jedes Grafen das Recht habe, diese zu seinen Landtagen zu berufen. Und dabei kam es letztlich darauf an, wie im Artikel auch gut beschrieben wird, wen der Herzog auf seine Landtage zwingen oder locken konnte. In jedem früheren Stammesherzogtum verlief dieser Prozeß unterschiedlich, oftmals konnten sich große Grafen dem Herzog ganz entziehen wie im Westen (heutige Niederlande, Belgien, Lothringen), in Bayern hingegen waren die Wittelsbacher ab 1180 sehr erfolgreich, da gerade zu dieser Zeit die mächtigsten Konkurrenten ausstarben und "beerbt" werden konnten. Die Herzöge spielen dabei bis auf Bayern sogar eine relativ untergeordete Rolle, da die Herzogtümer in Franken, Sachsen, Schwaben, Lothringen frühzeitig zerfielen und die herzoglichen Rechte meist von mehreren Stellen ausgeübt wurden. Otto d. Gr. gelang es eigentlich recht gut, die bis dato ziemlich unabhängigen Stammesherzogtümer in seine Herrschaft einzugliedern. Heinrich III. war sogar gleichzeitig König sowie Herzog von Schwaben, Bayern und Franken. Bis zu Heinrich IV. kann immer eine Mischung aus Erbrecht und königlicher Einsetzung bei den Herzögen beobachtet werden und es bildeten sich kaum dauerhafte herzogliche oder markgräfliche Dynastien. Im Gegensatz zu Frankreich konnte der König auch verhindern, dass Herzöge das Recht ausübten, Bischöfe zu ernennen. Und karolingische Amtsherzogtümer hat es nicht, oder nicht lange, gegeben. Sie waren Überbleibsel des merowingischen Machtverfalls in den unzulänglich beherrschten Außengebieten wie Alemannien, Baiern und Aquitanien und wurden von Pippin und seinem Sohn Karl d. Gr. 744 und 788 zerschlagen, der herzogliche Besitz dem König unterstellt und durch königliche Grafen verwaltet - der Beginn oder der Ausbau der "Grafschaftsverfassung" im ostrheinischen Gebiet. Das Kernproblem aus königlicher Sicht war dabei, dass die Amtsgrafen sich sehr bald mit dem einheimischen Hochadel verschwägerten und eigenen Besitz im Gebiet der Grafschaft aufbauten, wodurch die Gefahr bestand, dass die Grafschaft "allodialisiert" wurde, also de facto in den Besitz des Grafen überging und ihm bei Unbotmäßigkeit aufgrund unzureichender Machtmittel nicht mehr genommen werden konnte. Der Rückgriff auf unfreie Ministeriale ab der Salierzeit, um königlichen Besitz zu verwalten, war ein Versuch, zu verhindern, dass dieser in die Hände des Hochadels fällt und dem König völlig entfremdet wird. Dabei begannen die Könige und Kaiser, selbst "Territorien" aufzubauen, die sich zwischen die adligen Landesherrschaften schoben. Die Staufer als ehemalige Herzöge waren dabei sehr erfolgreich, schufen mit den Land-, Burggrafen und später Landvögten neue Mittel, gründeten Städte, Burgen und Pfalzen auf kirchlichem Gebiet, was zu starker Opposition und schließlich 1220 und 1231 zu den berühmten Gesetzen zugunsten der Landesheren führte. Es gibt Deutungen, dass diese Gesetze nicht nur Zugeständnisse der königlichen Schwäche, sondern auch Zeichen deren Entschlossenheit darstellen, das Land machtpolitisch ohne den Adel zu durchdringen, dem die hochadligen Konkurrenten Grenzen setzen wollten. An die sich die Stauferkönige übrigens selbst nicht gehalten haben, solange ihre Machtposition groß genug war. Erst nach 1250 bewirkten diese Gesetze eine bedeutende Einschränkung der königlichen Macht.

