Gefängnis Spaç

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Die Anlage des Straflagers im Jahr 2018

Das Gefängnis Spaç (albanisch Burgu i Spaçit) war bis 1991 ein Straflager für politische Gefangene zur Zeit der Volksrepublik in Nordalbanien. Das Gefängnis lag sehr abgelegen in den Bergen beim Dorf Spaç (ehemalige Gemeinde Orosh) in der Mirdita. Die Gefangenen mussten in den Kupfer- und Pyrit-Minen, die Teil der Anlage waren, arbeiten. Spaç galt als eines der schlimmsten Gefängnisse des Landes, wo Tausende – vermeintliche – Gegner des kommunistischen Regimes lange Haftstrafen verbüßen mussten.[1]

Spaç (Albanien)
Spaç (Albanien)
Spaç
Lage des Gefängnisses in Nordalbanien

Als solches ist das ehemalige Gefängnis Spaç ein „Symbol des Schreckens“[2] und ein Mahnmal der Verbrechen der kommunistischen Diktatur und ihrer Aufarbeitung.[3][4]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erste Bergbauaktivitäten begannen in Spaç im Jahr 1954.[5]

Das Gefängnis wurde 1968 eröffnet,[6] dem stalinistischen Gulag-System folgend. Es gab einfachste Unterkünfte für die Gefangenen, die dort schwer unter der sommerlichen Hitze und der Kälte des Winters litten, getrennt stehende Isolationszellen, einen Esssaal, ein Verwaltungsgebäude sowie Unterkünfte für die wachhabenden Offiziere und Soldaten. Im Arbeitslager waren bis zu 1400 Personen eingesperrt, wobei es nur für 400 Gefangene errichtet worden war. Die Insassen wurden täglich unter schwierigsten Bedingungen zu vielen Stunden Sklavenarbeit in den Minen unter gesundheitsschädigenden Bedingungen bei sehr schlechter Luft gezwungen. Eine Brücke führte über einen eingeschnittenen Bach zu den Stollen.[7][8][9] Viele der Gefangenen wurden misshandelt und getötet, andere verletzten sich schwer bei der Arbeit oder starben an Erschöpfung, die meisten waren erkrankt aufgrund der schlechten Ernährung und fehlender medizinischer Versorgung.[3]

Im Mai 1973 erhob sich ein Aufstand unter den Insassen. Die Revolte gilt als erster Aufstand gegen das kommunistische Regime in Albanien. Dabei wurde eine Fahne ohne kommunistischen Stern gehisst.[7][10][11] Spezialkräften gelang es nach drei Tagen, das Gefängnis wieder unter Kontrolle zu bringen. In der Folge wurden vier Häftlinge erschossen und rund 100 Häftlinge zu langjährigen Zusatzstrafen verurteilt.[12] Im Mai 1985 erhoben sich die Insassen gegen die schlechten Bedingungen und die Gewalt der Aufseher. Spezialkräfte des Innenministeriums wurden als Unterstützung per Hubschrauber eingeflogen. Drei Gefangene erhielten Todesstrafen, viele langjährige Gefängnisstrafen und einige starben unter den Schlägen und Misshandlungen der Sigurimi.[13]

Stützträger aus dem Bergwerk von Spaç als Teil des Mahnmals Postbllok in Tirana

1991 wurden die Arbeitslager für politische Gefangene in Albanien und somit auch das Gefängnis Spaç geschlossen, nachdem das kommunistische System zusammengebrochen war.[3]

„Sie hielten mich danach zwölf Jahre lang im Straflager von Spac fest – ein Gefängnis, das durchaus mit dem Konzentrationslager der Nationalsozialisten in Mauthausen verglichen werden könnte. Es befand sich in der Nähe eines Bergwerkes, in dem die Gefangenen zu unaufhörlicher, gefährlicher Arbeit gezwungen wurden. Tatsächlich starben viele.“

Zef Simoni[14][15]

Heutige Situation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach 1995 war das Gefängnis komplett verlassen und verfiel allmählich. Eisen und anderes Metall wurden entfernt und verkauft.[7][16]

