Drapierbarkeit

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Unter Drapierbarkeit wird die sphärische Verformbarkeit eines textilen Flächengebildes ohne Faltenbildung verstanden.[1][2][3] Im Gegensatz zur freien Verformung eines textilen Flächengebildes durch sein Eigengewicht, das als Fallvermögen bezeichnet wird, kennzeichnet die Drapierbarkeit die Möglichkeit einer dreidimensionalen Formgebung eines solchen Gebildes durch eine erzwungene Verformung. Voraussetzung für eine faltenfreie Ablage auf einem sphärischen geformten Körper ist eine uneingeschränkte zweidimensionale Verformbarkeit der textilen Fläche.[4]

Eine ausreichende Drapierbarkeit von textilen Flächengebilden ist z. B. in der Hutfertigung und beim Beziehen von Polstermöbeln oder Autositzen notwendig. Die faltenfreie Verformbarkeit hat außerdem große Bedeutung bei der Herstellung von dreidimensionalen Faserverbundkunststoff-Bauteilen, in denen textile Flächengebilde als Verstärkungsstrukturen enthalten sind.[5]

Die Drapierbarkeit der textilen Flächengebilde hängt von deren Art (z. B. Gewebe, Gestricke, Gewirke, Gelege) und den damit verbundenen Strukturen und den Eigenschaften der Strukturelemente ab. Diese Strukturelemente sind überwiegend Fäden in Form von Filamentgarnen (Endlosfasergarnen) aus Hochleistungsfaserstoffen.

Vergleiche von Geweben gleicher Kett- und Schussdichte und identischem Fadenmaterial zeigen, dass sich die Drapierbarkeit von der Leinwandbindung (niedrig) über die Köperbindung (mittel) hin zu der Atlasbindung (hoch) verbessert.[6] Es gilt demnach, dass mit größerer Flottierung, also größerem Abstand zwischen den Kreuzungspunkten von Kett- und Schussfaden, die Drapierbarkeit steigt.[7]

Die Drapierbarkeit eines verwirkten Multiaxialgeleges kann durch Einstellung des Maschensystems (Bindungstyp bzw. Flottierung, Maschendichte, Maschenanzahl) auf den Verwendungszweck abgestimmt werden.[8] Zum Beispiel bietet die Trikot-Bindung mit einer Zick-Zack-Anordnung der Maschen ein besseres Drapierverhalten als die Fransen-Bindung.[9]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Definition Drapierbarkeit von Karlheinz Hörsting und Burkhard Wulfhorst: Vortrag 31. Internationale Chemiefasertagung Dornbirn 1992, Kurzfassungen, S. 10. Abgerufen am 3. September 2014 (PDF (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive))
  2. AVK - Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe e.V. (Hrsg.): Handbuch Faserverbundkunststoffe : Grundlagen, Verarbeitung, Anwendungen. 3. Auflage Wiesbaden : Vieweg+Teubner, 2010, ISBN 978-3-8348-0881-3, S. 224
  3. Manfred Neitzel, Peter Mitschang, Ulf Breuer: Handbuch Verbundwerkstoffe – Werkstoffe, Verarbeitung, Anwendung. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Carl Hanser Verlag, München 2014, ISBN 978-3-446-43696-1, S. 394
  4. Ralf-Dieter Reumann (Hrsg.): Prüfverfahren in der Textil- und Bekleidungstechnik. Springer, 2000, ISBN 3540661476, ISBN 9783540661474, S. 605, S. 613
  5. Ralf-Dieter Reumann (Hrsg.): Prüfverfahren in der Textil- und Bekleidungstechnik. Springer, 2000, ISBN 3540661476, ISBN 9783540661474, S. 613
  6. Chokri Cherif (Hrsg.): Textile Werkstoffe für den Leichtbau - Techniken - Verfahren - Materialien - Eigenschaften. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 2011, ISBN 978-3-642-17991-4, S. 182
  7. Tucker, Charles L. III: Forming of Advanced Composites In: Gutowski, Timothy G. P. (Hrsg.): Advanced Composites Manufacturing. New York, NY : Wiley, 1997, S. 297–372, S. 299
  8. Wulfhorst, Burkhard: Textile Fertigungsverfahren : Eine Einführung. München : Hanser, 1998, S. 207
  9. Manfred Neitzel, Peter Mitschang, Ulf Breuer: Handbuch Verbundwerkstoffe – Werkstoffe, Verarbeitung, Anwendung. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Carl Hanser Verlag, München 2014, ISBN 978-3-446-43696-1, S. 84