Das Thema ist wirklich sehr kompliziert, hängt sehr eng mit den Funktionen der Herzöge, Grafen, Vögte, den eigenständigen Rechten des Adels auf seinen Allodien und der Kirche auf ihren Immunitäten, sowie den königlichen Regalien zusammen, die bis heute nicht zufriedenstellend geklärt werden konnten, und natürlich auch mit dem Verlauf der deutschen (bzw. französischen und italienischen) Geschichte. Deshalb schreibe ich hier auch nur auf der Diskussionsseite, um zu zeigen, dass in dem Thema noch wesentlich mehr Aspekte stecken, die allerdings eine tiefergehendere und genaue Behandlung verdienten.


Hallo, wie ich sehe, kennst Du Dich mit dem Thema sehr gut aus. Ich fände es sehr gut, wenn Du Dein Wissen auch in den Artikel einbauen könntest. Bisher stammt der Artikel größtenteils von mir, ich habe ihn auch eingestellt. Dabei war für mich das Hauptproblem, die komplexe und langfristige Thematik relativ straff, aber doch nicht gar zu knapp und zu vereinfacht darzustellen. Bisher gab es mehr oder weniger nur Kritiker, Dich könnte ich mir aber sehr gut als konstruktiven Bearbeiter vorstellen, der weitere Aspekte und Erläuterungen einbringt. Ich selbst schreibe dann wohl auch noch das eine oder andere dazu.

hara1603 21:42, 06. Sep 2006 (CEST)

Rote Namen[Quelltext bearbeiten]

Wenn Du nicht beabsichtigst, Artikel zu den ganzen roten Namen zu schreiben, solltest du die eckigen Klammern löschen. --Dunnhaupt 15:41, 7. Feb. 2007 (CET)Beantworten

Rote links sind prinzipiell nicht unerwünscht. --Zulu55 (Diskussion) Unwissen 09:48, 4. Nov. 2014 (CET)Beantworten

Norbert Elias[Quelltext bearbeiten]

Die Verwendung des Begriffs bei Norbert Elias sollte genauer rausgearbeitet werden. --Zulu55 (Diskussion) Unwissen 09:48, 4. Nov. 2014 (CET)Beantworten

Zersplitterung versus Vereinheitlichung[Quelltext bearbeiten]

Für mich kommt in dem Artikel deutlich zu kurz, dass die Territorialisierung vor allem eine Bündelung einzelner Rechte war - im Bereich eines bestimmten Gebietes. Während Hohe Gerichtsbarkeit, niedere Gerichtsbarkeit, Münzrechte, Zollrechte, Jagd- und Fischereirechte, Investiturrechte, Grundherrschaft und viele andere Rechte im Prinzip unterschiedlichen Personen zustehen konnten und anfangs auch tatsächlich zustanden, führte die Territorialisierung (wenn ich es richtig verstehe) vor allem zu einer Zusammenfassung mehrerer dieser Rechte in einer Hand, so dass man je nach Machtballung nach und nach eine Person als Herrn eines bestimmten Territoriums begreifen konnte. Diese Landesherrschaft war aber (im Mittelalter) nie absolut; also vereinigte der Landesherr nie alle Rechte in seiner Hand. Die theoretische Vollendung der Territorialisierung war insofern der Absolutismus (ab ca. 1660), und selbst in dessen hoher Zeit herrschten viele Landesherrn noch immer nicht völlig absolut. Insbesondere in Württemberg nicht, und auch in den katholischen Territorien nicht, soweit die Kirche noch Rechte besaß. Drittens sollte man bedenken, dass "Territorium" nicht gleich "Territorium" war. Ein "Territorium" hier konnte eine ganz andere (auch stärkere oder schwächere) Struktur haben als ein Territorium dort. Insbesondere gab es Territorien, in denen Hochgerichtsbarkeit und Grundherrschaft zusammenfielen (Braunschweig-Lüneburg), und andere, in denen das nicht oder nicht durchgängig der Fall war. Insofern unterscheiden sich diese Territorien deutlich von unseren heutigen Bundesländern, die kraft des Grundgesetzes im wesentlichen gleichartig strukturiert sind. Matthias217.233.9.107 14:50, 23. Mai 2018 (CEST)Beantworten

