Felkin-Anh-Regel

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Die Felkin-Anh-Regel ist eine Regel für die selektive Addition an Aldehyde und Ketone mit einem Stereozentrum in α-Position zur Carbonylgruppe. Sie wurde benannt nach Hugh Felkin und Nguyen T. Anh.

Cram-Regel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Donald J. Cram entwickelte 1952 die Theorie (Cramsche Regel), dass bei einer Addition an ein Aldehyd oder Keton mit Stereozentrum in α-Position ein bestimmter Übergangszustand für das entstehende Produkt verantwortlich sei. Der größte Rest steht dabei antiperiplanar zum Carbonylsauerstoff und das Nukleophil greift im Bürgi-Dunitz-Winkel, welcher nahe an 107° liegt, auf der Seite mit dem kleinsten Rest an.[1]

Weiterentwicklung durch Felkin und Anh[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da Crams Regel nicht immer das bevorzugte Produkt richtig vorhersagte, wurde sie von Felkin und später von Anh weiterentwickelt.

Ihrer Meinung nach richtet sich der Rest mit dem tiefstliegenden σ*C-R im rechten Winkel zur Doppelbindung aus. So überlappt das Orbital mit dem π*CO und bildet ein neues LUMO. Jener Rest ist entweder der sterisch anspruchsvollste Rest oder eine elektronenziehende Gruppe (z. B. Cl, Methoxygruppe). Das Nukleophil greift im Bürgi-Dunitz-Winkel auf der Seite mit dem geringeren sterischen Anspruch an.[2]

Allgemeine Reaktion am Beispiel einer Hydridaddition unter Verwendung des Felkin-Anh-Übergangszustandes

Konkurrenz durch das Cram-Chelat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Konkurrenz zum Felkin-Anh-Übergangszustand steht der Cram-Chelat-Übergangszustand. In diesem werden der Carbonylsauerstoff und die elektronenziehende Gruppe (OR, NR2) von einem Metallion koordiniert. Da das Nukleophil wieder im Bürgi-Dunitz-Winkel auf der Seite mit dem geringeren sterischen Anspruch angreift, ergibt sich genau das anti-Felkin-Anh-Produkt.

Welches der beiden Produkte entsteht, hängt davon ab, welcher Rest an der elektronenziehenden Gruppe hängt und welches Metallion koordinieren soll.[3]

  • Mit harten, stark koordinierenden Metallionen (z. B. Mg2+, Zn2+) wird eher das Cram-Chelat-Produkt gebildet, mit weicheren, weniger stark koordinierenden Metallionen (z. B. K+) eher das Felkin-Anh-Produkt.
  • Mit einem sterisch weniger anspruchsvollen Rest (z. B. einem Benzylrest) entsteht das Cram-Chelat-Produkt, mit einem sterisch anspruchsvollen Rest (z. B. TBDMS) kann kein Chelatring gebildet werden und es entsteht das Felkin-Anh-Produkt.

Weitere Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • P. Wyatt, S. Warren: Organic Synthesis (Strategy and Control). Wiley, Wiltshire u. a. 2007, ISBN 978-0-471-92963-5, S. 429–431.
  • J. Clayden, N. Greeves, S. Warren, P. Wothers: Organic Chemistry. Oxford University Press, Oxford 2009, ISBN 978-0-19-850346-0.
  • S. Guillarme, K. Plé, A. Banchet, A. Liard, A. Haudrechy: Alkynylation of Chiral Aldehydes: Alkoxy-, Amino- and Thioaldehydes. In: Chem. Reviews. 2006, 106, S. 2355–2403.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Reinhard Brückner: Reaktionsmechanismen: Organische Reaktionen, Stereochemie, Moderne Synthesemethoden. Spektrum Akademischer Verlag;, 2007, ISBN 3-8274-1579-9.
  2. Reinhard Brückner: Reaktionsmechanismen. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2009, ISBN 978-3-8274-1579-0, S. 412.
  3. Reinhard Brückner: Reaktionsmechanismen. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2009, ISBN 978-3-8274-1579-0, S. 418 f.