Eduard Wirsing

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Eduard Wirsing, 1986

Eduard Wirsing (* 28. Juni 1931 in Berlin[1]; † 22. März 2022[2] in Köln) war ein deutscher Mathematiker, der sich vor allem mit Zahlentheorie befasste.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wirsing studierte an der Universität Göttingen und der FU Berlin, an der er 1957 bei Hans-Heinrich Ostmann mit der Dissertation Über wesentliche Komponenten in der additiven Zahlentheorie promoviert wurde.[3] 1967/68 war er Professor an der Cornell University und ab 1969 Professor an der Philipps-Universität Marburg, an der er seit 1965 war. 1970/71 war er am Institute for Advanced Study. Seit 1974 war er Professor an der Universität Ulm, an der er ab 1976 das Mathematische Kolloquium leitete. 1999 emeritierte er, blieb aber weiter wissenschaftlich aktiv. Wirsing organisierte Tagungen zur analytischen Zahlentheorie am Mathematischen Forschungsinstitut Oberwolfach. In seiner Freizeit spielte er Go und Schach, spielte Altblockflöte und bastelte elektronische Geräte. Auch als Wikipedia-Autor war er aktiv.

Wirsing starb 2022 im Alter von 90 Jahren. Er wurde auf dem Kölner Melaten-Friedhof in der Gruft der Familie Clouth beigesetzt.[4]

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1960 bewies er eine Version des Satzes von Roth (1955) für algebraische Zahlkörper:

Sei algebraisch vom Grad , dann gibt es nur endlich viele algebraische Zahlen vom Grad n und der Höhe H, so dass

für beliebig kleine positive . Der Exponent auf der rechten Seite konnte von Wolfgang M. Schmidt 1970 verbessert werden (n+1 statt 2n).

1961 bewies er einen Satz über die asymptotischen Mittelwerte nicht-negativer multiplikativer Funktionen, wobei es ihm gelang unter gewissen Voraussetzungen zu zeigen, dass diese im Wesentlichen durch ihre Werte an den Primzahlen festgelegt sind (und nicht auch noch von Werten an den höheren Primzahlexponenten). 1967 verschärfte er seinen Satz noch weiter und konnte eine Vermutung von Paul Erdős beweisen (jede multiplikative Funktion, die nur die Werte 1 und −1 annimmt, hat einen Mittelwert).

Ende der 1950er Jahre gab er genaue Abschätzungen für das asymptotische Verhalten der Dichte vollkommener Zahlen.[5]

1956 gab er mit Alfred Stöhr ein einfacheres Beispiel (als Juri Linnik 1942), dass es wesentliche Komponenten[6] gibt, die keine Basis sind.[7]

Er gab 1962 einen elementaren Beweis einer verschärften Form des Primzahlsatzes (mit Restglied)[8]. Elementare Beweise des Primzahlsatzes gaben zuerst Paul Erdős und Atle Selberg 1949.

Bekannt ist Wirsing auch für seine Arbeit über die Gauss-Kusmin-Levy Verteilung (nach Carl Friedrich Gauss, Rodion Ossijewitsch Kusmin, Paul Lévy).[9][10] Dabei handelt es sich um asymptotische Abschätzungen für die Verteilung der Koeffizienten der regulären Kettenbruchentwicklung einer im Einheitsintervall gleichmäßig verteilten Zufallsvariablen. In diesem Zusammenhang führte er auch eine universelle mathematische Konstante (Gauss-Kusmin-Wirsing-Konstante) ein (siehe Mathematische Konstante).

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Approximation mit algebraischen Zahlen beschränkten Grades, Journal für Reine und Angewandte Mathematik, Band 206, 1961, S. 67–77
  • Das asymptotische Verhalten von Summen über multiplikative Funktionen, Mathematische Annalen, Band 143, 1961, S. 7–103, Teil 2 in Acta Math. Acad. Sci. Hungar. 18, 1967, 411–447
  • Elementare Beweise des Primzahlsatzes mit Restglied, Teil 1, Journal für Reine und Angewandte Mathematik, Band 211, 1962, S. 205–214 (Teil 2 Band 214/215, 1964, S. 1–18)
  • mit Alan Baker, Bryan Birch On a problem of Chowla, J. Number Theory, Band 5, 1973, S. 224–236

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Uni-Protokolle 1999 zur Emeritierung
  2. Traueranzeige Prof. Dr. Eduard Wirsing. In: Kölner Stadtanzeiger. Nr. 83, 26. März 2022, S. 6 ([1]).
  3. Mathematics Genealogy Project
  4. Eduard Wirsing in der Datenbank Find a Grave, abgerufen am 18. April 2022 (englisch).
  5. Wirsing Bemerkung zu der Arbeit über vollkommene Zahlen, Mathematische Annalen, Band 137, 1959, S. 316–318, davor Wirsing, Hornfeck Über die Häufigkeit vollkommener Zahlen, Mathematische Annalen, Band 133, 1957, S. 431–438
  6. Menge natürlicher Zahlen, die, falls man sie einer Zahlenmenge positiver Dichte hinzuaddiert, deren Dichte immer erhöht. Nach Erdős sind alle Basen wesentliche Komponenten.
  7. Stöhr, Wirsing Beispiele von wesentlichen Komponenten, die keine Basis sind, Journal für Reine und Angewandte Mathematik, Band 196, 1956, S. 96–98
  8. Etwa gleichzeitig auch R. Breusch (1960) und Enrico Bombieri (1962)
  9. Wirsing On the theorem of Gauss-Kusmin-Lévy and a Frobenius type theorem for function spaces, Acta Arithmetica, Band 24, 1973/74, S. 507–62. Seine Resultate werden z. B. in Donald Knuth The art of computer programming, Band 2 (Seminumerical Algorithms), Addison-Wesley, 3. Auflage, S. 363ff dargestellt
  10. Gauss-Kuzmin Distribution, Mathworld