Fliessgewässer in Burgdorf BE

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Die ersten Fliessgewässer in Burgdorf im Kanton Bern in der Schweiz wurden schon seit dem 13. Jahrhundert zum Antrieb und zur Wasserversorgung von Mühlen, Sägewerken bzw. für Gerbereien u. a. gewerbliche Kleinbetriebe angelegt.[1] Zu Beginn der Industrialisierung kamen weitere für Spinnereien und Webereien hinzu, und die Durchflussmenge in den bisherigen Gewässern wurde vergrössert. Die Gewerbebetriebe wurden nicht an der östlich der Stadt wild vorbeifliessenden Emme angelegt. Am Anfang wurde ihr auch kein Wasser entnommen, sondern es genügte die Wassermenge aus den linken Seitentälern der Emme bei Hasle und bei Oberburg, die zusammen als Oberburgbach nach Burgdorf abgeleitet wurden.

Allgemeines[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Emme wird erst seit dem 19. Jahrhundert[2] und ein Vielfaches des bis dann zur Verfügung stehenden Wassers entnommen und im sogenannten Gewerbekanal in den Oberburgbach eingeleitet, wodurch sich die nutzbare Leistung der Burgdorfer Wasserkraftanlagen von um die Hundert auf fast 1000 kW vergrösserte. Nach dem Zusammenschluss fliesst das Wasser im Mülibach (Mühlbach) und in der Kleinen Emme (ein alter Nebenarm der Emme) weiter. Diese vier Gewässer sind die vier Arme des sogenannten Wasserkreuzes.

Im nachstehenden Kartenausschnitt und im Fliessschema sind die zahlreichen Bäche unterschiedlichen Namens inkl. ihrer Verzweigungen und Zusammenführungen eingetragen. Das meiste Wasser fliesst nicht mehr zurück in die Emme, sondern aus dem Mülibach unter dieser hindurch (Düker, gebaut 1889[3]), und es bildet in Kirchberg die künstliche Quelle des Grüttbaches. Ein kleinerer Teil fliesst als Lyssachteilbach auch links der Emme weiter. Somit wird das in Burgdorf (z. T. schon vorher in Oberburg) energetisch genutzte Wasser unterhalb Burgdorfs weiter gebraucht. Heute wird die Wasserkraft meistens in elektrische Energie (siehe unten stehendes Schema: von den 10 Kleinkraftwerken sind zzt. 8 in Betrieb, Stand 2024) umgewandelt (siehe auch Kleinkraftwerke Burgdorf BE).

Am Waldrand der Damm des auf ihm nach links fliessenden Gewerbekanals (zweite Teilstrecke), Dammende beim Kraftwerk hinter dem Fabrikgebäude

Ausser dem Zulauf aus der Emme werden alle Gewässer als Bäche bezeichnet, obwohl sie wie der zulaufende Gewerbekanal auch künstlich angelegt sind. Letzterer ist aber als künstlicher Kanal deutlich erkennbar, denn er wurde, um sein Gefälle klein zu halten, bis zur ersten Nutzungsstelle seiner Wasserkraft auf einem immer höher werdenden Damm gebaut.

Die einzelnen Gewässer und ihre heutige Nutzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gewässer sind zum Teil auf kurzen Strecken abgedeckt, bzw. sie fliessen dort unterirdisch. Im beigefügten Stadtplan ist das gepunktet und korrekt eingetragen (im daneben stehenden Gewässer-Schema befinden sich diesbezüglich Fehler). Von den 10 Kraftwerken in der nebenstehenden Tabelle sind zzt. die mit Nummer 7 und 10 ausser Betrieb (Stand 2024).

Der Oberburgbach[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der ursprünglich alleinige Wasserlieferant,[4] – der Oberburgbach – entsteht durch den Zusammenfluss des Luterbachs (mit seinem Nebenbach Chrouchtalbach, natürlich) und des Mülibachs von Oberburg (künstlich, der bei Hasle abgeleitete Biembach) an der südlichen Stadtgrenze gegen Oberburg. Nach etwa einem Drittel des Weges bis zu seinem Ende am Wasserkreuz zweigt der Wöschhüslibach (Waschhausbach, oben links in nebenstehendem Stadtplan-Auszug) ab. Gesamtlänge etwa 1,5 km.

