Fundamentalsatz der Variationsrechnung

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Der Fundamentalsatz der Variationsrechnung (englisch Fundamental Theorem of the Calculus of Variations) ist ein grundlegender Satz des mathematischen Teilgebiets der Variationsrechnung und eng verwandt mit dem weierstraßschen Satz vom Minimum. Er behandelt die in der Variationsrechnung zentrale Frage, unter welchen Bedingungen reellwertige Funktionale ein Minimum annehmen.[1][2][3]

Formulierung des Fundamentalsatzes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Fundamentalsatz der Variationsrechnung lässt sich formulieren wie folgt:[1]

Sei ein reflexiver Banachraum über und sei darin eine nichtleere, schwach abgeschlossene und zugleich beschränkte Teilmenge.
Sei weiter ein schwach unterhalbstetiges Funktional.
Dann nimmt das Funktional auf ein Minimum an.
Mit anderen Worten:
Es existiert ein Element mit
.

Beweis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Darstellung von Fučík, Nečas und Souček folgend lässt sich der Beweis wie folgt führen:[1]

Nach dem Satz von Eberlein–Šmulian impliziert die Reflexivität des Banachraums , dass darin jede beschränkte Folge eine schwach-konvergente Teilfolge besitzt.

Also gibt es unter den genannten Bedingungen in eine Folge von Elementen , die einerseits in den Grenzwert

bildet und die andererseits in schwach gegen ein Element konvergiert.

Dieses Element ist die gesuchte Minimumstelle für .

Denn in Verbindung mit der Halbstetigkeit von ergibt sich die folgende Ungleichungskette:

Das bedeutet jedoch

und der Satz ist bewiesen.

Folgerungen aus dem Fundamentalsatz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

An den Fundamentalsatz lassen sich zwei direkte Folgerungen anschließen:[1]

(I)
(a) Die Bedingungen des Fundamentalsatzes sind erfüllt, wenn dort eine nichtleere, abgeschlossene, beschränkte und konvexe Teilmenge des reflexiven -Banachraums und das Funktional stetig und konvex ist.
Das heißt: In diesem Falle hat eine Minimumstelle .
(b) Ist dann darüber hinaus noch strikt konvex, so ist die Minimumstelle sogar eindeutig bestimmt.
(II)
(a) Ist ein schwach unterhalbstetiges und zugleich koerzitives Funktional des reflexiven -Banachraums , so gilt die Behauptung des Fundamentalsatzes ebenfalls.
Das bedeutet:
Es ist dann
sowie
für mindestens ein
(b) Im Falle, dass koerzitiv, stetig und konvex bzw. strikt konvex ist, ist die Folgerung (I) in entsprechender Weise gültig.

Anmerkung zum Beweis der Folgerungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Wegen der schwachen Abgeschlossenheit von ist das Funktional genau dann schwach unterhalbstetig, wenn für jede reelle Zahl die Urbildmenge des zugehörigen Intervalls schwach abgeschlossen ist.[1]
  2. Ein stetiges und konvexes Funktional auf einer konvexen Teilmenge eines Banachraums ist stets schwach unterhalbstetig.[1]

Andere Version des Fundamentalsatzes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine etwas andere, jedoch verwandte Version des Fundamentalsatzes ist die folgende:[4]

Sei ein nichtleerer Hausdorff-Raum und sei weiter
ein unterhalbstetiges Funktional.
Weiterhin gebe es eine reelle Zahl mit:
(i)
(ii) ist folgenkompakt.
Dann gilt:
Es existiert ein Element mit
.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f Svatopluk Fučík, Jindřich Nečas, Vladimír Souček: Einführung in die Variationsrechnung. 1977, S. 16–19.
  2. Philippe Blanchard, Erwin Brüning: Direkte Methoden der Variationsrechnung: Ein Lehrbuch. 1982, S. 1 ff.
  3. Philippe Blanchard, Erwin Brüning: Variational Methods in Mathematical Physics. 1992, S. 1 ff.
  4. Philippe Blanchard, Erwin Brüning: Direkte Methoden der Variationsrechnung: Ein Lehrbuch. 1982, S. 16 ff.