Estivaux-Granit

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der Estivaux-Granit ist eine synkinematische, kalkalkalische Granitintrusion im Grundgebirge des nordwestlichen französischen Massif Central. Er bildet Teil der Thiviers-Payzac-Einheit und wurde im Unterkarbon verformt.

Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Estivaux-Granit ist nach seiner Typlokalität, der Gemeinde Estivaux im Département Corrèze, benannt.

Einführung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geologische Übersichtskarte zur Situierung der Thiviers-Payzac-Einheit (in grün). Der Estivaux-Granit befindet sich Mitte rechts (in rot).

Der Estivaux-Granit ist in Nordwest-Südostrichtung etwa 8 Kilometer lang und in Nordost-Südwestrichtung nur 3 Kilometer breit. Mittels der Estivaux-Störung – einer steil stehenden, sinistralen Seitenverschiebung – wird er im Nordosten gegen die Gesteine der Unteren Gneisdecke abgegrenzt. Die Südwestseite der Intrusion wird vom Thiviers-Sandstein umrahmt. Entlang seiner ausgefransten Südostseite fließt der Clan, in dessen Nähe mehrere kleinere Apophysen aufgedrungen sind. An seiner Nordwestseite ist der Granit in mehrere langgezogene, tentakelförmige Fortsätze aufgespalten. Die Nordostseite der Intrusion ist gneishaft ausgebildet und wird von Mylonitzonen durchzogen.

Petrologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Vézère am Pont de Comborn, Blick nach Nordost. Die dichten Wälder bedecken hier den Estivaux-Granit.

Im Granit können vier verschiedene Faziesbereiche unterschieden werden:

  • melanokratische Fazies entlang der Südwestseite
  • leukokratische Fazies entlang der Nordostseite
  • weiße Fazies im Zentrum
  • rosafarbene Fazies am Südostrand

Mineralogie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Mineralbestand des Estivaux-Granits in der melanokratischen Fazies setzt sich wie folgt zusammen:

Die melanokratische Fazies enthält sehr viele mafische Inklusionen und Schlieren. Die weiße und die rosafarbene Fazies sind eine feinkörnigere Abwandlung der melanokratischen Fazies, in beiden Fazies tritt jedoch Hornblende und Titanit nicht mehr auf. Der Farbkontrast ist auf die unterschiedliche Einfärbung der Feldspäte zurückzuführen, so dürfte die rosafarbene Fazies wesentlich Hämatit-reicher sein. Die leukokrate Fazies ist als sehr stark zerscherter Leukogranit anzusehen, der sehr reich an Muskovit ist.

Chemische Zusammensetzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Oxid
Gew. %
Estivaux-Granit
SiO2 71,00
TiO2 0,25
Al2O3 15,30
Fe2O3 0,55
FeO 1,20
MnO 0,03
MgO 0,85
CaO 1,40
Na2O 4,70
K2O 4,20
P2O5 0,09
H2O- 0,10
H2O+ 0,65

Verformung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Estivaux-Granit wurde in seiner Gesamtheit heterogen verformt.[2] Im Granit besteht ein starker Gradient im Verformungsgrad und in der Mineraleinregelung von Südwest nach Nordost; so geht mit allmählicher Annäherung an die S-C-mylonitische, linksverschiebende Estivaux-Störung die nur wenig beanspruchte melanokratische Fazies in die stark verformte leukokratische Fazies über, gleichzeitig sinkt der Gehalt an Mikroaplit (Restschmelze) von 20 auf nur noch 5 %.

Der Schersinn im Estivaux-Granit ist einheitlich sinistral.

Alter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Roig und Kollegen (1996) fanden mit der Argonmethode für den Estivaux-Granit ein Alter aus dem Tournaisium von 346 ± 3,5 Millionen Jahren. Da es sich hierbei jedoch um ein Abkühlungsalter der Intrusion auf 350/300 °C handelt, dürfte das eigentliche Intrusionsalter wesentlich höher liegen, möglicherweise bei 360 bis 355 Millionen Jahren.[2] Die Entstehung des Granits steht folglich mit der kalkalkalischen und subalkalischen Limousin-Tonalitlinie in Zusammenhang, deren maximale Aktivität in den Zeitraum 358 bis 350 Millionen Jahre fällt.[3]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jacques Grolier u. a.: Feuille Tulle. In: Carte géologique de la France à 1/50000. BRGM.
  • Roig, J. Y.: Evolution tectono-métamorphique d’un segment de la chaîne hercynienne. Rôle du plutonisme dans la caractérisation des tectoniques du Sud-Limousin (Massif Central français) – Doktorarbeit. Univ. Orléans, 1997, S. 287.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hibbard, M. J.: Deformation of incompletely crystallized systems: granitic gneisses and their tectonic implications. In: J. Geol. Band 95, 1986, S. 543–561.
  2. a b Roig, J.-Y., Faure, M. und Ledru, P.: Polyphase wrench tectonics in the southern French Massif Central: kinematic inferences from pre- and syntectonic granitoids. In: Geologische Rundschau. Band 85, 1996, S. 138–153.
  3. Patrick Rolin und Michel Colchen: Les cisaillements hercyniens de la Vendée au Limousin. In: Géologie de la France. n° 1-2, 2001, S. 87–116.