Territorialisierung durch Burgenbau?[Quelltext bearbeiten]

"Der hohe Adel wandelte durch Burgenbau seine bisherige Herrschaft über Personen in eine Herrschaft über Land und Ressourcen um." Könnte dieser Satz bitte näher erläutert werden. Wieso schafft man Territorialisierung, indem man Burgen baut? Außerdem: es bauten doch auch die Ritter, also niedriger Adel, Burgen... --HilmarHansWerner (Diskussion) 19:28, 7. Aug. 2021 (CEST)Beantworten

territorialisierung - gegensätzliche tendenzen und grund?[Quelltext bearbeiten]

in der territorialisierung scheinen zwei gegensätzliche tendenzen zu liegen:

- am anfang stärkt sie die macht des königs, also der zentralgewalt, indem sie die traditionell regionale 'gründung' der macht in den stammesherzogtümern unterminiert und schließlich auflöst (Andere scheinen allerdings zu meinen, dass diese stammesherzogtümer so traditionell nicht waren...; s. https://de.wikipedia.org/wiki/Herzogtum#Stammesherzogt%C3%BCmer);

- später scheint sie eine dezentralisierung, eine "zentrifugale tendenz" (elias) zu bedeuten, also eine schwächung der zentral-instanz. richtig?

und was verrät uns der artikel über die gründe für diese prozesse?? warum haben wir die deutsche territorialisierung und dezentralisierung vs. das gegenteil z.b. in frankreich? andere handelsströme, andere geographie? oder schlicht eine andere 'mentalität' des 'deutschen volkes'...? und was erfahren wir über die bewegenden kräfte 'hinter den kulissen'? geboten wird nur das übliche, fadenscheinige narrativ vom "willen zur macht" der agierenden personen... wer unterstützt die zentralgewalt, wann und warum? (am anfang wohl der verteidigungswille gegen die magyaren...) und wer oder was gibt den territorialfürsten so lange ihre unabhängige macht? (erst stellen sie männer und waffen, später wohl das geld für die königlich-kaiserliche kasse... sprich: v.a. die reichsstädte und dann die großkaufleute...) m.a.w.: wer gibt geld zum schmieren und für waffen bzw. wer kontrolliert handels- und geldströme?

und dann ist da das übliche herbeten der propaganda-version des feudalismus: der könig vergibt lehen, man(n) ist ihm persönlich treu... was aber war der könig, etwa 955 auf dem lechfeld, ohne die unterstützung der herzöge, die ihn gewählt hatten, ähnlich wie die griechen agamemnon im feldzug gegen troja - als ein notwendiges übel (koordination im krieg). noch heinrich der löwe konnte sich weigern, seinen könig-kaiser (gegen die lombardischen städte) militärisch zu unterstützen - auch wenn der dann schon dafür sanktioniert wurde... und was war der könig-kaiser ohne die kurfürsten...? m.a.w.: in meinen augen ist das vergeben von lehen und die lehenstreue eine freundliche propaganda-fiktion, eine demütigende kröte, die man geschluckt hat um des inneren friedens willen - wenigestens unter bestimmten umständen (bis das fehde-wesen effektiv eingeschränkt wurde, dauerte...). meint das niemand sonst, den man vielleicht zitieren könnte?

es kann ja wohl nicht sein, dass niemand zitierfähiges sich über all diese fragen gedanken gemacht hat...

schönen gruß und danke im voraus! --HilmarHansWerner (Diskussion) 21:37, 7. Aug. 2021 (CEST)Beantworten