Elise Schmidt

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Porträtfotografie von Elise Schmidt, Aufnahme von Loescher & Petsch, Berlin, vor Oktober 1870

Elise Schmidt (geb. 1. Oktober 1824 in Berlin; gest. 29. Dezember 1902 ebenda) war eine deutsche Schauspielerin, Schriftstellerin, Dichterin, Übersetzerin (aus dem Alt-Griechischen) und Rezitatorin.

Lebensweg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mitglieder des Friedrich-Wilhelmstädtischen Theaters in Berlin; unten rechts: Elise Schmidt. Originalzeichnung von Herbert König, aus: Die Gartenlaube, 1875, Heft 45, S. 753

Elise Schmidt wurde als Tochter eines Kaufmanns in Berlin geboren. Sie nahm schon in ihrem 12. Lebensjahr Schauspielunterricht und hatte 1838, mit nur 14 Jahren, ihr Debüt als Schauspielerin. Sie erhielt sofort ein Engagement an der Bühne in Dessau, wo sie jedoch nicht lange blieb. Sie war an verschiedenen deutschsprachigen Bühnen tätig, unter anderem am Friedrich-Wilhelmstädtischen Theater in Berlin, ferner in Frankfurt an der Oder, Stettin, Pressburg (heute: Bratislava), Prag, Lemberg (heute: Lwiw), am Hoftheater in München sowie in Wien. Gelobt wurde unter anderem ihr Talent für komische Rollen.[1]

Im Jahr 1844 wurde Schmidt von der österreichischen Porträt- und Genremalerin Elisabeth Modell (1820–1865) porträtiert, mit der sie auch befreundet war.

Nach Ausbruch der 1848er-Revolution folgte Schmidt einem Ruf nach Breslau ans dortige Theater.

Nach elf Jahren als Schauspielerin nahm Elise Schmidt im Jahr 1849 ihren Bühnenabschied und kehrte nach Berlin zurück. Fortan war sie als Schriftstellerin, Dichterin, Übersetzerin (aus dem Alt-Griechischen), Rezitatorin, Erzählerin, Romanautorin und Verfasserin von Bühnenstücken tätig. Sie übersetzte unter anderem Prometheus (1855) und Agamemnon (1857) von Aischylos, Elektra (1857) und Die Bacchantinen (1869) von Euripides, Oedipus in Kolonos von Sophokles (1857) und Die Vögel (1869) von Aristophanes. Literarisch galt Schmidt als Schülerin von Friedrich Hebbel (1813–1863).

Schmidt lernte die Schriftstellerin und Musikerin Aline von Schlichtkrull (1832–1863) kennen, die im Frühjahr 1853 – gegen den Willen ihrer Eltern – in eine gemeinschaftliche Wohnung zu Elise Schmidt zog. In dieser Zeit kümmerte sich Elise Schmidt als Pflegerin[2] um die 1851 mit einem Zehnjahresvertrag an die Berliner Hofbühnen verpflichtete Schauspielerin Auguste Bernhard (1825–1860), die infolge eines Rückenmarksleidens zunehmend an Lähmungserscheinungen litt und erblindete.[3] Als Auguste Bernhard nach siebenjährigem Leiden starb, unterzeichnete sie deren Todesanzeige.[4]

Im Jahr 1855 begann Elise Schmidt ihre bekannt gewordenen Vorlesungen antiker griechischer Dramen, bei denen ihre Freundin Aline von Schlichtkrull selbstgeschaffene musikalische Kompositionen vortrug. Die beiden Freundinnen führten ihr erfolgreiches Programm unter anderem in Berlin, Hamburg, London, Frankfurt am Main, München, Leipzig, Königsberg (Preußen) und Danzig auf. Wahrscheinlich im Jahr 1856 waren Elise Schmidt und Aline von Schlichtkrull in London.[5]

Aline von Schlichtkrull erkrankte schwer. Es kam zum Zerwürfnis mit ihrer Familie, die die Trennung Alines von ihrer Freundin Elise und die Rückkehr Alines auf das elterliche Gut Engelswacht verlangte. Dieser Forderung kam von Schlichtkrull vorübergehend nach.[6]

Im März 1863 starb Aline von Schlichtkrull im Alter von nur 30 Jahren. Nach dem Tod ihrer Freundin setzte Elise Schmidt ihre Vorlesungen griechischer Dramen aus. Sie lebte in Berlin oder Potsdam.

Elise Schmidt war mit dem Theaterkritiker Heinrich Theodor Rötscher (1802–1871) befreundet.[7]

Vor Oktober 1870 wurde Elise Schmidt im Berliner Fotostudio Loescher & Petsch fotografiert.[8]

Im Jahr 1872 zog Elise Schmidt nach Thüringen, nach Berka an der Ilm, wo sie sich für einige Jahrzehnte ihren Studien und der Poesie widmete.

