Friedenswoche der Berliner Jugend

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Die Friedenswoche der Berliner Jugend war ein Kulturfestival in Ost-Berlin vom 16. bis 22. Juni 1988. Zu den bekanntesten Musikern gehörten James Brown, Heinz Rudolf Kunze und Bryan Adams.

Hintergründe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Juni 1987 war es während eines Konzertmarathons vor dem West-Berliner Reichstag mit Bands wie Genesis und David Bowie zu erheblichen Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und der Volkspolizei auf der Ostseite der Mauer gekommen. Für 1988 waren ähnliche Konzerte mit Pink Floyd (16. Juni), Rio Reiser, Udo Lindenberg und Nina Hagen (18. Juni) und Michael Jackson (19. Juni) geplant, die in dieser Zeit zu den beliebtesten Musikern in Deutschland gehörten.

Deshalb wurden von der FDJ für diese Tage große Gegenkonzerte mit prominenten Musikern auf der Radrennbahn Weißensee geplant. Bereits 1987 hatte sie mehrere Open-Air-Konzerte mit Barclay James Harvest, Joe Cocker und Bob Dylan und weiteren bekannten West-Bands mit jeweils mehreren zehntausend Zuhörern organisieren können.

Zur Friedenswoche der Berliner Jugend wurden einige kleinere Veranstaltungen in der Stadt vom 16. bis 22. Juni 1988 veranstaltet. Höhepunkte waren aber die drei großen Open-Air-Konzerte.

Konzerte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

16. Juni

Das Konzert wurde unter das Motto Bunt gegen Apartheid gesetzt, da am 16. Juni 1976 über 100 Schulkinder in Soweto getötet worden waren. (Einige Tage vorher hatte es im Londoner Wembleystadion das große Konzert für Nelson Mandela gegeben.) Es kamen etwa 70.000 Zuhörer.[1]

Bands waren

18. Juni

Bands waren

19. Juni

Es kamen etwa 120.000 Zuhörer, die Moderation hatten der westdeutsche Dieter Dehm und die Eiskunstläuferin Katarina Witt, die allerdings lautstark ausgepfiffen wurde. Das Konzert wurde unter das Motto Für einen kernwaffenfreien Korridor in Mitteleuropa gestellt, da am folgenden Tag eine große Konferenz in Ost-Berlin dazu begann.[2]

Die Bands waren

Weitere Einzelheiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karten

Viele Karten wurden über die FDJ-Grundorganisationen in der DDR verteilt, die allerdings die große Nachfrage nicht decken konnten. So erhielt zum Beispiel die Technische Hochschule Ilmenau nur fünf Karten. Die Besucher wurden mit Sonderzügen nach Berlin gefahren. Dieses führte allerdings dazu, dass sie vorzeitig das Konzert mit Bryan Adams am Sonntag abend verlassen mussten, um den Rückreisezug noch rechtzeitig zu erreichen.[3]

James Brown

Der populäre Soulmusiker James Brown erschien zunächst nicht zur Pressekonferenz vor dem Konzert, weil er noch eine Trockenhaube für seine Haare brauchte.[4] Danach bat er um zwei Frauen, die dann tatsächlich innerhalb einer halben Stunde kamen. Nach einer weiteren halben Stunde kam James Brown endlich zur Pressekonferenz.[5] Am 17. Juni gab er ein zweites großes Konzert in der Werner-Seelenbinder-Halle.

Liedverbot für City

Der DDR-Rockband City wurde unmittelbar vor ihrem Auftritt von dem FDJ-Funktionär und stellvertretendem Kulturminister Hartmut König gebeten, das Lied Halb und halb nicht zu singen, da es darin um die geteilte Stadt Berlin ging.[6] Angeblich soll auch die Anwesenheit von FDJ-Chef Egon Krenz im Publikum dafür eine Rolle gespielt haben. Der Sänger Toni Krahl sagte dies dann auf der Bühne und las stattdessen den Text des Liedes vor.

Musikaufnahmen

Die Konzerte wurden vom Fernsehen und vom Rundfunk der DDR aufgezeichnet und in voller Länge gesendet. Es sind einige Teile noch im Internet verfügbar.

Nachwirkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während der Konzerte vor dem West-Berliner Reichstag gab es in diesen Tagen wesentlich weniger Zuhörer auf Ost-Berliner Seite als im Vorjahr und auch weniger Festnahmen.[7] Das Konzert von David Bowie war zudem kaum zu hören.

Im Juli spielte Bruce Springsteen in Weißensee vor mindestens 160.000 Zuhörern, was das größte Konzert seiner Karriere und in der Geschichte der DDR war.

Im Jahr 1989 gab es keine Wiederholung der Friedenswoche der Berliner Jugend.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Junge Welt, Berliner Zeitung, BZ am Abend, Melodie und Rhythmus und weitere Zeitungen und Zeitschriften, mit Berichten
  • Hartmut König: Warten wir die Zukunft ab Neues Leben, Berlin 2017, S. 378–382 (PDF), mit Erinnerungen, er war einer der Organisatoren der Konzerte

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Neues Deutschland vom 17. Juni 1988, S. 4, mit dieser offiziellen Zuschauerzahl
  2. ND vom 20. Juni 1988, S. 1, mit etwa 1000 Teilnehmern
  3. Neue Hochschule. Organ der Hochschulparteileitung der SED. Technische Hochschule Ilmenau, Nr. 13, vom 1. Juli 1988, S. 4 Digitalisat (der ThULB Jena); mit interessantem Erlebnisbericht vom Konzert
  4. Christian Hentschel, Peter Matzke, Yeah! Yeah! Yeah!, Berlin 2007, mit Bericht von Toni Krahl
  5. Toni Krahl. Wie ich James Brown zwei Huren besorgte, in Berliner Kurier vom 22. Juli 2007 Text; der Sänger Toni Krahl der Band City konnte über eine Modelagentur den Besuch zweier Frauen erbitten. Diese erzählten ihm aber später, sie hätten den Musiker gar nicht gesehen, sondern nur gewartet.
  6. Tausend Augen auf dem Kassettenabspielgerät, in Die Zeit vom 10. Oktober 2014 (verbessert 23. Juni 2015) Text; auch in Christian Hentschel, Peter Matzke, Yeah! Yeah! Yeah!, Berlin 2007; sowie Hartmut König, Warten wir die Zukunft ab, 2017, S. 378f.
  7. Michael Jackson und die Stasi MDR vom 10. November 2020, mit einigen Angaben über die Aktivitäten von MfS zu den Konzerten am Reichstag