Diskussion:Ton Koopman

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Letzter Kommentar: vor 9 Jahren von 79.255.43.50
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Das hier:

Ungeachtet seiner musikwissenschaftlichen Qualifikation pflegt Koopmann teilweise einen konventionellen Aufführungsstil, indem er die traditionelle Choraufstellung des 18. und 19. Jahrhunderts (Chor vorne) zugunsten der heutigen Konvention (Chor hinten) ignoriert.

fand ich etwas zu detailversessen, nachher muss man noch bei jedem Interpreten abgeben, ob er zu 30%, 70% oder 110% HIP ist ;-) Koopman ist auf jeden Fall im HIP-Bereich, das sollte hier genügen. Den Sachverhalt als solchen finde ich allerdings wichtig, vielleicht sollte man ihn entsprechend formuliert bei Historische Aufführungspraxis weiterentwickeln, evtl. in einem neuen Abschnitt "Kompromisse"? --Qpaly ♬ (Christian) 13:18, 28. Jan 2006 (CET)

Da möchte ich widersprechen. Die Inkonsistenzen seiner Aufführungen (das oben erwähnte, oder die Verwendung eines barocken Cembalo im Poulencs Concert Champêtre, etc.) gehören gerade bei einem so exponierten Vertreter der Hist. Aufführungspraxis Koopman durchaus mit in den Artikel. -- Jcr 14:07, 28. Jan 2006 (CET)
Ich stimme Qpaly zu. Es gibt sicherlich keinen Interpreten, der eine in allen Aspekten historische Aufführungspraxis praktiziert, schon allein deshalb, da einige Fragen wohl immer offenbleiben werden. Dies bei jedem Interpreten im Detail auszuführen ist mE nicht sinnvoll, das sollte im HIP-Artikel dargestellt werden. --mst 14:28, 28. Jan 2006 (CET)


Nicht zu vergessen natürlich, dass bei einer wahrhaft historisch korrekten Aufführung der Blasebalg der Orgel von einem Kalkanten getreten werden muss ... Bei solchen Wettbewerben um die "originalste", "authentischste", "historisch informierteste" Aufführung breche ich als alter Karl-Richter-Fan immer in schallendes Gelächter aus. Das sind die grotesken Folgen der Wahnidee, das entscheidende Kriterium für eine gelungene Aufführung liege nicht in ihrer hermeneutischen Stringenz, sondern in einer "wissenschaftlichen" Richtigkeit. Koopman hat einmal eine Aufnahme von Kantaten von Buxtehude in vermeintlich historisch korrekter tiefer Stimmung gemacht und dann herausgefunden, dass in Norddeutschland im 17. Jahrhundert im hohen Chorton musiziert wurde - also war die ganze Einspielung falsch, und er konnte alles nochmal aufnehmen.

Sarkasmus beiseite: Ein Aspekt hinsichtlich des Streits um "historische Korrektheit", der durchaus in dem Artikel Erwähnung finden sollte, weil die Thematik tatsächlich zu einer Art Schisma in der "Originalklang"-Szene mit heftigen gegenseitigen Polemiken geführt hat, liegt darin, dass Koopman Bachs Vokalmusik nach wie vor mit einem kleinen Chor im heutigen Sinne, d.h. mehrfach besetzten Stimmen aufführt und diese eher "konventionelle" Praxis vehement verteidigt, während sich in den USA die "OVPP-Theorie" (one voice per part) von Rifkin und Parrott zumindest im akademischen Sektor weitgehend durchgesetzt hat. Die Frage, ob in Bachs Aufführungen in Leipzig ein Chor im heutigen Sinne mitwirkte (wobei gemäß der alten Theorie von Schering in den Chorsätzen zu jedem "Concertisten" zwei "Ripienisten" links und rechts hinzutraten) oder tatsächlich im Regelfall nur Solostimmen beteiligt waren, wird sich wahrscheinlich nie mit hundertprozentiger Sicherheit klären lassen. Für die anfangs belächelte OVPP-Theorie gibt es durchaus starke Argumente, weshalb sie an Rückhalt gewonnen hat. Die Frage der Chorstärke erhitzt die Gemüter, weil unsere überkommene Vorstellung von Bachs Chormusik durch die OVPP-These zutiefst erschüttert wird. Wenn man, wie ich, die Frage der "historischen Korrektheit" für künstlerisch völlig irrelevant hält, muss man darin kein Problem sehen. Wenn man hingegen wie Koopman und die anderen "HIP"-Ayatollahs meint, die eigene künstlerische Praxis "wissenschaftlich" mit Erkenntnissen über eine historische Praxis legitimieren zu müssen, dann hat man ein Problem damit. Zwischen Parrott und Koopman sind deswegen harte Worte gefallen. Um den Artikel diesbezüglich zu ergänzen, müsste ich die Quelle heraussuchen. Aber vielleicht hat jemand Material zur Hand.

Weiterhin gibt es einen interessanten Aspekt von Koopmans Persönlichkeit, der für den Artikel relevant sein könnte: Koopman ist in einem gewissen Sinne vielleicht der radikalste Vertreter der Historischen Aufführungspraxis, insofern er erklärtermaßen Bach für den Höhepunkt der Musikgeschichte hält und mit allem, was danach kam, nicht mehr viel anfangen kann. Also, er gibt zu, dass er die Musik spätestens ab Beethoven im Grunde nicht versteht, dass sein Musikempfinden also tatsächlich ein rein historisches ohne Bezug zu einer wie auch immer gearteten Moderne ist. Im Unterschied zu Harnoncourt usw. versucht er nicht, uns Archaismen als "modern" zu verkaufen, sondern gibt zu, dass er ästhetisch in der Vergangenheit lebt. Das ist wenigstens ehrlich. (Das Gute an Koopman ist aus meiner Sicht, dass er dankenswerterweise bei seiner Barockmusik bleibt und im Gegensatz zu anderen Kollegen aus der Cembalo-Blockflöten-Countertenor-Szene nicht versucht, neue Marktlücken mit Mahler ohne Vibrato, Strawinsky auf Darmsaiten und ähnlichem Quatsch zu erschließen.) -- 79.255.43.50 23:21, 22. Sep. 2014 (CEST)Beantworten