Franz Kiršnik

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Franz Kirschnik (russisch Франц Киршник[1]; * um 1741; † nach 1802) war ein Organist und Orgelbauer in Sankt Petersburg.

Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Franz Kirschnik stammte möglicherweise aus Böhmen (?).[2] Er war in Kopenhagen tätig und kam etwa Ende der 1770er Jahre nach Sankt Petersburg.[3] Dort wurde er Organist an der evangelischen St.-Annen-Kirche auf der Wassilewski-Insel.[4]

1783 stellte er ein Portativ vor, in dem er als erster durchschlagende Zungen als Register eingebaut hatte. Diese Neuerung fand großes Interesse in der Stadt. Sie beruhte auf einer Veröffentlichung des Professors Christian Gottlieb Kratzenstein aus Kopenhagen von 1780 in Petersburg. Kirschnik wurde in diesem Jahr Mitglied des Direktoriums des kaiserlichen Hoftheaters, wo er auch musikalischer Meister (мастер) war, außerdem wurde er Mitglied der Musikalischen Gesellschaft.[5] 1788 zeigte er dem Musikinstrumentenbauer Georg Joseph Vogler seine Neuerung bei einem Konzert von diesem in Sankt Petersburg. Vogler war begeistert. Kirschnik schickte seinen Mitarbeiter Georg Christoffer Rackwitz im Jahr 1790 zu Vogler nach Warschau, um ihm die durchschlagenden Zungen-Register in dessen Instrumente zu bauen. Kirschnik gilt damit heute als einer der Väter der Entwicklung der Ziehharmonika und des Akkordeons.[6][7]

Franz Kirschnik baute vor allem Portative für Petersburger Bürger. Neubauten von Kirchenorgeln sind nicht bekannt. Er gilt trotzdem als der innovativste und bedeutendste Orgelbauer in St. Petersburg in dieser Zeit.[8][9] Schüler und Mitarbeiter waren Georg Christoffer Rackwitz und Christian Kindten.

Von 1802 ist eine letzte Erwähnung von Franz Kirschnik erhalten, sein Todesdatum ist unbekannt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Es sind nur eine kyrillische und eine schwedische Schreibweise Kirsnick historisch überliefert, die ursprüngliche Form ist nicht bekannt
  2. Ройзман Л. И.: Орган в истории русской музыкальной культуры. Казань, 2000, gibt die böhmische Herkunft an, es ist unklar, ob als Vermutung oder aus Dokumenten. Der Name Kiršnik ist in Böhmen und dem heutigen Tschechien völlig ungebräuchlich, er ist wahrscheinlich kroatischer Herkunft, auch in Bulgarien vorkommend, als Kirschnik in Österreich und Deutschland mehrfach, der Vorname Franz war häufig in der Habsburgermonarchie.
  3. Christian Friedrich Gottlieb Wilke: Über die Erfindung der Rohrwerke mit durchschlagenden Zungen. In: Allgemeine musikalische Zeitung vom 5. März 1823 (Nr. 10), S. 149–155, hier S. 152, nach Angaben von Georg Christoffer Rackwitz, dem Mitarbeiter von Kirsnick
  4. Die erste Ziehharmonika mit Angaben nach Archivmaterial des Kaiserlichen Theaters (Anm. II/6, russisch)
  5. Nikolai Findeizen: History of Music in Russia from Antiquity to 1800. Tom 2. Indiana University Press, 2008. S. 824 u.ö.
  6. Erik Fischer, Annelie Kürsten, Sarah Brasack (Hrsg.): Musikinstrumentenbau im interkulturellen Dialog (= Forschungsberichte zum Projekt "Deutsche Musikkultur im östlichen Europa", Band 1). Franz Steiner, Stuttgart 2006. S. 82, 138, 281
  7. Geschichte des Akkordeons (deutsch)
  8. Douglas E. Bush, Richard Kassel (Hrsg.): The organ. An encyclopedia. Routledge, New York 2006, ISBN 0-415-94174-1. S. 479
  9. Geschichte der Orgel in Russland (russisch)