Das ehemalige Gefängnis ist als Denkmal der zweiten Kategorie eingetragen.[8] Es gibt Pläne von internationalen Organisationen und ehemaliger politischer Gefangener in Albanien, die Anlage in eine Gedenkstätte mit Museum zu verwandeln.[17][18][19] 2015 nahm die New Yorker Organisation World Monument Fund das Gefängnis in seine Liste der 50 am meisten gefährdeten Denkmäler der Welt auf.[20] Im Sommer 2017 erklärte die albanische Kulturministerin die Absicht, die Anlage in ein Museum verwandeln und den alten Bauzustand wiederherstellen zu wollen.[21]

Trotz des Status als Denkmal und Gedenkstätte wurde 2015 der Minenbetrieb in Spaç wieder aufgenommen.[7] Eine türkische Firma plant, die Mine, die sie als zweitgrößte Kupfermine Albaniens bezeichnet, zu betreiben.[22]

Bekannte Insassen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zellentrakt (2018)
  • Simon Jubani (1927–2011), katholischer Priester, von 1964 bis 1989 inhaftiert, darunter in Spaç[11]
  • Osman Kazazi (1917–1999), 42 Jahre inhaftiert, darunter in Spaç[23][24]
  • Fatos Lubonja (* 1951), Autor und Dissident, von 1974 bis 1991 inhaftiert, davon elf Jahre in Spaç[25]
  • Spartak Ngjela (* 1948), Jurist und Politiker, von 1979 bis 1990 inhaftiert, darunter in Spaç[23]
  • Zef Pllumi (1924–1997), katholischer Priester, von 1967 bis 1989 inhaftiert, darunter in Spaç
  • Bashkim Shehu (* 1955), Autor und Sohn von Mehmet Shehu, von 1981 bis 1991 inhaftiert, darunter in Spaç[17]
  • Ernest Simoni (* 1928), katholischer Kardinal, von 1963 bis 1981 inhaftiert, davon zehn Jahre in Spaç[26]
  • Zef Simoni (1928–2009), katholischer Bischof, 1967–1979[14]
  • Maks Velo (1935–2020), Künstler und Autor, 1978–1986

