Diskussion:Walter Graeschke

Angebliche Tätigkeit beim Forschungsamt

Im Artikel heißt es "Nach eigenen Angaben war Graeschke dann vom 1. August 1933 bis Ende 1934 Leiter der Abteilung III von Hermann Görings Forschungsamt beim Reichsführer SS. In dieser Funktion will er insbesondere den Aufbau eines Agentennetzes in ganz Europa betrieben haben. Im Januar 1934 wurde Graeschke zum Oberregierungsrat befördert. Ende 1934 wurde Graeschke wegen interner Differenzen vom Forschungsamt suspendiert." - Gibt es dazu irgendeinen Beleg?

Jedenfalls gab es nie "Hermann Görings Forschungsamt beim Reichsführer SS". Görings Forschungsamt stand in starker Konkurrenz zu Himmler (Reichsführer SS). Zudem hatte Görings Forschungsamt nie ein Agentennetz, schon gar nicht in ganz Europa.

"Das im Artikel mehrfach zitierte Das Sondergericht Aachen 1941-1945" von Helmut Irmen gibt in seiner Kurzbiografie Graeschkes keinerlei Hinweis auf das Forschungsamt, macht allerdings keine Angaben für einen Zeitraum von 1932 bis 1934. "Von 1934 bis [Januar] 1936 war Graeschke als Oberregierungsrat im Geschäftsbereich des Preußeischen Innenministeriums mit nachrichtendienstlichen Aufgaben betraut." Gellermanns Buch über das Forschungsamt erwähnt Graeschke nicht.

In einem Erinnerungsbuch von Reinhard Spitzy, "So haben wir das Reich verspielt", wird über Gräschkes angebliche Tätigkeit beim Forschungsamt berichtet. In "axis history" wird ohne Quelle in einem Beitrag von behauptet: "Joined SS at the request of Himmler 5.7.31 Führer z.b.V. Oberstab SS Abschnitt III 29.10.1931 - 16.6.1932. Führer SS Abschnitt VIII 16.6.1932- 1.12.1932 Führer z.b.V. SS Gruppe Ost 1.12.32 - 24.1.33. Führer beim stab RFSS 24.1.33 - 1.4.36 Dezernent Abt VIII (Landsverrat,Wirtschaftspionage) in Geheime Staatspolizei 1933 - 1.8.33. Leiter Abtr III im Forschungsamt der Reichsluftministerium."

Welche Quelle ist Grundlage für den Artikel? --History&more (Diskussion) 10:38, 11. Jul. 2023 (CEST)

Hi, hab's geprüft, die Angaben stammen aus dem Biogramm zu Graeschke in der Studie zur Politischen Polizei von Christoph Graf von 1983. Dort steht tatsächlich: "August 1933 bis Ende 1934 Leiter der Abteilung III von Görings „ Forschungsamt " und daselbst am Aufbau eines Agentennetzes über ganz Europa, vor allem aber in Österreich, beteiligt, Ende 1934 wegen interner Differenzen suspendiert." Hab' dies mal behutsam korrigiert. Um zu klären, wo Graf Graeschkes Angabe gefunden hat, dass er ein Agentennetz aufgebaut habe, müsste man die einzelnen Quellen unter dem Biogramm prüfen. Ich vermute, dass Graf dies aus irgendeinem selbstverfassten Lebenslauf aus einer Personalakte hat. Grüße --Zsasz (Diskussion) 14:43, 11. Jul. 2023 (CEST)

Hallo @Zsasz, so finde ich es schon viel besser. Ich würde noch folgendes vorschlagen:

... "vor allem aber in Österreich, beteiligt gewesen. Diese Angabe kann aber bezweifelt werden, da das Forschungsamt kein Agentennetz unterhielt. Ende 1934 sei Graeschke wegen interner Differenzen suspendiert worden."

Ich könnte mir vorstellen, dass Graf sich auf die lebhaften Schilderungen von Spitzy (unter dem angegebenen Link im Volltext lesbar) bezogen hat. Reinhard Spitzy war laut WP jemand, der sich nach 1945 "als zwielichtiger Zeitzeuge in Szene zu setzen wusste." Die Tätigkeit des Forschungsamtes ist inzwischen recht gut erforscht, es gibt Literatur und u. a. auch viele US-Dokumente über die Verhöre der leitenden Mitarbeiter nach 1945. Alles deutet darauf hin, dass das Forschungsamt für technische Abhörmaßnahmen zuständig war, aber keine Agenten unterhielt. --History&more (Diskussion) 15:29, 11. Jul. 2023 (CEST)

Hi, ich habe mal in die Invenio-Datenbank des Bundesarchivs geguckt. Dort gibt es sieben Akten zu ihm (überdurchschnittlich viele). Mir stechen ins Augen eine SS-Personalakte sowie eine Akte des Rassen- und Siedlungshauptamtes zur Ehegenhmigung (R 9361-III/527022 und R 9361-III/57504). Nach meiner Erfahrung wurde in den selbstverfassten Lebensläufen, die man beim Ersuchen um Heiratsgenehmigung strikt einreichen musste (während man solche für die Personalakte nur gelgentlich einreichen musste), sehr gerne sehr dick aufgetragen, um sich besonders wichtig erscheinen zu lassen und die eigenen Leistungen als besonders imponierend hinzustellen. Mir juckt jetzt natürlich der Finger, die Akten mal durchzublättern, um zu gucken, ob er in den Lebensläufen nicht ein bißchen arg aufgebauscht hat, um als toller Hecht rüberzukommen (und negativen Falls diese Akten als Quelle der besagten Behauptung auszuschließen). Wohne aber leider nicht mehr in Berlin, so dass ich die Mikrofilme nicht spontan mal eben angucken gehen kann, sondern es ein Langzeitprojekt wäre.

Es gibt noch zwei Akten des Jusitzministeriums und eine des Innenministeriums zu ihm.

Bei Graf habe ich noch mal mit Hilfe des Index geguckt.

• Auf S. 298 heißt es: "[Graeschke] der vor seiner Tätigkeit im Gestapa, 1932, Führer des SS-Oberabschnittes und Mitglied der NSDAP-Landesleitung Österreich gewesen war und der nachher, vom August 1933 bis Ende 1934, Abteilungsleiter im Forschungsamt wurde und von hier aus ein weites und dichtes, vor allem sein ehemaliges Tätigkeitsfeld Österreich erfassendes Agentennetz mit aufbaute."
• Und S. 347: "nach eigenen Angaben vom 1. August 1933 bis Ende 1934 Leiter der Abteilung III von Görings Forschungsamt und daselbst am Aufbau eines Agentennetzes über ganz Europa, vor allem aber in Österreich, beteiligt, Ende 1934 wegen interner Differenzen suspendiert."

Es scheint mir als sinnvoll da einen einschränkenden skeptischen Zusatz zuzufügen, dass Teile seiner Angaben angesichts des sonstigen Forschungsstandes zum Tätigkeitsspektrum etc. des Forschungsamtes sehr unwahrscheinlich erscheinen, stimme dir da also zu. Grüße --Zsasz (Diskussion) 16:11, 11. Jul. 2023 (CEST)

Vielen Dank für die weiteren Infos und die Zustaimmung. Leider komme auch ich nicht so oft nach Berlin. Habe den Satz eingefügt und bin gespannt auf eine zukünftige Klärung, was genau in den Akten steht. --History&more (Diskussion) 18:49, 13. Jul. 2023 (CEST)