Estnisches Kulturkapital

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Das Estnische Kulturkapital (estn. Eesti Kultuurkapital, abgekürzt häufig als Kulka) ist eine Stiftung zur Förderung der estnischen Kultur. Der Fonds wurde per Gesetz 1994 eingerichtet, nachdem er bereits von 1925 bis 1941 bestanden hatte.

Zwischenkriegszeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach Gründung der Republik Estland 1918 wollte die estnische Regierung die nationale Kultur konsolidieren, indem man sie staatlicherseits subventionierte. Erste Initiativen hierzu lassen sich auf 1921 datieren, als eine Verfügung des Finanzministeriums über eine Sonderabgabe auf Alkohol erging. Mit den so gewonnenen Mitteln sollte die Kultur gefördert werden. Es dauerte jedoch noch einige Jahre, ehe das Gesetz über das Kulturkapital 1925 verabschiedet wurde.[1]

Auf Basis dieses Gesetzes wurde dann aus einer Sondersteuer auf Tabak und Alkohol ein Fonds gespeist, der in sechs Sparten eingeteilt war: Literatur, Theater, Musik, Bildende Kunst, Körperkultur und Journalistik. Alle Sparten hatten eine eigene Verwaltung und eigene Entscheidungsgremien. Mit den Mitteln wurden Publikationen gefördert, Preise ausgelobt oder Stipendien gezahlt. Eine Förderung durch das Kulturkapital in Gestalt von Stipendien konnte für einen kurzen Zeitraum gelten oder sich auf Jahre, möglicherweise sogar anderthalb Jahrzehnte ausdehnen. Im Bereich der Literatur konnte man beispielsweise Autoren ermöglichen, ausschließlich vom Geld der Stiftung zu leben.

Sowjetische Besetzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der sowjetischen Okkupation im Juni 1940 schlief der Fonds bald ein und wurde im Frühjahr 1941 offiziell aufgelöst. In Zeiten der fortschreitenden Sowjetisierung nach dem Zweiten Weltkrieg bestand erwartungsgemäß kein Bedarf nach einer zutiefst kapitalistischen Institution mit dem Namen „Kulturkapital“. Obendrein erfolgte die Kulturförderung und -steuerung im sozialistischen System grundsätzlich anders.

Seit 1991[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Wiederherstellung der estnischen Unabhängigkeit 1991 wurde der Ruf nach einer Wiederbelebung auch des Kulturkapitals laut, denn in einer sich rasch entwickelnden freien Marktwirtschaft war es für die Kultur nicht leicht, sich zu behaupten. 1994 wurde das neue Gesetz über das Kulturkapital verabschiedet, das in groben Zügen seinem Vorbild aus der Zwischenkriegszeit folgte. Der Sitz der Stiftung ist in Tallinn. Sie wird von einem elfköpfigen Stiftungsrat geleitet. Stiftungsratsvorsitzender ist der estnische Kulturminister. Sein Stellvertreter wird vom estnischen Finanzministerium benannt.[2]

Finanzierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Fonds wird wie in der Zwischenkriegszeit von der Tabak- und Alkoholsteuer gespeist. Als dritte Quelle kam die Glücksspielsteuer hinzu. Das Volumen ist beinahe jährlich gewachsen und betrug 2012 22 Millionen Euro. Die Förderbeträge werden – auf Antrag – viermal im Jahr ausgeschüttet. Dabei gibt es grundsätzlich drei verschiedene Arten der Förderung:

  • Stipendien und Pensionen, d. h. monatliche Zahlungen über einen längeren Zeitraum hinweg
  • Konkrete Projektförderungen wie Druckkostenzuschüsse, Finanzierungen von Veranstaltungen und Ausstellungen etc.
  • Preise (Jahrespreise, Preise für ein Lebenswerk etc.)

Gliederung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Kulturkapital ist heute in acht Sparten eingeteilt:

Alle acht Sparten haben ihre eigenen Entscheidungsgremien, die jeweils auf mehrere Jahre ernannt werden. Sie bilden gleichzeitig die jeweilige Jury für die verschiedenen Preise.

Preise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jahrespreise
  • Jahrespreise pro Sparte
  • Kulturperle, Preis für eine besondere Leistung auf kulturellem Gebiet per Provinz

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Cornelius Hasselblatt: Geschichte der estnischen Literatur. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Berlin, New York: Walter de Gruyter 2006, S. 425–427, 714.
  • Oskar Kruus: „Kellele jagati kultuurkapitalist toetusi.“ In: Keel ja Kirjandus 34 (1991), S. 293–297.
  • Gottlieb Ney: „Die Kulturpolitik Estlands während der Eigenstaatlichkeit.“ – Acta Baltica VIII (1968), S. 195–234.
  • Jüri Uljas: „KULKA ja kirjandus.“ In: Tuna 4/2000, S. 56–64.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Archivlink (Memento des Originals vom 4. November 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kulka.ee
  2. Archivlink (Memento des Originals vom 13. November 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kulka.ee