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Marianne Graf: Albanien nördlich des Shkumbin. Herbert Weishaupt Verlag, Gnas 2003, ISBN 3-7059-0166-4, Spaç – es war die Hölle, S. 66–69.
  • Fatos Lubonja: Second Sentence: Inside the Albanian Gulag. I.B. Tauris, London 2009, ISBN 978-1-84511-924-9 (englisch, Originaltitel: Ridënimi. 1996.).
  • Maks Velo: Le jour de la mort d’Enver Hoxha au camp de Spaç. In: Sonia Combe, Ivaylo Ditchev (Hrsg.): Albanie utopie. Huis clos dans les Balkans (= Collection Monde HS. n° 90). Éditions Autrement, Paris 1996, ISBN 2-86260-574-3, S. 167–173 (französisch, Mit Zeichnungen zum Gefängnis Spaç (Le camp de Spaç) auf Seiten 109–123).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Gefängnis Spaç – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Thomas Roser: Albanien: Wo man für Klagen über das Essen zehn Jahre Haft erhielt. In: Die Presse. Wien 8. August 2013 (diepresse.com [abgerufen am 13. April 2017]).
  2. Vilma Filaj-Ballvora, Johan von Mirbach: Albanien: Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit. Deutsche Welle, 13. August 2013, abgerufen am 13. April 2017 (Video).
  3. a b c Marianne Graf: Albanien nördlich des Shkumbin. Herbert Weishaupt Verlag, Gnas 2003, ISBN 3-7059-0166-4, Spaç – es war die Hölle, S. 66–69.
  4. Ambassador Lu’s Reflections on Spaç Prison. In: Cultural Heritage without Borders. 3. November 2015, abgerufen am 13. April 2017 (englisch).
  5. Spac Copper Project Feasibility Study Results. (PDF) Albania Tete Mining, abgerufen am 13. April 2017 (englisch).
  6. Spaç Prison. In: World Monuments Fund. Abgerufen am 13. April 2017 (englisch).
  7. a b c d Vincent W.J. van Gerven Oei: Vincent W.J. van Gerven Oei visits Spac. The Unoffical View of Tirana (96). In: Berfrois. 9. Oktober 2015, abgerufen am 13. April 2017 (englisch).
  8. a b Muzeu i Memories. Abgerufen am 12. April 2017 (englisch).
  9. Anita Niegelhell, Gabriele Ponisch: Wir sind immer im Feuer. Berichte ehemaliger politischer Gefangener im kommunistischen Albanien (= Zur Kunde Südosteuropas. Albanologische Studien. Band 2). Böhlau, Wien 2001, ISBN 3-205-99290-3, S. 45, 217.
  10. Gazeta Shqip: Burgu i Spaçit, nis projekti i kthimit në muze. In: Info Arkiva. Abgerufen am 12. April 2017 (albanisch).
  11. a b „Spaç 1985, bisedat e të burgosurve për krijimin e Partisë Demokratike“. Vdekja e Enverit, si e rrahën Dom Simonin në Spaç. In: Panorama. 27. Oktober 2014, abgerufen am 13. April 2017 (albanisch).
  12. Agim Musta: Burgjet e diktaturës komuniste në Republikën e Shqipërisë. Mirgeeralb, Tirana 2005, Burgu minierë i Spaçit, Mirditë, S. 44.
  13. Anita Niegelhell, Gabriele Ponisch: Wir sind immer im Feuer. Berichte ehemaliger politischer Gefangener im kommunistischen Albanien (= Zur Kunde Südosteuropas. Albanologische Studien. Band 2). Böhlau, Wien 2001, ISBN 3-205-99290-3, S. 217–219.
  14. a b Weihbischof Zef Simoni, ein wandelnder Märtyrer, pilgert zum Papst. In: Nachrichtendienst Östliche Kirchen. 23. September 2005, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 10. Oktober 2007; abgerufen am 13. April 2017.
  15. Albanian Bishop Recalls an Era of Agonies. In: Zenit. 27. September 2005, abgerufen am 27. April 2013 (englisch).
  16. Besar Likmeta: Thieves Plunder Historic Albanian Labour Camp. In: Balkan Insight. 15. Februar 2013, abgerufen am 13. April 2017 (englisch).
  17. a b Valeria Dedaj: Spaçi i ditëve tona pasqyron tranzicionin dhe rrënimin gradual. In: Shekulli. 13. Januar 2016, abgerufen am 13. April 2019 (albanisch).
  18. Burgu i Spacit: zbardhet projekti që i kthen imazhin e viteve ‘70-‘80 (Memento vom 1. Dezember 2017 im Internet Archive)
  19. AP: Albania’s broken men fear prison horrors will be forgotten. In: Mail Online. 19. Juni 2016 (dailymail.co.uk [abgerufen am 13. April 2017]).
  20. 2016 World Monuments Watch. (PDF) In: World Monuments Fund. Abgerufen am 12. April 2017 (englisch).
  21. Spac labor camp turns into a museum. In: Top Channel. 6. Juni 2017, abgerufen am 8. Juni 2017 (englisch).
  22. Albania. In: Tete Mining. Abgerufen am 12. April 2017 (englisch).
  23. a b Ndue Dedaj: Burgu i Spaçit, apo „Shtëpia e Gjetheve“? In: Panorama. 29. März 2017, abgerufen am 13. April 2017 (albanisch).
  24. Zaimra Kazazi: Shembet pa asnjë urdhër shtëpia e Mandelës shqiptare Osman Kazazit. In: voal-online.ch. 10. September 2009, abgerufen am 13. April 2019 (albanisch).
  25. Izaura Ndoj: Spaci, deshmia e gjalle e vuajtjeve te Fatos Lubonjes. In: Info Arkiv. Koha Jonë, abgerufen am 12. April 2017 (albanisch).
  26. Simoni, Ernest. In: Salvador Miranda: The Cardinals of the Holy Roman Church. (Website der Florida International University, englisch), abgerufen am 13. April 2017.

Koordinaten: 41° 53′ 57″ N, 20° 2′ 46″ O