Flag Officer (Dienstgrad)

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Der historische Dienstgrad Flag Officer existierte zwischen 1857 und 1862 in der Marine der Vereinigten Staaten von Amerika als einziger Dienstgrad über dem Captain und damit als Äquivalent zu den Admiralsdienstgraden anderer Seestreitkräfte. Nach Beginn des Sezessionskriegs existierte der Dienstgrad auch in der Konföderierten Marine.

Nach der Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika und ihrer Marine 1775 gab es in den Seestreitkräften zunächst nur zwei, später drei Offiziersdienstgrade: Lieutenant, Commander (1799 als „Master Commandant“ eingeführt, ab 1837 nur noch Commander) und Captain.[1][Anmerkung 1] Der US-Kongress zögerte in dieser Zeit, höhere Marinedienstgrade zu erschaffen, weil man allgemein Bedenken gegenüber zu großen Marinestreitkräften hatte und im Speziellen den Begriff „Admiral“ als zu feudalistisch klingend ablehnte.[1][2] Das führte jedoch zu Problemen: Innerhalb der amerikanischen Marine war es schwierig, die Seniorität der Offiziere im höchsten Dienstgrad untereinander auszudrücken, die Marine hatte keine Gleichrangigkeit mit den Landstreitkräften, in denen es eine Generalität gab, und im Kontakt mit den Seestreitkräften anderer Staaten war die US-Marine oft diplomatisch im Nachteil, wenn Admirale anderer Staaten anwesend waren.[2][3] Das interne Problem der Abbildung von Seniorität wurde teilweise durch die Einführung des temporären Titels Commodore gelöst, den ein Offizier im Dienstgrad Captain führen durfte, wenn er mehr als ein Kriegsschiff unter seinen Kommando hatte.[4][5]

1857 wurde schließlich vom Kongress der Dienstgrad „Flag Officer“ eingeführt, mit dem der Begriff „Admiral“ unter Bezug auf die generische Bezeichnung Flaggoffizier vermieden wurde, gleichzeitig aber eine Rangebene über dem Captain etabliert wurde.[6] Der temporäre Titel Commodore wurde gleichzeitig abgeschafft, teilweise wird aber auch der Dienstgrad Flag Officer eher als temporärer Titel denn als Dienstgrad beschrieben.[3] Im Unterschied zum Commodore, dem traditionell nur ein „pennant“, also ein Doppelstander zustand, durften Flag Officers eine rechteckige Kommandoflagge führen und waren dadurch auch international als vollwertiger Flaggoffizier, das heißt Admiral, zu erkennen.[5] Der Dienstgrad hatte jedoch nur bis 1862 Bestand. In diesem Jahr führte der Kongress zwei neue Dienstgrade ein, die den Flag Officer ersetzten: Commodore (nun ein Dienstgrad) und Rear Admiral.[6][5]

Die Ernennung zum Flag Officer musste zunächst vom Kongress vorgenommen werden, ab 1861 hatte der US-Präsident die Befugnis dazu. Es wurden nur sechs Offiziere in diesen Dienstgrad befördert: Charles Stewart (am 12. Januar 1859 durch Kongressbeschluss zum „Senior Flag Officer“ ernannt),[7] Charles H. Bell, William McKean, Louis M. Goldsborough, Samuel Francis Du Pont (alle 3. Januar 1862) und David G. Farragut (17. Januar 1862). Farragut wurde wenig später der erste Rear Admiral der US-Marine.[Anmerkung 2]

Als sich 1861 nach Gründung der Confederate States of America die Confederate States Navy konstituierte, übernahm diese zunächst das zu diesem Zeitpunkt in der US-Marine gültige System der Dienstgrade und damit auch den Dienstgrad Flag Officer.[8]

Der Begriff „Flag Officer“ findet heute noch in den US-Streitkräften Verwendung, nämlich als gesetzlich definierte Bezeichnung für alle Offiziere von US Navy und US Coast Guard, die die Dienstgrade Admiral, Vice Admiral, Rear Admiral oder Rear Admiral (lower half) führen,[9] praktisch also alle Offiziere ab NATO-Rangcode OF-6.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Nicholas Roland: The History of Navy Rank: The Officer Corps. In: dvidshub.net. Defense Visual Information Distribution Service, 1. November 2019, abgerufen am 6. Februar 2023 (englisch).
  2. a b Admiral. In: history.navy.mil. Naval History and Heritage Command, 13. Mai 2014, abgerufen am 6. Februar 2023 (englisch).
  3. a b Dave Cipra: A History of Sea Service Ranks & Titles, Part One: The Flag Officer. In: Commandant’s Bulletin. Band 85, Nr. 5, 1. März 1985, S. 16–19 (englisch, 4 S.). Online verfügbar unter: Dave Cipra: A History of Sea Service Ranks & Titles. (PDF) In: defense.gov. U.S. Department of Defense, abgerufen am 6. Februar 2023 (englisch).
  4. Commodore. In: history.navy.mil. Naval History and Heritage Command, 13. Mai 2014, abgerufen am 6. Februar 2023 (englisch).
  5. a b c Broad Pennants & Rank Flags, 1800–1940. In: tmg110.tripod.com/usnavy.htm. Abgerufen am 6. Februar 2023 (englisch).
  6. a b Navy Captain. In: history.navy.mil. Naval History and Heritage Command, 13. Mai 2014, abgerufen am 6. Februar 2023 (englisch).
  7. Senate Joint Resolution 69 – Joint Resolution Conferring the rank of senior flag officer on the active service list of the United States navy on Captain Charles Stewart. In: congress.gov. United States Congress, abgerufen am 6. Februar 2023 (englisch).
  8. Philip Van Doren Stern: The Confederate Navy. A pictorial history. Garden City, N.Y. 1962, S. 233 (englisch).
  9. 10 U.S. Code § 101 – Definitions. In: Cornell Law School. Abgerufen am 5. Februar 2023 (englisch).

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Nach heutiger Hierarchie entspräche das den deutschen Marinedienstgraden Kapitänleutnant, Fregattenkapitän und Kapitän zur See. Als niedrigster Marineoffiziersdienstgrad sollte der damalige Lieutenant aber eher als Entsprechung des heutigen Leutnants zur See angesehen werden, während der Master Commandant als kommandierender Offizier kleiner Einheiten eher mit dem heutigen Kapitänleutnant vergleichbar ist.
  2. Nach heutiger Systematik entspricht ein Rear Admiral einem Konteradmiral. Zu diesem Zeitpunkt gab es jedoch noch keine höherrangigen Admiralsdienstgrade in der US-Marine, es ist also passender, Farragut als erster Rear Admiral mit einem Admiral gleichzusetzen.