El Vesubio

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Flagge mit den Gesichtern der Verschwundenen aus dem CCDTyE El Vesubio, hergestellt für die Vesuv- und Brücke 12-Kommission
Gefängnisgebäude (Casa 3), El Vesubio

Das Konzentrationslager El Vesubio war von 1976 bis 1978 ein Geheimgefängnis der argentinischen Militärdiktatur. Das Lager befand sich im Großraum Buenos Aires an der Ecke De La Riestra und Autopista Teniente General Pablo Ricchieri im Partido La Matanza.[1]

Politische Gegner, sogenannte Subversive, wurden in dem Lager gefangen gehalten, verhört und gefoltert. El Vesubio war unter den Gefangenen als die „Hölle“ bekannt. Viele Gefangene wurden auf den sogenannten Todesflügen ermordet und beseitigt: Sie wurden mit Flugzeugen vom Flughafen Buenos Aires aus übers Meer geflogen und aus der Luft abgeworfen. Die Militärs zerstörten "El Vesubio" im Jahr 1978, als Argentinien die Fußball-Weltmeisterschaft ausrichtete, um vor der Menschenrechtskommission zu bestehen. Etwa 30.000 Menschen, darunter 100 Deutsche, wurden während der Militärdiktatur ermordet, die meisten davon gelten bis heute als „Desaparecidos“ (Verschwundene).[2]

Folter und Hinrichtung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Laut der Berichte von Überlebenden wie Elena Alfaro und Ana Maria di Salvo wurden die Gefangenen unter anderem mit Elektroschocks, Verletzungen mit dem Skalpell und Vergewaltigungen gefoltert.[3]

Nach der Folterung wurden die Gefangenen in winzigen Zellen auf dem Boden liegend, mit einer Kapuze über dem Kopf mit einer Handschelle an die Wand gefesselt.[4]

Hinrichtungen fanden unter anderem durch Erschießung statt oder per Abwurf aus einem Flugzeug über dem offenen Meer.

Prominente Gefangene in dem Lager waren unter anderem der argentinische Journalist und Comic-Zeichner Héctor Germán Oesterheld und der Schriftsteller Haroldo Conti.

Der Fall Elisabeth Käsemann[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den deutschen Medien sorgte El Vesubio durch die Ermordung der deutschen Studentin Elisabeth Käsemann für Aufsehen. Die Tübingerin wurde am 9. März 1977 von der argentinischen Regierung verhaftet, gefoltert und am 24. Mai 1977 ermordet.[5]

Aufarbeitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Juni 2001 hat das Amtsgericht Nürnberg Haftbefehl gegen den Ex-General Guillermo Suárez Mason und Pedro Durán Sáenz, den Ex-Kommandanten des Lagers, erlassen. Argentinien lehnte die Auslieferung aber ab.[6]

Am 4. März 2004 beantragte die deutsche Bundesregierung offiziell die Auslieferung des einstigen Diktators Jorge Rafael Videla und zweier weiterer früherer Militärs aufgrund mehrfachen Mordes an deutschen Staatsbürgern. Der Antrag wurde am 17. April 2007 vom obersten Gerichtshof Argentiniens abgewiesen.

Im Juni 2010 begann in Argentinien erneut ein Prozess gegen die Verantwortlichen der Militärdiktatur, darunter auch Videla und der ehemalige General Luciano Benjamín Menéndez.[7] Am 22. Dezember 2010 wurde Videla gemeinsam mit Menéndez und 14 weiteren Tätern erneut zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.[8] Die Strafe musste Videla in einer gewöhnlichen Haftanstalt verbüßen,[9][10] wo er 87-jährig im Jahr 2013 verstarb.

Im April 2011 begann in Buenos Aires der Prozess gegen die acht Ex-Militärs Héctor Humberto Gamen (General de Brigada), Hugo Idelbrando Pascarelli (Coronel Retirado), Pedro Alberto Durán Sáenz (Oficial de inteligencia de la Brigada), Ramón Antonio Erlán (penitenciario), José Néstor Maidana (penitenciario), Roberto Carlos Zeoliti (ex penitenciario), Diego Salvador Chemes (ex penitenciario), Ricardo Néstor Martínez (ex penitenciario).[11] Deutschland tritt in dem Prozess als Nebenkläger auf.