Der Wöschhüslibach[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diesen Bach gibt es schon seit dem 13. Jahrhundert. Er könnte ursprünglich die Fortsetzung des Oberburgbaches gewesen und an seinem Ende zum Mülibach geworden sein, bevor das Wasserkreuz angelegt wurde. Einer der üblicherweise überdachten alten Plätze fürs Waschen der Haushaltwäsche ist nicht mehr vorhanden. Der Bach ist auf fast seiner ganzen Länge renaturiert und verschönert die durchflossenen Wohngebiete. Am Burgfelsen mündet er in den Mülibach. Gesamtlänge etwa 1,5 km.

Der Gewerbekanal[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf etwas mehr als seinem halben Weg zwischen Emme-Ausfluss und seinem Ende am Wasserkreuz betreibt der Gewerbekanal das Kraftwerk #1 (Werk Hasleweg). Durch die Führung seines Oberwassers auf einem Damm ist das Gefälle grösser (3,8 m), das zweitgrösste (und somit auch die zweitgrösste Leistung) der Burgdorfer Kleinkraftwerke. Der Damm endet hier, und der den Kanal begleitende Wanderweg geht unmittelbar an dieser Stelle abrupt «bergab». In etwa der Mitte des Oberwasserdamms befindet sich rechts eine Entlastungsöffnung, durch die stets etwas Wasser in den alten, natürlich gebliebenen, aber seines Anfangs beraubten Brunnbach abfliesst. Gesamtlänge etwa 0,8 km.

Der Mülibach[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Mülibach ist zusammen mit dem in ihn übergehenden Gewerbekanal das zentrale, das längste und das wasserreichste Burgdorfer Fliessgewässer. Er betreibt fünf Kleinkraftwerke. Das erste (#2, Werk Heimiswilstrasse) befindet sich wenig unterhalb seines Anfangs am Wasserkreuz. Bei der Wende nach Osten vor dem Burgfelsen nimmt er den von links kommenden Wöschhüslibach auf und passiert rechts den Auslass zur Entlastung Landhaus. Danach fliesst er für etwa 100 m in der Felswand unter der Burg und macht somit einer parallel liegenden Hauptverkehrsstrasse Platz.[An 1] Nach dem nächsten Kleinkraftwerk (#3, Werk Schaffroth-Areal) gibt der Mülibach rechts Wasser in den Seitenkanal ab. In der alten Unterstadt erreicht er eine ehemalige Getreidemühle, in der sein Wasser im 13. Jahrhundert erstmals genutzt wurde und die heute nur noch ein Kleinkraftwerk (#5, Werk Müligasse) beherbergt. Sein Lauf in der folgenden dicht überbauten neueren Unterstadt ist bis einschliesslich der Unterquerung der Bahngleise oft unterirdisch. Seit der Industrialisierung wurde der Mülibach hier gewerblich intensiv, wird heute aber gar nicht mehr genutzt. Von rechts mündet der meistens kaum wasserführende Farbbach ein, nach links zweigt der zzt. trockenliegende Lyssachbach ab. Jenseits der Bahngleise findet auch keine industrielle Nutzung des Mülibachs mehr statt. Auch das Kraftwerk #4 (Werk Kirchbergstrasse) ist inzwischen stillgelegt. In Betrieb sind Kraftwerk #8 (Werk Tiergarten, unmittelbar nach dem Zufluss des Allmändbaches von rechts) und #9 (Werk Buchmatt, unmittelbar nach der Abzweigung des Lyssachteilbaches nach links). Durch beide Kraftwerke fliesst wieder die gleich hohe Wassermenge. Das in den Seitenkanal abgegebene Wasser kommt durch den Allmändbach wieder zurück. Das Kraftwerk #9 ist ein doppeltes «unter einem Dach»: Buchmatt I (am Mülibach) und Buchmatt II (am Lyssachteilbach). Nach etwa 1¼ km von hier aus erreicht der Mülibach sein Ende am unter der Emme durchführenden Düker. Gesamtlänge etwa 4,2 km (bis Stadtgrenze).

