Dosio Koffler

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Dosio Koffler (geboren 15. April 1892 in Cecowa, Galizien; gestorben 6. April 1955 in London) war ein österreichischer Schriftsteller, Drehbuchautor, Filmarchitekt und Filmregisseur.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dosio Koffler wuchs in Galizien auf. Zu Hause wurde deutsch gesprochen, die Umgebung war mehrsprachig: polnisch, ukrainisch, jiddisch. Um die Jahrhundertwende übersiedelte die Familie nach Berlin, später zog Koffler nach Wien, wo er unter anderem von Karl Kraus beeinflusst wurde. Er war Regisseur, Drehbuchautor, Filmarchitekt und schrieb Satiren, Dramen und Prosatexte. Koffler gehört zu den Autoren verbrannter Bücher. Als Gegner des Nationalsozialismus, und weil er nach den „Nürnberger Gesetzen“ als Jude definiert wurde, musste er Deutschland verlassen. 1934 floh er nach Prag. Als die deutsche Regierung 1938 die Auslieferung deutscher Staatsbürger forderte, floh er unter dramatischen Umständen über Paris nach England, wo er sich der Gruppe unabhängiger deutscher Autoren (GUDA) um Kurt Hiller anschloss. Trotz relativer Erfolge blieb das Überleben mühsam. Er kränkelte, hielt sich mit Schreibarbeiten und nach Ende des Kriegs mit einem Schreibwarengeschäft über Wasser. Koffler kehrte nie nach Deutschland oder Österreich zurück. Er starb im April 1955 in London.[1]

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Filmplakat, Entwurf von Lipót Sátori im Atelier Georg Pollak (1926)

In den 1920er und 1930er Jahren kamen mehrere Filme heraus, für die Koffler das Drehbuch geschrieben, Regie geführt und Architekturen entworfen hat. Als Drehbuchautor und Szenenbildner arbeitete er häufig mit dem Filmregisseur Martin Berger zusammen. So war er mit ihm am ersten rumänischen Tonfilm beteiligt, bei dem er für die Bauten verantwortlich zeichnete, Verklungene Träume. Von diesem Film wurde vor einigen Jahren ein Fragment wiederentdeckt,[2] er gilt über das Fragment hinaus jedoch als verloren. Zu den Stummfilmen, für die Koffler das Drehbuch schrieb und Martin Berger Regie führte, gehört der Aufklärungsfilm Kreuzzug des Weibes, der das Problem des Schwangerschaftsabbruchs behandelt, das Sozialdrama Die Ausgestoßenen, in dem die Situation der Kinder von Gefangenen thematisiert wird und Rasputins Liebesabenteuer, die Geschichte des Wundermönchs.

Über seine erste Buchveröffentlichung, die sich vermutlich mit dem Leben Karl Liebknechts befasst hat, ist nichts Näheres bekannt. Sein 1931 erschienener Text Wilhelm II. Ein Film wurde 1933 verbrannt[3] und stand auf den NS-Listen des „schädlichen und unerwünschten Schrifttums“. In Prag erschien Liebesinsel. Komödie in 5 Akten, eine Satire auf den Rassenwahn mit Liedern zu Musik von Jacques Offenbach. Sie wurde auf deutschen Druck hin verboten. Kofflers bekanntestes Werk ist die 1941 erschienene Deutsche Walpurgisnacht, die auch ins Englische übersetzt wurde und als Film geplant, allerdings nicht realisiert wurde. In England erschien 1943 auch eine Streitschrift über die Auseinandersetzungen rund um Lord Vansittart, einem Gegner der englischen Appeasement-Politik, der 1938 aus dem Staatsdienst entlassen worden war. Die deutsche Walpurgisnacht. Ein Spiel in 5 Szenen wurde 1987 vom Persona-Verlag erstmals in Deutschland wieder herausgegeben. In diesem bekanntesten seiner Werke lässt Koffler Goethe, Schiller und Nietzsche aus dem Grab steigen und gemeinsam mit Mephisto ins Dritte Reich reisen. Brutalität, Propaganda und Erziehungsmethoden des Nazismus werden mit klassischen Zitaten und beißendem Witz vorgeführt, um nach „der Erlösung vom höllischen Alpdruck zu streben“ und einen Blick in die Zukunft zu öffnen.[4]

