Feldbäckerei

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Feldbäckerei 1911

Feldbäckereien (lateinisch pistoria castrensis, teils auch Feldbackanstalt genannt) sind für die Truppenteile im Feld eingerichtete Bäckereien. Sie sind Bestandteil der Militärlogistik und dienen der Truppenverpflegung. Feldbäckereien wurden je nach Umfang in Truppennähe stationär eingerichtet oder mobil genutzt. Heeresbäckereien wurden dagegen an festen Standorten betrieben.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schon bei den römischen Legionen war als Nachfolger des Fladenbrotes das Soldatenbrot als „panis militaris“ bekannt, welches auch als Hartkeks hergestellt wurde. Die Brotherstellung im Felde war in Zeltgemeinschaften der Contubernium organisiert.[1] Mit der Entwicklung größerer Heere wurde es notwendig, für die Versorgung des Militärs entsprechende Einrichtungen zu betreiben, deren Umfang und Mobilität an den Bedürfnissen und Beweglichkeit der jeweiligen Kriegsschauplätze ausgerichtet werden musste. Bei etlichen Armeen wurde die Größe und Leistungsfähigkeit der Feldbäckereien so bemessen, dass jeweils eine Division mit Feldbäckereien für ihren Bedarf versorgt werden konnte.[2][3][4] Zur Organisation des Nachschubes wurden engmaschische Planungen der Staffeln des Mehlfuhrwesens, der Feldbäckereien und des Brotfuhrwesens erforderlich, die unter der Bezeichnung „Fünf-Märsche-System“ bekannt wurden.[5]

Durch verbesserte Konservierungstechniken und wachsende Verkehrsleistung der Logistik wurden bereits im Zweiten Weltkrieg einige Bereiche der Feldverpflegung umgestellt. Dennoch hatten rund 550 Divisionen ihre eigenen Bäckerei- und Schlachterei-Kompanien. Kommissbrot konnte in Konservendosen oder später als Bestandteil von Einpersonenpackungen und Überlebensrationen verteilt werden. Feldbäckereien wurden weniger wichtig und sind beim Militär des 21. Jahrhunderts nur noch in geringem Umfang oder als Teil von Feldküchen vorhanden.[6][7]

Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Deutschland war jedem Armeekorps eine Feldbäckereikolonne und jeder Etappeninspektion eine Reservebäckereikolonne mit Backöfen beigegeben. Die Feldbäckereikolonne hat auch das Nachtreiben und Schlachten des lebenden Viehes zu besorgen. Sie zählt fünf Fahrzeuge und neben dem militärischen und Aufsichtspersonal 100 Handwerker, wovon 78 Bäcker, neun Schlächter. Außerdem gab es Maurer die zur Errichtung der Backöfen eingesetzt waren. Die Feldbacköfen wurden nach denselben Grundsätzen wie gewöhnliche Backöfen, nur kleiner und leichter, gebaut. Die Feldbäckereien der neuern Zeit brachte Kaiser Karl V. in Aufnahme, der beim Ausbruch des Schmalkaldischen Krieges (1546) in Regensburg Getreidemagazine anlegte und Bäcker werben ließ. Mobile Feldbäckereien wurden dann in Preußen unter Friedrich dem Großen eingeführt.[3]

Deutsches Kaiserreich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Armee des Deutschen Reiches hatte für jedes mobile (also im Einsatz befindliche) Armeekorps eine Feldbäckereikolonne, die dem Train angehörte. Diese Kolonnen hatten die Aufgabe, Feldbäckereien aufzubauen und zu bewirtschaften sowie für die Bevorratung mit Backwerk wie Brot zu sorgen.

Dazu benutzte man so genannte Verwaltungsfahrzeuge (Vwf.) wie den Backofenwagen 90 und später die Weiterentwicklung den Fahrbaren Backofen Modell 97.

Wehrmacht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sonderanhänger 106 Feldbäckerei der Wehrmacht

Die Wehrmacht führte ähnliche Fahrzeuge um die Truppen an der Front mit Brot versorgen zu können. Dazu zählten bespannte Anhänger, welche von Pferden gezogen wurden und Anhänger, die mit einer Zugmaschine gezogen wurden. „Jede der rund 550 Heeres-Divisionen hatte eine Bäckerei- und eine Schlachterei-Kompanie.“[7]

Bewegte sich das Armeekorps, so folgte die Feldbäckerei nach einiger Zeit nach. Beim Stillstand wurde die Feldbäckerei meist in Verbindung mit Magazinen errichtet und durch den Aufbau von Backöfen und Benutzung von Privatbäckereien und Brotfabriken leistungsfähiger gemacht.