Der Brunnbach[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als ein «Brunnbach» wird im Schweizer Mittelland ein Bach bezeichnet, der aufsteigendes Grundwasser sammelt, das in relativ breiten Ebenen neben den grossen Flüssen reichlich vorhanden ist. Der Anfang des hiesigen Brunnbachs befand sich vermutlich weiter Emme-aufwärts und verschwand durch den Bau des Gewerbekanals. Seiner Natürlichkeit ist er erst kurz vor seinem Zufluss in die Kleine Emme, wo er unter einer Industriehalle durchgeführt ist, beraubt. Gesamtlänge etwa 0,7 km.

Die Kleine Emme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Darauf, dass die Kleine Emme einmal ein (linker) Nebenarm der (Grossen) Emme war, deutet sein teilweiser Verlauf in einer natürlichen Rinne hin. Diese blieb zur Entlastung bei Emme-Hochwasser erhalten, weshalb die Hauptstrasse nach Osten (nach Wynigen) hier auch über eine längere Brücke führt. Die Kleine Emme ist das der Emme nächste der Burgdorfer Gewässer und auch dasjenige, das zuerst in diese zurückfliesst. Ihr Anfang ist nicht mehr auszumachen. Sie am Wasserkreuz, wo sie nur zur Entlastung dient, beginnen zu lassen, ist ein kaum nachvollziehbarer willkürlicher Akt. Kurz nach dem Wasserkreuz ist sie der Grossen Emme am nächsten. Sie könnte dort begonnen und gleich danach den Brunnbach aufgenommen haben. Dass die Grosse Emme hier rechts von einem steilen Berghang bedrängt ist (erhöhte Fliessgeschwindigkeit), könnte der Grund dafür gewesen sein, einstmals nach dieser Stelle nicht wie heute vollständig im Bogen nach rechts, sondern teilweise auch geradeaus in einem Nebenarm – der Kleinen Emme – weiter zu fliessen.

Die Kleine Emme (untere Teilstrecke) am linken Rand einer heute kaum noch erkennbaren Flutrinne, oben rechts die (Grosse) Emme, Foto von 1899

Östlich des Burgberges mündet ein unterirdischer Entlastungskanal (Entlastung Landhaus, meistens wasserlos) aus dem Mülibach in die Kleine Emme. Danach floss sie unter einem Hallenbad und mehreren Schulhäusern hindurch. Heute wird dort ihr Wasser zum Teil in einen künstlich angelegten, aber natürlich nachgebildeten Bach umgeleitet. Danach wird ihr eine erhebliche Menge Wasser durch den Seitenkanal aus dem Mülibach zugeführt, das dem bei der Hauptverkehrsstrasse nach Osten abzweigenden Polierebach (nach links) ermöglicht, sofort ein Kraftwerk (#4, Werk Wynigenstrasse) zu betreiben. Damit dieses ausreichend Wassergefälle hat, ist das Bett der Kleinen Emme ab der Einmündung des Seitenkanals stetig «angehoben». Sie fliesst knapp unter der Fahrbahn der dortigen Strassenbrücke (innere Wynigenbrücke) hindurch (in nebenstehendem Foto noch nicht «angehoben»; der Polierebach existiert schon, aber noch nicht das Kraftwerk #4). Im folgenden Wohnquartier wird ihr ehemals natürlicher Lauf – so gut es geht – heute fortlaufend wieder hergestellt. Gesamtlänge etwa 2,0 km.

Der Seitenkanal[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weil die Kleine Emme lediglich vom Brunnbach und mit gelegentlich am Wasserkreuz vorhandenem Überschusswasser gespiesen ist, wird ihr aus dem Mülibach durch den Seitenkanal zusätzliches Wasser zugeführt. Der Seitenkanal ist nur etwa 150 m lang.