1888 erschien Schmidts Buch Die Quadriga, ihre Zeit und ihre Meister, Nach historischen Quellen und Familien-Erinnerungen in Berlin. Schmidt war weitläufig mit dem Berliner Kupferschmied Emanuel Ernst Jury (1756–?) verwandt, der die Quadriga auf dem Brandenburger Tor schuf.[9]

1896 hielt Schmidt einen Vortrag über Dante Alighieri in den Lehrerinnenvereinen von Darmstadt und Mannheim.

Zuletzt lebte Elise Schmidt wieder in Berlin, wo sie am 29. Dezember 1902 im Alter von 78 Jahren starb.

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

in der Reihenfolge ihres Erscheinens:

  • Paganini. Melodrama. 1846.[10]
  • Peter der Große und sein Sohn. 1854, Digitalisat ULB Münster
  • Prometheus. Von Aeschylos. Übersetzung. 1855.
  • Drei Dramen. („Der Genius und die Gesellschaft“, „Macchiavelli“, „Peter der Große und sein Sohn“.) Berlin 1856.
  • Zeitgenossen. Roman. 3 Bände. Janke, Berlin 1856. (Digitalisat Band 1)
  • Agamemnon. Von Aeschylos. Übersetzung. 1857.
  • Elektra. Von Euripides. Übersetzung. 1857.
  • Oedipus in Kolonos. Von Sophokles. Übersetzung. 1857.
  • Brandenburg's Erster Friedrich : Geschichtlich-vaterländisches Schauspiel in fünf Akten. Bloch, Berlin 1861. (Digitalisat)
  • Bacchantinen. Von Euripides. Übersetzung. 1869.
  • Die Vögel. Von Aristophanes. Übersetzung. 1869
  • Judas Ischarioth. Ein dramatisches Gedicht in fünf Abtheilungen. Allgemeine deutsche Verlagsanstalt, Berlin 1851. (Digitalisat)
  • Stein und Napoleon. Drama. 1870.[11]
  • Die Quadriga, ihre Zeit und ihre Meister, Nach historischen Quellen und Familien-Erinnerungen. Berlin, 1888.

Trivia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In einem Brief von Juni 1856 an Lina Dunker bezeichnete der Schweizer Dichter und Politiker Gottfried Keller (1819–1890) Elise Schmidt und Aline von Schlichtkrull als „Schrullen Gottes“.[12]

Elise Schmidt wurden „schon frühzeitig außerordentliche geistige Fähigkeiten und eine seltene Hinneigung zu allem Dramatischen“ nachgesagt.[13]

Literatur und Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Franz Brümmer: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten von Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart, 6. Auflage, Leipzig P. Reclam 1913, Band 6: Risch bis Spiller, S. 225/226, Digitalisat
  • Sophie Pataky (Hrsg.): Lexikon deutscher Frauen der Feder. Eine Zusammenstellung der seit dem Jahre 1840 erschienenen Werke weiblicher Autoren, nebst Biographien der lebenden und einem Verzeichnis der Pseudonyme, 2. Band: M–Z, Verlagsbuchhandlung von Carl Pataky, Berlin S., Prinzenstraße 100, Berlin 1898, Lemma: „Schmidt, Frl. Elise“, S. 253 (Bild Nr. 251) in: Austrian Literature Online (ALO), © DEA 2002–2012, Universität Innsbruck, Österreich, Digitalisat
  • Heinrich Gross, Deutschlands Dichterinnen und Schriftstellerinnen. Eine literarhistorische Skizze, C. Gerold’s Sohn, 1882, S. 126, Digitalisat
  • Porträt der Schriftstellerin Elise Schmidt (1824–1902). Deutsche Fotothek, OBJ 89008656, https://www.deutschefotothek.de/documents/obj/89008656
  • Gemeinsame Normdatei (GND), https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&cqlMode=true&query=nid%3D117502502