Literarische Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Der Weg nach Golgatha. Passionsspiel. 1919.
  • Wilhelm II. Ein Film. Lucifer-Verlag, Berlin 1931.
  • Die Liebesinsel. Komödie in 5 Akten. Verlag Neumann & Co, Prag 1938.
  • Die deutsche Walpurgisnacht. Ein Spiel in fünf Szenen. Vorwort von Henry Wickham Steed. Lincolns-Prager Publishers Ltd, London 1941. Neuauflage: Persona Verlag, Mannheim 1987, ISBN 978-3-924-65207-4.
    • The German Witches’ Sabbath. A satire in five scenes. Übersetzt von Graham Rowson. Nicholson & Watson, London 1942.
  • Vansittartitis: a polemic by Dosio Koffler. Übersetzt von E. Fitzgerald. Hutchinson, New York, Melbourne 1943.

Filmografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Karl Riha: Zur Recherche nach Dosio Koffler. In: Dosio Koffler: Die deutsche Walpurgisnacht. Ein Spiel in fünf Szenen. Persona Verlag, Mannheim 1987, ISBN 978-3-924-65207-4, S. 89.
  • Karl Riha (Hrsg.): „Die Liebesinsel“ mit Hilfe brieflicher Mitteilungen von Hans Feld und Eugen M. Brehm sowie einem Statement zur „Liebesinsel“ von Rolf Tauscher. Verlag Peter Lang, Frankfurt am Main 1990, ISBN 978-3-631-41680-8.
  • Rolf Tauscher: Dosio Kofflers Bühnen-Satire „Die deutsche Walpurgisnacht“. In: Hubert Orłowski und Günter Hartung (Hrsg.): Traditionen und Traditionssuche des deutschen Faschismus. 2. Protokollband. Wydawnictwo Naukowe UAM, Poznan 1988, ISBN 978-8-323-20005-5, S. 89.
  • Rolf Tauscher: Koffler und Kraus. In: Literarische Satire des Exils gegen Nationalsozialismus und Hitlerdeutschland von F. G. Alexan bis Paul Westheim. Reihe: Poetica – Schriften zur Literaturwissenschaft. Band 2. Verlag Kovač, Hamburg 1993, ISBN 978-3-86-064062-3, S. 177–180.
  • Erwin Rotermund: Parodistische und kontrafaktische Goethe-Rezeption in der deutschen Exilliteratur 1933–1945. Schnog, Mehring und Koffler. In: Peter Ensberg und Jürgen Kost (Hrsg.): Klassik-Rezeption. Auseinandersetzung mit einer Tradition. Festschrift für Wolfgang Düsing. Königshausen & Neumann, Würzburg 2003, ISBN 978-3-82-602495-5, S. 147–160.
  • Heidrun Ehrke-Rotermund und Erwin Rotermund: Lord Vansittart und die Folgen. Diskussionen über das ‚Andere Deutschland‘ in der deutschen Exildichtung – am Beispiel von Dosio Kofflers Spiel „Die deutsche Walpurgisnacht“ (1941). In: Gunther Nickel (Hrsg.): Literarische und politische Deutschlandkonzepte 1938–1949. Reihe: Zuckmayer-Jahrbuch. Band 7. Wallstein Verlag, Göttingen 2004, ISBN 978-3-89-244721-4, S. 141–161.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Karl Riha: Zur Recherche nach Dosio Koffler. In: Die deutsche Walpurgisnacht. Ein Spiel in fünf Szenen. 2. Auflage. persona Verlag, Mannheim 1987, ISBN 978-3-924652-07-4, S. 89.
  2. Marian Tutui: History of Cinema in the Balkans: Common Pioneers and Similarities. In: altcine.com. Electra Venaki, abgerufen am 15. April 2023 (englisch).
  3. Dosio Koffler. In: verbrannte-und-verbannte.de. Coding Da Vinci, abgerufen am 15. April 2023.
  4. Dosio Koffler: Die deutsche Walpurgisnacht. persona verlag, Mannheim 1987, ISBN 3-924652-07-4, S. 82 f.