Der Polierebach[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Polierebach betreibt am Anfang und am Ende je ein Kleinkraftwerk: #4 (Werk Wynigenstrasse) und #6 (Werk Polieregasse). Noch vor #4 zweigt der Farbbach nach links ab, und nach #4 beginnt der Allmändbach, der am Anfang eine lange Strecke unterirdisch fliesst und dabei auch zur anderen Seite der Bahngleise gelangt. Gesamtlänge etwa 0,5 km.

Der Farbbach[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der noch kürzere, in der neueren Unterstadt im Mülibach endende Farbbach hat seine Nutzung in einer Färberei verloren und wird mit wenig Wasser «nur noch gespült». Gesamtlänge etwa 0,3 km.

Der Allmändbach[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Allmändbach wurde nach Beginn der Industrialisierung angelegt (ehemalige Weberei im heute unterirdischen Anfangsteil). Danach floss er ungenutzt durch die Allmend-Wiesen ausserhalb der Stadt. Gesamtlänge etwa 1,2 km.

Der Lyssachbach[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der in der neueren Altstadt links vom Mülibach abgezweigte Lyssachbach floss ursprünglich bis nach Lyssach und weiter. Ab Ende des 20. Jahrhunderts verbleibt er in Burgdorf, wo er zum Mülibach zurückkehrt (Zusammenfluss gegenüber dem des Allmändbaches). Er ist meistens unter der Erde und schon längere Zeit ohne Wasser. Seine Füllung ist für die Zeit nach dem Neubau von Wohnhäusern auf einem ehemaligen Fabrikareal (im Knick vor dem Bachende) geplant. Gesamtlänge etwa 0,9 km.

Der Lyssachteilbach[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dieser Bach beginnt beim Kraftwerk #9 (Werk Buchmatt) durch «Teilen» des Mülibachs in Lyssachteilbach und Mülibach und betreibt sofort das Werk Buchmatt II. Das spätere Kraftwerk #10 (Werk Lyssachteilbach/Buchmatt) ist nicht mehr in Betrieb. Der Lyssachteilbach fliesst durch die Flur (insbesondere durch den Schachen) von Lyssach und immer links nahe der Emme unter verschiedenen Namen noch mehrere Kilometer weiter. Dabei betreibt er zusammen mit anderen Zuflüssen mehrere Kleinkraftwerke und endet südlich von Bätterkinden in einem linken Parallelkanal der Emme.[5] Gesamtlänge etwa 0,9 km (bis Stadtgrenze).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ernst Meier: Der einzigartige Weg eines Bachlaufes. Ernst Meier-Schultes, Büren zum Hof 2021.[6]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Der ursprüngliche Grund war nicht der gewachsene Platzbedarf für die parallel führende Strasse, sondern das am Fuss der Felswand zu tief liegende Flussbett. Im 14. Jahrhundert wurde schon erwähnt, dass der Mülibach in einer aufgeständerten Holzrinne um den Burgfelsen herumgeführt wurde, damit er die Altstadt sicher erreichen konnte. Der im 18. Jahrhundert erstellte Tunnel ersetzte schliesslich diese leckanfällige Konstruktion (s. Ernst Meier: Der einzigartige Weg eines Bachlaufes. 2021, Seite 47)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Meier: Der einzigartige Weg eines Bachlaufes. 2021, S. 22, 54.
  2. Seit 1837, siehe: Meier: Der einzigartige Weg eines Bachlaufes. 2021, S. 10.
  3. Meier: Der einzigartige Weg eines Bachlaufes. 2021, S. 95.
  4. Meier: Der einzigartige Weg eines Bachlaufes. 2021, S. 21.
  5. Meier: Der einzigartige Weg eines Bachlaufes. 2021, S. 75–91.
  6. Ernst Meier: Der einzigartige Weg eines Bachlaufes. In: D’Region (Anzeiger von Burgdorf), erster Teil von vierteiliger Kurzfassung.