Diskussion:Weinkauf

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Unglücklicher Artikel-Titel "Weinkauf" - sollte sein "Weinkauf (in Grfsch. Lippe)"[Quelltext bearbeiten]

Dieser Titel "Weinkauf" ist angesichts des Inhalts wirklich sehr unglücklich gewählt, denn er monopolisiert - und verhindert - durch seine Existenz eine breitere Behandlung des an sich interessanten mittelalterl. Rechtsinstituts Weinkauf zugunsten seines viel engeren Themas, wie es damit im Meierrecht der Grafschaft Lippe stand. Infolge dieser Betitelung im deu. Wiki findet man schon heute in anderen Wikis und anderswo die Behauptung, das Phänomen "Weinkauf" habe es nur in Lippe gegeben, und mit "Wein" habe es sowieso nichts zu tun, sondern mit "Gewinn". Das ist natürlich absurd. Ich schlage vor (kann & will das aber nicht selbst bewerkstelligen), der Artikel solle in "Weinkauf (in Lippe)" oder ähnliches umbenannt werden.

Ob der Artikel selbst bezüglich des lippischen Agrarrechts kompetent ist, kann ich nicht beurteilen. Aber die dort vorgeschlagene Etymologie des Wortes Weinkauf scheint mir höchst dubios. Sie wird begründet mit einer völlig undokumentierten Behauptung auf der Webseite "Der genealogische Abend" eines lippischen Geschichts-Vereins, die erste Silbe bezöge sich auf ein niederdeutsches Wort "win" = Gewinn, nicht Wein. Dies ist nur eine Behauptung, die nirgends in der mir zugänglichen Fachliteratur unterstützt wird.

Eine kompetente Behandlung des Rechts-Themas "Weinkauf" müsste warscheinlich auch heute noch mit dem Artikel "Weinkauf" der Brüder Grimm im Deutschen Wörterbuch beginnen, 6 Spalten lang, schwer zu lesen, aber höchst interessant wenn man sich darin eingelesen hate (siehe http://woerterbuchnetz.de/DWB/?lemma=weinkauf ). Eine modernere Behandlung wird wohl irgendwann einmal im Heidelberger Projekt "Deutsches Rechtswörterbuch (DRW)" zu finden sein - aber das ist bislang erst nur zum Buchstaben "S" gekommen.

Seltsamerweise gibt es allerdings im deu. Wiki einen Artikel "Beweinkaufung" [[1]] mit einer Definition des Begriffes "weinkauf" - nicht schlecht, aber für den Nicht-Juristen ist sie nicht ganz leicht verständlich - den eine Wiki-Suche nach "Weinkauf" allerdings nicht findet! Das scheint ja nun einigermassen inkohärent. Vielleicht sollte man damit - vielleicht in einer laienverständlicheren Version - den neu zu erstellenden Eintrag unter hiesigem Titel anfangen. Dass hier keinerlei Link zu jenem Eintrag zu finden ist kann man nur als bedauerlich bezeichnen!

Zum Abschluss, mein eigenes, durchaus laienhaftes, gegenwärtiges Verständnis der Sache. Der "Weinkauf" war im spätmittelalterischen Recht (bekundet seit dem frühen 13. Jhdt., bis ins 19.te) ein Akt (eine Tätigkeit) der nötig war um einen vorhergehenden Kontraktabschluss rechtskräftig zu machen. (Es gab andere Möglichkeiten - manchmal scheint "Weinkauf" synonym zu sein mit öffentlich bekundigtem "Handschlag"). Die Begiessung (mit Wein, aber das konnte auch Bier sein oder Schnaps, wohl deshalb, weil der Trunk konstitutiv Zeugen mit einbezog), war die Hauptsache. Aber man trifft in den Dokumenten sowohl nassen wie auch trockenen Weinkauf! Ohne "Weinkauf" war der ausgehandelte Vertrag nicht einklagbar, nach "Weinkauf" konnten die Kontrahenten sich nicht mehr zurückziehen ohne Kompensation zu zahlen. Hessen und Westfalen waren (laut den Grimms) die anfänglichen Hauptgebiete dieser Kontraktform, die sich aber über das gesamte Süd-, West- und Norddeutsche Gebiet ausbreitete (in Bayern und Oesterreich hatte das Institut einen anderen Namen - aber auch in Holland hiess es "wijn-koop", was das lippische Argument über eine "niederdeutsche" Ausnahme, Konfusion zw. "win" und "wijn", suspekt macht).

Die Sachobjekte der Weinkauf-Verträge waren anfänglich hauptsächlich Immobilien-Angelegenheiten - Güterkauf und Verkauf, Pacht- und Erbschafts-Verträge aller Art - aber auch Viehverkauf und Transport-Verträge. Doch verbreitete sich das Institut "Weinkauf" dann - besonders im frankfurter und hessischen Bereich, vielleicht auch anderswo - auf die Verlobungs- und Eheverträge der Bauernschaft aus: in den Kirchenbüchern jener Zeit wird oft bei Ehen spezifiziert ob die Verlobung "weinkäuflich" arrangiert gewesen war, und die Regierungsdokumente des 17. und 18.ten Jhdts verzeichnen viel-hundert Regulationen und Reskripte in jenem Bereich (siehe, z.B. im Hessischen Staatsarchiv: http://www.hadis.hessen.de/ mit Suche nach "Weinkauf"). Im 18. Jhtd war der Weinkauf oft einfach eine prozentuale Spese, die dem Vertragswert zugeschlagen wurde und der Regierung oder der Lokalherrschaft als Registrationsgebühr zugute kam, ob "Trunk" stattgefunden hatte oder nicht. In Weinbaugebieten (Lippe zählte gewiss nicht dazu) war es eine Art Naturalsteuer - der Trunk war obligatorisch, musste in der herrschaftlichen Herberge mit herrschaftlichem Wein erfolgen, zugunsten der herrschaftlichen Einkünfte, im Wiedersetzungsfall würden die herrschaftlichen Gerichte den Vertrag nicht anerkennen - ancien régime.

Nun, dies alles wäre eben unter dem Wiki-Titel "Weinkauf" abzuhandeln, nicht die jetzige exklusiv Lippische Anmerkung. Vielleicht findet sich ja jemand dafür - ich selbst habe nicht die Zeit, noch als "Alter Herr" die Energie dazu.

--83.76.130.1 00:54, 26. Dez. 2012 (CET)Beantworten