Evocatio

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Bronze-Statuette der Juno Regina, deren religiöser Kult durch eine Evocatio von Veji nach Rom gelangt sein soll.[1][2] Spätes Zweites Jahrhundert u. Z., Staatliche Antikensammlungen, München

Evocatio, von lateinisch e-voco oder e-vocare,[3] bezieht sich auf ein „Heraus-, Herbeirufen“ der lokalen Götter eines Gebiets, insbesondere auch die Toten der Unterwelt herbeizurufen, um sie zum Erscheinen zu veranlassen.[4] Ferner bezeichnete der Begriff Evocatio die Rückberufung ehemaliger, bereits entlassener Legionäre in den Dienst der Legion des Römischen Reiches, siehe dazu Evocatus. Die Evocatio als „Vorladung“ war auch ein Begriff römischen Rechts ohne offensichtlichen Bezug zu ihrem magisch-religiösen Aspekt,[5] der bis heute in der Rechtswissenschaft als Fachbegriff eine Rolle spielt.

Religiöse Bedeutung in der Antike[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Ausdruck „einen Gott herbeirufen“ ist vom 1. Jahrhundert v. Chr. bis zum 6. Jahrhundert belegt.[6] Vornehmlich bezeichnete dieser Brauch die antike Praxis, die Schutzgottheit einer belagerten Stadt durch eine magische Beschwörung heraus zu locken, um ihr eine neue Unterkunft in Rom anzubieten, und die belagerte Stadt damit sozusagen ihrer Existenzgrundlage zu berauben.[7] Aus diesem Grund wurde der Name der Schutzgottheit der Stadt Rom sowie der tatsächliche, eigentliche Name dieser Stadt in der Antike geheim gehalten, um den Feinden die Verfluchung unmöglich zu machen.[8]

Als Taktik der psychologischen Kriegsführung untergrub die Evocatio das Selbstbewusstsein des Feindes, bedrohte die Heiligkeit seiner Stadtmauern (→ Pomerium) und andere Formen des göttlichen Schutzes. Gewöhnlich war die Evocatio jedoch nur eine Methode, die ansonsten frevlerische Plünderung sakraler Gegenstände zu legitimieren.[9]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiktionary: Evokation – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Jürgen von Ungern-Sternberg: Römische Studien Geschichtsbewußtsein – Zeitalter der Gracchen – Krise der Republik. Walter de Gruyter, 2006, ISBN 978-3-11-093871-5, S. 55 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 30. Juli 2015]).
  2. Eric Orlin: Foreign Cults in Rome: Creating a Roman Empire. Oxford University Press, 2010, ISBN 978-0-19-978020-4, S. 38 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 30. Juli 2015]).
  3. evocare : Deutsch » Latein : PONS.eu. (JavaScript) PONS GmbH, Stuttgart, archiviert vom Original am 24. Dezember 2013; abgerufen am 11. August 2012.
  4. Wolfgang Schaffler: Kultische Reaktionen auf Misserfolg und Versagen in der Griechischen Antike. (PDF) Das Verhältnis der Menschen zu den Göttern. Karl-Franzens-Universität Graz, 29. September 2011, S. 6 ff., archiviert vom Original am 10. Juli 2016; abgerufen am 11. August 2012.
  5. Theodor Mommsen: Römisches Staatsrecht. Band 3. Cambridge University Press, 2010, ISBN 1-108-00993-X, S. 1197 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Titus Livius: 1.55, 5.21, 5; Plinius der Ältere: Naturalis historia 24.160; 28.18; Sextus Pompeius Festus: De verborum significatione, s.v. Peregrina sacra, Novae curiae, Tauri ludi; Servius: Aeneis 2.244, 351; 9.446; Macrobius: Saturnalia 3.9
  7. Thomas Köves: Plinius über den Untergang der Stadt Pometia. (PDF; 6,8 MB) Nat. Hist. VII, 68/69. Universität Köln, 29. Februar 2008, S. 24 ff., abgerufen am 11. August 2012.
  8. Angelo Brelich, Die geheime Schutzgottheit von Rom. Zürich, 1949.
  9. Volker Michael Strocka: Kunstraub in der Antike. (PDF; 3,5 MB) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, 5. Mai 2008, S. 9 ff., abgerufen am 12. August 2012: „Beim Beutemachen waren die römischen Feldherrn und ihre Heere also nicht durch religiöse Rücksichten gehemmt.“