Flugzeugabsturz im Wildpark in Düsseldorf

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Gedenktafel am Lindenplätzchen, in der Nähe des Hauptparkplatzes an der Rennbahnstraße

Der Flugzeugabsturz im Wildpark in Düsseldorf ereignete sich am 12. Dezember 1944 während des Zweiten Weltkriegs im Wildpark im Grafenberger Wald in Düsseldorf-Ludenberg. Ein viermotoriges Bombenflugzeug der britischen Royal Air Force schlug dort nach dem Beschuss eines Nachtjägers der deutschen Luftwaffe auf.

Einsatz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am Nachmittag des 12. Dezember 1944 startete der Bomber des Typs Avro „Lancaster“ mit der Seriennummer ND342 und dem Kennzeichen PH-U auf dem ostenglischen Royal-Air-Force-Militärflugplatz Wickenby.[1] Hier waren seinerzeit das 12. und 626. (Bomber-)Geschwader stationiert. Ziel des Einsatzes war die Bombardierung der Krupp-Werke in Essen. 540 Flugzeuge waren insgesamt an dem Angriff beteiligt, infolgedessen 463 Menschen ums Leben kamen, darunter 99 russische Kriegsgefangene sowie ein deutscher Unteroffizier. Letztere wurden in einem Luftschutzstollen der ehemaligen Zeche Graf-Beust an der Gerlingstraße verschüttet. Heute befindet sich hier eine Kriegsgräberstätte.[2]

Absturzursache[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kurz nachdem der Lancaster-Bomber seine Bombenlast über Essen abgeworfen hatte, geriet er von einem deutschen Nachtjäger der I. Gruppe des Nachtjagdgeschwaders 11 (I./NJG 11) unter Beschuss, ging in Flammen auf und stürzte wenig später in Düsseldorf ab. Der Messerschmitt Bf 109 G-6-Jäger mit der Werksnummer 166455 und Kennung „Rote 4“ wurde von Leutnant Gustav Mohr geflogen.[3]

Besatzungsmitglieder des Bombers[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vier Besatzungsmitglieder des Lancaster-Bombers konnten einige Kilometer vor dem Aufschlag mit dem Fallschirm abspringen: Sergeant William Stevenson (Bordingenieur, Royal Air Force), Flight Sergeant Jack Kenworthy (Bombenschütze, Royal Air Force) und Flight Officer Harry Parry (Navigator, Royal Air Force) gerieten in Kriegsgefangenschaft und überlebten den Krieg. Flight Lieutenant Bertram Edward William Hall (Funker, Royal Canadian Air Force) landete im heutigen Erkrath-Unterfeldhaus in der Nähe eines Bauernhofs.[4][5] Laut Augenzeugen wurde ihm aufgrund seiner schweren Verletzungen zunächst Erste Hilfe geleistet, kurze Zeit später vom Hildener NSDAP-Ortsgruppenleiter Heinrich Thiele abgeholt und noch am gleichen Abend von diesem tot auf dem Hauptfriedhof in Hilden abgeliefert.[6][7] Die genauen Todesumstände wurden nie geklärt.

Flying Officer Reginald Veitch (Pilot, Royal New Zealand Air Force), Sergeant Leslie Hunt (oberer Bordschütze, Royal Air Force) und Pilot Officer John Richard Patterson (hinterer Bordschütze, Royal Canadian Air Force) haben ebenfalls nicht überlebt. Ein namentlich nicht bekanntes Besatzungsmitglied konnte das Flugzeug zwar noch verlassen, wurde aber ca. 2,5 Kilometer vor der Absturzstelle tot auf einem Feld am Rotthäuser Weg in Düsseldorf mit nicht komplett geöffnetem Fallschirm aufgefunden. Zwei weitere starben in unmittelbarer Nähe des abgestürzten Bombers im Wildpark. Bei einem handelte es sich um den Piloten Reginald Veitch.[7]

Untersuchung der Absturzstelle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Absturzstelle im Düsseldorfer Wildpark wurde in den Jahren 2010 bis 2014 von ehrenamtlichen Archäologen des Landschaftsverband Rheinland (LVR)-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland prospektiert. Dabei konnte im Rotwild- sowie im Wildschweingehege eine Vielzahl von zumeist kleinen Wrackstücken des Lancaster-Bombers geborgen werden.

Gedenken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 12. Dezember 2014, dem 70. Jahrestag des Absturzes, wurde ein Kranz an der Absturzstelle niedergelegt. Anwesend war unter anderem John Patterson aus Kanada, der Neffe des Heckschützen John Richard Patterson.[8]

Am 5. April 2017 wurde eine Gedenktafel am Lindenplätzchen, neben der Zufahrt zum Hauptparkplatz an der Rennbahnstraße, eingeweiht.[9]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Werner Baumeister: Castrop-Rauxel im Luftkrieg 1939–1945, Castrop-Rauxel 1988
  • Patrick Bishop: Bomber Boys. Fighting Back 1940–1945, London 2010
  • Jonathan Falconer: RAF Bomber Crewman, Oxford 2010
  • Thomas Boller, Peter Schulenberg: Wrackteile eines englischen Bombers im Grafenberger Wildpark. In: Archäologie im Rheinland 2012, S. 256–258, Darmstadt 2013
  • Stuart Hadaway: The British Airmen of the Second World War, Oxford 2013
  • Sean Feast, Marc Hall: Missing Presumed Murdered, Stotfold 2018
  • Thomas Boller: Springt ab, Freunde, wir wurden getroffen, Düsseldorf 2020

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Götz Middeldorf: Der Absturz eines britischen Bombers 1944 in Ludenberg. In: Neue Ruhr Zeitung, 4. Februar 2017, abgerufen am 19. April 2020
  • Marc Ingel: Springt ab Freunde, wir sind getroffen. In: Rheinische Post, 23, November 2018, abgerufen am 19. April 2020
  • Marc Ingel: Die Geschichte eines Flugzeugabsturzes. In: Rheinische Post, 30. Dezember 2019, abgerufen am 19. April 2020
  • Peter Kurz: Als ein Bomber über dem Wildpark in Grafenberg abstürzte. In: Westdeutsche Zeitung, 20. Juli 2020, abgerufen am 26. Juli 2020
  1. Squadron Operations Record Book 1944, RAF Wickenby
  2. Dr. Martin Bach: Die Kriegsgräberstätte für sowjetische Zwangsarbeiter der Zeche Graf Beust in Essen, Essen 2014
  3. Traditionsgemeinschaft Boelcke e.V., Neuss: Flugbuch Gustav Mohr
  4. Nicole Palmieri: Dieser Mann starb in Unterfeldhaus. In: Lokal Anzeiger Erkrath, 9. Dezember 2014, abgerufen am 19. April 2020
  5. Nicole Palmieri: Was geschah am 12. Dezember 1944? In: Lokal Anzeiger Erkrath, 10. Juni 2020, abgerufen am 26. Juli 2020
  6. Stadtarchiv Hilden, Bestand 3 – LS – Paket 29 – 110 – 126/2-2
  7. a b Library and Archives Canada, Ottawa, Investigation Report 4 M.R.E.U./906/951 vom 14. Dezember 1946
  8. Sabrina Zink: Ein Zeichen der Versöhnung. In: Neue Ruhr Zeitung, 12. Dezember 2014, abgerufen am 17. April 2020
  9. Marc Ingel: Erinnerung an britische Soldaten. In: Rheinische Post, 8. April 2017, abgerufen am 19. April 2020