Nationale Volksarmee[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Feldbackofen (72-M) der NVA auf Anhänger HL 80.76

Bei der Nationalen Volksarmee waren mobile Feldbäckereien im Einsatz, die ebenfalls mit Teigknetmaschinen ausgestattet waren und Brote mit einer Haltbarkeit von bis zu einem Jahr herstellen konnten. Zunächst wurden ab 1952 in der Kasernierten Volkspolizei Feldbackanlagen (FBA) vom Typ 52 der Firma Werner & Pfleiderer eingesetzt. Diese Firma produzierte bereits Feldbacköfen für die Wehrmacht des Typs Sd.Anh. 106 auf der der Typ 52 beruhte. Die Ausstattung wurde 1956 durch die NVA übernommen. An einem Tag konnten 9600 Brote in den 5 Öfen gebacken werden, der Holzverbrauch lag dabei um die 20 Zentner.

1964 wurde eine Neuentwicklung, die FBA-mot 64 in Dienst gestellt. 1972 wurde die Feldbackanlage zum Typ FBA-72 modernisiert. Letztmalig erfolgte eine Erneuerung der Ausstattung um 1982 mit der FBA-72M. Merkmal dieser, vollständig modernisierten Anlage waren Kofferanhänger vom Typ HL 80.76. Die Feldbäckereien blieben bis zur Auflösung der NVA im Einsatz.[8][9] [10]

Ausstattung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pro Division der NVA gab es eine Feldbäckereieinheit. Der Fuhrpark der ersten Feldbackanlagen der NVA bestand noch größtenteils aus Zugfahrzeugen und Anhängern der Roten Armee als auch der Deutschen Wehrmacht bis 1945. Ab dem Jahre 1953 begann stückweise eine Modernisierung mit Fahrzeugen aus sowjetischer Produktion. Teigruheanhänger, Wassertankwagen und Gerätetransportanhänger sowie Stromerzeugeraggregate rundeten die Ausstattung ab. Später wurden auch Wasseraufbereitungsanlagen in die Einheit integriert. Im Zuge der Modernisierung wurden vor allem die Zugmaschinen und Anhänger mehrfach erneuert.[11]

Bundeswehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Maßstabsmodell einer Feldbäckerei der Bundeswehr
Feldbackofen auf Anhänger 2-Rad 1,5t in der Logistischen Lehrsammlung der Logistikschule der Bundeswehr

Bei der Bundeswehr wurden ab 1957 sogenannte „Bäckerei- und Metzgerei-Kompanien“ in Bremen, Koblenz und Ulm aufgestellt. Diese Kompanien konnten jeweils rund eine militärische Division mit Brot und Fleischwaren versorgen. Im Vorgriff auf die Heeresstruktur 3 wurden 1967 bis 1968 diese Kompanien aufgelöst aber sechs verbleibende Feldbäckereien in die Wehrbereichsverpflegungsämter integriert. Dort wurde regelmäßig Brot für den Verteidigungsvorrat gebacken, eingelagert und nach sechsmonatiger Einlagerung zum Verbrauch in die Truppe gegeben. Weitere 13 Feldbäckereien wurden langzeitkonserviert und eingelagert.[12] Im Zuge der Bundeswehrumgliederungen der 2000er Jahre wurden die Feldbäckereien ausgemustert.

Ausstattung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Feldbäckereien der Bundeswehr waren selbstständige Arbeitseinheiten mit allen für die Brotherstellung erforderlichen Geräten. Ihre Backkapizität lag bei ca. 9.000 Broten à 1 kg in 24 Stunden. Dieses entspricht dem Bedarf von 18.000 Personen täglich. Alle sechs Feldbacköfen einer Feldbäckerei waren auf Anhängern 2-Rad 1,5 t montiert und damit verlegefähig. Zu den Backverfahren wurden durch die Bundeswehr spezielle Rezepturen und Verfahren für eine ausreichende Frischhaltung entwickelt. In Folge wurde 1976 eine besondere, schimmelresistente Rezeptur entwickelt und die Lagerzeit auf ein halbes Jahr festgelegt. Man versuchte sich jedoch durchweg an längeren Lagerzeiten, gerade um diese mit den Lagerzeiten der Einmannpackungen zu synchronisieren.

Die Brotproduktion beschäftigte 1987 den Bundesrechnungshof und in Folge den Deutschen Bundestag. Bei den Soldaten fand das in Folie gepackte, langzeitgelagerte Brot, das regelmäßig in der Truppenverpflegung aufgebraucht werden musste, wenig Anklang. Auch Schimmel- und Milbenbefall waren zu beklagen. Der Bundesrechnungshof rügte zusätzlich die seiner Auffassung nach unwirtschaftliche Herstellung des Brotes im Vergleich zu marktverfügbaren Produkten. Die Bundesregierung hob in ihrer Gegendarstellung auf die notwendige Autarkie von gewerblichen Anbietern ab.[13][14]

