Drotrecogin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Drotrecogin
Andere Namen

Drotrecogin alfa, aktiviert, human Vitamin K-dependent protein C Variant

Vorhandene Strukturdaten: PDB 1AUT, PDB 1LQV, PDB 1PCU

Eigenschaften des menschlichen Proteins
Masse/Länge Primärstruktur 461 Aminosäuren, 52.071 Da
Bezeichner
Externe IDs
Enzymklassifikation
EC, Kategorie 3.4.21.69
Vorkommen
Homologie-Familie Hovergen
Orthologe (Mensch)
Entrez 5624
Ensembl ENSG00000115718
UniProt P04070
Refseq (mRNA) NM_000312.3
Refseq (Protein) NP_000303.1
PubMed-Suche 5624

Drotrecogin (Handelsname: Xigris®, Hersteller: Lilly) ist eine rekombinante Form des natürlicherweise im Blutplasma vorkommenden aktivierten Protein C, rhAPC (rekombinantes aktiviertes Protein C), von dem es sich nur durch einzelne Oligosaccharide im Kohlenhydratteil des Moleküls unterscheidet. Drotrecogin gehört zu den Serinproteasen. Es war in der Intensivmedizin bei Erwachsenen im Fall einer schweren Sepsis mit multiplen Organversagen zusätzlich zur Standardtherapie gedacht und unter bestimmten Bedingungen[1] empfohlen. Das Medikament wurde 2011 vom Markt genommen, nachdem die anfängliche positive Nutzen-Risiko-Bewertung nicht aufrechterhalten werden konnte.

Drotrecogin wird gentechnisch aus einer etablierten humanen Zelllinie hergestellt. Es unterscheidet sich von dem natürlicherweise im Plasma vorkommenden aktivierten Protein C durch einzelne an dieses Protein gebundene Oligosaccharide.

Wirkmechanismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Eigenschaften von Drotrecogin sind mit denen des endogenen humanen aktivierten Protein C vergleichbar. Das körpereigene Protein wirkt antithrombotisch, indem es die Faktoren Va und VIIIa blockiert. Über die Hemmung von PAI-1 fördert der Wirkstoff die Fibrinolyse. Aktiviertes Protein C unterdrückt zudem die Freisetzung der entzündungsfördernden Zytokine Interleukin-1 und TNF-α.

Marktrücknahme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Xigris wurde 2002 unter „außergewöhnlichen Umständen“ zugelassen. Ein solches Verfahren wird angewendet, wenn der Antragsteller nachweisen kann, dass es nicht möglich ist umfassende Daten über die Wirksamkeit und Sicherheit des Arzneimittels vorzulegen, entweder aufgrund der Seltenheit der Erkrankung, begrenzter wissenschaftlicher Erkenntnisse in dem betreffenden Anwendungsgebiet oder ethischer Überlegungen. Die zu dem Zeitpunkt vorliegenden Ergebnisse der PROWESS-Studie (PROtein-C Worldwide Evaluation in Severe Sepsis) zeigten eine signifikante Verbesserung der 28-Tages-Gesamtmortalität.[2] Die Studie an 1.690 Patienten mit schwerer Sepsis war daraufhin vorzeitig abgebrochen worden, die Zulassung wurde mit der Auflage für eine jährliche Neubewertung erteilt. 2007 befand die EMA, dass nachfolgende Studien die in der Pivot-Studie PROWESS gefundene Wirksamkeit nicht reproduzieren konnten und forderte weitere klinische Daten.[3]

Eine im April 2011 veröffentlichte Cochrane-Analyse ergab, dass in weiteren fünf klinischen, randomisierten Studien kein signifikanter Überlebensvorteil für Patienten mit Sepsis durch die Behandlung mit Drotrecogin aufgezeigt wurde.[4]

Nachdem 2011 die Ergebnisse einer Studie zur Behandlung des septischen Schocks (PROWESS-SHOCK-Studie) die Endpunkte verfehlten, wurde das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis für Drotrecogin erneut in Frage gestellt. Der Hersteller Eli Lilly verkündete im Oktober 2011 die weltweite Einstellung des Verkaufs des Medikaments.[5][6]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten. Unter Mitarbeit von Werner Heinz, Hartwig Klinker, Johann Schurz und August Stich, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Peter Wiehl, Marburg 2009, ISBN 978-3-927219-14-4, S. 37.
  2. EPAR – Scientific Discussion. 17. November 2005 (PDF; 858 kB).
  3. EMA Pressemitteilung: Xigris (drotrecogin alfa (activated)) to be withdrawn due to lack of efficacy. PROWESS-SHOCK study shows no gain in 28-day survival of septic shock patients, vom 25. Oktober 2011.
  4. A. J. Marti-Carvajal, I. Sola, D. Lathyris, A. F. Cardona: Human recombinant activated protein C for severe sepsis. In: Cochrane reviews. 2011, doi:10.1002/14651858.CD004388.pub4
  5. Pressemitteilung von Eli Lilly vom 25. Oktober 2001 online abrufbar als html; zuletzt abgerufen am 25. Oktober 2011.
  6. Rote-Hand-Brief von Eli Lilly am 28. Oktober 2011. (PDF; 209 kB) Abgerufen am 28. Oktober 2011.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • V. Costa, J. M. Brophy: Drotrecogin alfa (activated) in severe sepsis: a systematic review and new cost-effectiveness analysis. In: BMC Anesthesiol. 7, 2007 Jun 25, S. 5. PMID 17592639; PMC 1929064 (freier Volltext)