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. „Fräulein Schmidt vorzüglich in derbkomischen Rollen“, so Herbert König, „Ein ‚zweites‘ Theater“, in: Die Gartenlaube, Leipzig 1875, Heft 45, Verlag von Ernst Keil, S. 752–755, S. 754, https://de.wikisource.org/wiki/Ein_%E2%80%9Ezweites%E2%80%9C_Theater
  2. Vgl. Berlin, 8. Mai. In: Bonner Zeitung Nr. 109, 11. Mai 1860 (Web-Ressource).
  3. Vgl. Ludwig Eisenberg's großes biographisches Lexikon der deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert. Paul List, Berlin 1903, S. 87 (Web-Ressource).
  4. Todesfälle. In: Königlich privilegirte Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen Nr. 107, 8. Mai 1860, 4. Beil., S. 2 (Web-Ressource).
  5. siehe Gottfried Keller (1819–1890), „Briefe, Tagebücher, Aufsätze“, Gottfried Kellers Werke, Band 7, hrsg. von Martin Hürlimann, Atlantis Verlag, Zürich 1941, Brief Gottfried Kellers an Lina Dunker, 11. oder 12. Juni 1856, S. 304, https://archive.org/details/briefetagebche00kell/page/304/mode/2up : „Daß Elise Schmidt und Fräulein von Schlichtkrull nach London sind, habe ich in der Zeitung gelesen.“
  6. „Den innigsten Seelenbund aber, welcher zu einem persönlichen Zusammenleben für alle Zukunft führte, schloß sie [= Aline von Schlichtkrull] mit der Künstlerin Elise Schmidt, welche sich durch dramatische Vorträge antiker Dichtungen bekannt gemacht hat. Im Frühling 1853 verließ Aline S. die Pension bei Kullack und bezog gegen den Wunsch der Eltern mit der letzteren eine gemeinschaftliche Wohnung, bis sie, dem Willen des Vaters gehorsam, für kurze Zeit ins Elternhaus zurückkehrte.“, so: Adolf Häckermann, Artikel: „Schlichtkrull, Aline von“, in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 489–491, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schlichtkrull,_Aline_von&oldid=- (Version vom 5. Juni 2022, 14:48 Uhr UTC)
  7. Ernst Rose, „Das erste moderne Christus-Drama der deutschen Literatur“, in: The Journal of English and Germanic Philology, hrsg. von Julius Goebel, 23. Jg. Nr. 4, Oktober 1924, S. 492–511, S. 493, https://archive.org/details/sim_jegp-journal-of-english-and-germanic-philology_1924-10_23_4/page/492/mode/2up
  8. Porträt der Schriftstellerin Elise Schmidt (1824-1902). Albuminabzug auf Karton (Carte-de-visite mit Atelieraufdruck recto und verso, signiert), in: Deutsche Fotothek, OBJ 89008656, https://www.deutschefotothek.de/documents/obj/89008656
  9. Die Nichte des Kupferschmiedes Emanuel Ernst Jury, Friederike Jury, die angeblich als Vorbild für die Siegesgöttin Victoria als Wagenlenkerin des Viergespanns gedient haben soll, war eine Großmutter von Elise Schmidt; siehe Helmut Caspar, „Meisterwerke in Kupferblech getrieben. Berliner Kupferschmied und Metallrestaurator Peter Trappen hat ein lehrreiches Fachbuch über Treibarbeiten verfasst“, http://www.helmutcaspar.de/aktuelles19/blnpdm19/trappen0.htm
  10. Kein Exemplar nachweisbar
  11. Kein Exemplar nachweisbar
  12. siehe Gottfried Keller (1819–1890), „Briefe, Tagebücher, Aufsätze“, Gottfried Kellers Werke, Band 7, hrsg. von Martin Hürlimann, Atlantis Verlag, Zürich 1941, Brief Gottfried Kellers an Lina Dunker, 11. oder 12. Juni 1856, S. 304, https://archive.org/details/briefetagebche00kell/page/304/mode/2up : „Daß Elise Schmidt und Fräulein von Schlichtkrull nach London sind, habe ich in der Zeitung gelesen. Wenn diese beiden Schrullen Gottes mit ihrem Bettschirm nur nicht den Prinzen Albert betören oder den alten Lord Firebrand, daß die Welt aufs neue in Flammen gerät! Auch würde ich unter bewandten Umständen den Fränzchen um keinen Preis länger in London lassen, sonst kommt er nicht nur arm am Beutel, sondern auch krank am Herzen nach Hause.“
  13. So in: Sophie Pataky (Hrsg.), „Lexikon deutscher Frauen der Feder. Eine Zusammenstellung der seit dem Jahre 1840 erschienenen Werke weiblicher Autoren, nebst Biographien der lebenden und einem Verzeichnis der Pseudonyme“, 2. Band (M-Z), Verlagsbuchhandlung von Carl Pataky, Berlin S., Prinzenstrasse 100, Berlin 1898, Lemma: „Schmidt, Frl. Elise“, S. 253, http://www.literature.at/viewer.alo?objid=19249&page=251&zoom=3&viewmode=fullscreen; gleichlautend: Franz Brümmer, „Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten von Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart“, 6. Auflage, Verlag P. Reclam, Leipzig 1913, Band 6: Risch bis Spiller, S. 225/226, https://archive.org/details/lexikonderdeutsc06bruoft/page/224/mode/2up