Ziviler Bevölkerungsschutz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim deutschen Bevölkerungs- und Zivilschutz der Bundesrepublik Deutschland gab es keine Feldbäckereien. In Anlehnung an das erste Verpflegungskonzept der Bundeswehr gab es lediglich provisorische Veterinär-Züge für die Frischfleischversorgung. Man rechnete damit, in Krisenfällen nicht ausreichend von der Nahrungsmittelindustrie versorgt werden zu können.[7] In der DDR wurden nach Austausch der ersten Generation der Feldbacköfen teilweise FBA-52 im zivilen Katastrophenschutz verwendet.[15]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Raimund Baczyński von Leskowicz: Zum Studium des Verpflegwesens im Kriege vom operativen Standpunkte. Kreisel & Gröger, Wien 1894, OCLC 894111255 (archive.org).
  • Sabine Klatt: Einsatzverpflegung gestern – heute – morgen. Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Feldverpflegung und des Feldküchenbetriebs. In: Bundeswehr (Hrsg.): Wehrmedizinische Monatsschrift. 62. Jahrgang, Heft 4, 3. April 2018, S. 97–107 (bundeswehr.de [PDF; 3,5 MB]).
  • Wilhelm René de l’Homme de Courbière: Grundzüge der deutschen Militärverwaltung. E.S. Mittler und Sohn, Berlin 1882, OCLC 1194216367 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Otto von Meixner: Historischer Rückblick auf die Verpflegung der Armeen im Felde. Seidel & Sohn, Wien 1895, OCLC 1027342278 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Otto von Meixner: Die Brot- und Fleischverpflegung kriegshistorisch beleuchtet. In: Organ der Militärwissenschaftlichen Vereine. Band 57. Seidel & Sohn, Wien 1898, S. 3–30 (Textarchiv – Internet Archive).
  • Hermann Müller: Die Feldbäckereien. Geschichte und Geschichten über das Kommissbrot. 1. Auflage. Wörthsee 2003, ISBN 3-85487-496-0.
  • TDv 7310/001-13 Feldbackofen auf Fahrgestell 2-Rad 1,5t Teil.1 Beschreibung Teil 2 Bedienung und Pflege Teil 3 Wartung und Truppeninstandsetzung
  • Verteidigungsvorrat Verpflegung und Feldverpflegungsgerät der Bundeswehr, Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung, Koblenz, 1985, S. 47

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Militärische Bäckereien – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Yann Le Bohec: Contubernium. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 3, Metzler, Stuttgart 1997, ISBN 3-476-01473-8, Sp. 158.
  2. Feldbäckerei z, in Bernhard von Poten: Handwörterbuch der gesamten Militärwissenschaften. (Döffingen bis Friederich I.), Band 3, Bielefeld, Velhagen & Klasing, 1877, Seiten 233–235 (online bei archive.org)
  3. a b Feldbäckerei. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 6: Erdeessen–Franzén. Bibliographisches Institut, Leipzig / Wien 1906, S. 389 (zeno.org).
  4. Feldbäckerei. In: Heinrich August Pierer, Julius Löbe (Hrsg.): Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit. 4. Auflage. Band 6: Europa–Gascogne. Altenburg 1858, S. 169 (zeno.org).
  5. Otto von Meixner: Die Brot- und Fleischverpflegung kriegshistorisch beleuchtet. S. 3–30 (Textarchiv – Internet Archive).
  6. Romeo Brodmann: Das Brot von Kuchen. Atomar gut. Ein Nachruf auf den Bäckergeneral. Pauli Magazin vom 8. September 2017.
  7. a b c Kommißbrot ab Werk. Der Spiegel, 11. Januar 1970, abgerufen am 4. August 2022.
  8. Bernd Schilling: „Schnelle Brote“ für die Truppe. In: Armeerundschau Soldatenmagazin. Militärverlag der DDR (VEB), Berlin, November 1976, S. 62–64, abgerufen am 4. August 2022.
  9. Bernd Schilling, Manfred Uhlenhut: Eckerts Brotexpress. In: Armeerundschau Soldatenmagazin. Militärverlag der DDR (VEB), Berlin, Februar 1989, S. 30–35, abgerufen am 4. August 2022.
  10. NVA-Modell.com - Feldbackanlagen, abgerufen am 24. April 2023
  11. NVA-Modell.com
  12. Ausbildungszentrum Technik Landsysteme - Militärhistorischer Arbeitskreis (Hrsg.), Geschichte der Instandsetzungstruppe, Nachschubtruppe und Heereslogistiktruppen 1956–2019, Aachen, 2019
  13. Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (Hrsg.), Verteidigungsvorrat Verpflegung und Feldverpflegungsgerät der Bundeswehr, Koblenz, 1985, S. 47
  14. 3. Deutscher Bundestag, Bemerkungen zum Bericht des Bundesrechnungshofes 1987, S. 56, Download des Dokuments, abgerufen am 24. April 2023
  15. NVA-modell.com