Die ehemaligen Militärs Hector Gamen und Hugo Pascarelli wurden am 14. Juli 2011 in Buenos Aires unter anderem wegen Mordes, Entführung, Folter und Vergewaltigung in dem berüchtigten argentinischen Folterzentrum "El Vesubio" verurteilt. Der Kommandant des Lagers, der Oberst Pedro Duran Saenz, starb im Juni während des laufenden Verfahrens. Fünf frühere Gefängniswärter wurden zu Haftstrafen zwischen 18 und 22 Jahren verurteilt.[12] Das zweitinstanzliche Verfahren, in dem die Bundesrepublik Deutschland erneut als Nebenklägerin auftrat, wurde im November 2011 aufgenommen[13] und endete im Mai 2014 mit der Bestätigung der Verurteilungen durch die Berufungskammer des obersten Strafgerichts.[14]

In einem weiteren Prozess wurden im Dezember 2014 vier weitere Angeklagte – frühere Armeeangehörige – wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit an 204 Häftlingen in El Vesubio, darunter auch Käsemann, zu lebenslanger Haft verurteilt.[15]

Heute erinnern nur noch einige Steinplatten an das Lager.[16] Die Militärs zerstörten "El Vesubio" 1978, als Argentinien die Fußball-Weltmeisterschaft ausrichtete. Sie wollten ihre Spuren tilgen, als eine Menschenrechtskommission nach Argentinien kam.[17]

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Lage bei Google-Maps, abgerufen am 12. Juli 2011.
  2. Miriam Hollstein: Deutsche Justiz jagt Junta General,Welt Online, 15. Juli 2001
  3. Zeugenaussage Elena Alfaro
  4. Entführung, Folter und Tod (Memento vom 12. August 2011 im Internet Archive) (PDF; 2,1 MB), Ein Leben in Solidarität mit Lateinamerika, Ausstellungskatalog, Mai 2007
  5. Katharina Peters: Argentiniens Richter urteilen über die Sadisten von "El Vesubio",Spiegel Online, 12. Juli 2011
  6. Volker Schmidt: Der gewaltsame Tod der Elisabeth Käsemann, FR Online, 26. Februar 2010
  7. Argentinien: Diktator Videla wird der Prozess gemacht. Frankfurter Rundschau 30. Juni 2010
  8. Argentinien: Lebenslang für Ex-Diktator Videla. Der Standard 22. Dezember 2010
  9. Videla y Menéndez, condenados a prisión perpetua en Córdoba, LaVoz.com.ar, 22. Dezember 2010
  10. Videla fue condenado a prisión perpetua e irá a una cárcel común, LaNacion.com, 22. Dezember 2010
  11. Boletín de la AEDD nro 799 , 24. April 2011
  12. spiegel.de 12. Juli 2011: Argentiniens Richter urteilen über die Sadisten von "El Vesubio"
  13. Deutscher Bundestag: Drucksache 17/13816 (PDF; 168 kB), Antwort der Bundesregierung vom 5. Juni 2013 auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Fall Käsemann, S. 2
  14. Lesa humanidad: Casación confirmó condenas por crímenes en “El Vesubio”, in: Centro de Información Judicial vom 12. Juni 2014, abgerufen am 12. Juli 2014 (spanisch), mit Link zum vollständigen Urteilstext
  15. Argentinische Militärdiktatur: Männer hinter Mord an Elisabeth Käsemann verurteilt, Spiegel Online vom 19. Dezember 2014
  16. Causa "El Vesubio" Blog, Juni 2011
  17. spiegel.de 12. Juli 2011: Argentiniens Richter urteilen über die Sadisten von "El Vesubio"

Koordinaten: 34° 43′ 12,9″ S, 58° 30′ 52,5″ W