Giacomo Chizzola

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Giacomo Chizzola (* 1502 in Brescia; † 1580 ebenda) war ein italienischer Humanist und Gelehrter.

Er entstammte einer angesehenen Brescianer Familie. Chizzola war ein universeller Geist und Humanist, Doktor der Rechte, Richter, Ökonom, Diplomat und sehr sozial engagiert.[1] Bereits 1531 war er Mitglied des „Consiglio generale“, des Staatsrates von Brescia. Mehrfach war er als Sonderbotschafter für Brescia oder die Republik Venedig tätig. Schon mit 29 Jahren trat Chizzola in der Öffentlichkeit hervor. Er begründete 1548 eine der ersten Agrarakademien Europas in Rezzato (BS), war Protektor von Angela Merici, der Gründerin des römisch-katholischen Ursulinenordens, kümmerte sich bereits ab 1532 nach dem Vorbild von Girolamo Miani (1486–1537) um Straßenkinder und unheilbar Kranke.

Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Chizzola beendete 1527 sein Studium der Rechte in Padua. Nach vielen militärischen Auseinandersetzungen in der Adria verlangte Venedig 1529 vom Festland, der Terra ferma, die Bereitstellung von 15.000 Rindern. Noch als junges Mitglied des Stadtrates konnte er, als die Republik Venedig von der Provinz Brescia jährlich 1000 Ochsen verlangte, mit Redegewandtheit und Erfolg in Verhandlungen die Abschaffung dieser Zahlung erreichen, da das Land sehr stark bevölkert war und es nicht genug Futter gab um die 1000 Ochsen und die eigenen Tiere zu versorgen. Als Advokat und Diplomat war er 17 mal als Botschafter der Republik zu den verschiedensten Problemen entsandt worden.

1553 reiste Chizzola mit Kardinal Pole Kardinal Pole und anderen Delegierten in diplomatischer Mission von Brescia nach Deutschland um über den Frieden zwischen dem Kaiser und dem König von Frankreich zu verhandeln, doch wurde diese Mission vom Kaiser vorzeitig abgebrochen und die Abordnung in anderer Mission nach England gesandt. Chizzola fuhr nach Brüssel, Antwerpen und Paris mit, zog es jedoch vor nach Brescia zurückzukehren, da er „die Luft von Brescia nicht mit der Luft bei Hofe tauschen wollte“. Über Paris fuhr er noch nach Rom um dem Papst Bericht zu erstatten.[2]

In den Jahren 1558–1561 hatten sich die Cremoneser am Oglio (westlicher Grenzfluss) Land angeeignet und ein Edikt herausgegeben, dass dafür außer Kaiser Karl V. niemand anderer – weder Fürst noch Republik – zuständig sei. So fuhr Chizzola nach Venedig, Mailand und Regensburg und erlangte dort in Begleitung des Gesandten der Republik Venedig die Annullierung des Ediktes. Gegen den Senat von Mailand und gegen die Cremoneser wurden die Rechte der Brescianer bezüglich der Schifffahrt, Mühlen etc. am Oglio wieder hergestellt.

1561 vermittelte er in einem Konflikt mit Ferrara. Zu seiner Sicherheit erhielt er 1562 vom Dogen das Recht Waffen zu tragen.

Chizzola wurde 1563 als einer der Advokaten eingesetzt, um als Gesandter der Republik Venedig am Kongress zu Udine mit österreichischen Erzherzögen die Grenzen nahe der Adria mit Friaul Friaul festzusetzen, wo sich die Uskoken, christliche Flüchtlinge aus dem von den Osmanen besetzten Land an der habsburgisch-adriatischen Küste aufhielten und als Piraten die Schifffahrt, überwiegend die der Venezianer, behinderten, was die Österreicher nicht so sehr störte. Ebenfalls 1563 verhandelte er dort für Venedig mit dem Kaiserreich erfolgreich die Rechte der Schifffahrt in der Adria, ein als lebenswichtiges und seit dem Fall Konstantinopels Venedig zugefallenes und allseits respektiertes Recht.[3]

Seine nachhaltigsten Werke waren die in seinem Haus in Rezzato zuerst gegründete wissenschaftlich literarische Akademie und dann insbesondere die 1548 zusammen mit seinem gleichgesinnten Freunden Agostino Gallo und dem Agronomen Camillo Tarello gegründete Agrar-Akademie zum Studium des Ackerbaues und der Kultivierung des Maulbeerbaumes. Diese Agrarakademie war weltweit eine der ersten ihrer Art. Die Akademie stand unter dem Protektorat des Bischofs Bollani und war ein Treffpunkt der Intelligenz und der bedeutenden Persönlichkeiten seiner Zeit. So verkehrten dort z. B. auch der Mathematiker Nicolo Tartaglia und der englische Kardinal Pole, der sein Freund und Förderer war. Die Akademie dürfte bis 1575 bestanden haben. Eine umfangreiche Dokumentation über Literaturquellen und Korrespondenzen erstellte Francesco Grasso Caprioli.[4] Im Erdgeschoss des Renaissance-Palazzo in Rezzato befindet sich ein Raum mit Fresken des Lattanzio Gambara (1530–1574) mit religiösen Motiven. Eine weitere historische soziale Tat war, beeindruckt vom Wirken des Girolamo Miani, der Zusammenschluss mit drei weiteren Adeligen zur Organisation einer wohltätigen Stiftung um Kinder von der Straße einzusammeln.[5]

Chizzola zählt mit Gerolamo Patengola, D. Giovanni Zanetti und Agostino Galli zu den Gründern des Spitals der Unheilbaren, wo Angela Merici (1474–1540) – Gründerin des Ursulinenordens – mit ihrer Schwesterngemeinschaft tätig war. Chizzola war auch an der Errichtung der Gemeinschaft der „Töchter der St. Angela Merici“ maßgeblich beteiligt und mit Agostino Gallo Protektor und Schirmherr der Gemeinschaft. So heißt es von ihm: „di cui si chiamò figlio spirituale”, er nannte sich: “ein geistiger Sohn“ der Angela Merici[6] Die 1535 unter dem Namen „Compagnia di Sant´ Orsola“ offiziell gegründete Gemeinschaft erhielt das Haus mit der kleinen Kirche von Santa Afra in unmittelbarer Nachbarschaft zu Chizzola. 1568 sagte Chizzola in einem Prozess über Angela Merici aus, er habe sie am Sterbebett besucht, und zitierte ihre Worte: „Handelt in eurem Leben so, wie ihr es im Augenblick des Todes wünschen würdet gehandelt zu haben“, „… an etwas Anderes erinnere ich mich nicht“.[7]

Zu Weihnachten am 24. Dezember 1563 erhielt er für seine besonderen Verdienste um die Republik Venedig vom Senat die Ritterwürde des Markusordens verliehen. „Er wurde geschmückt mit einer schweren Goldkette mit dem Bildnis des Hl. Marcus“ und erhielt eine jährliche Zuwendung von 300 Dukaten. Mit dieser Ehrung verbunden war das außergewöhnliche Recht den venezianischen Löwen als eigenes Hauszeichen in Wappen, Fahnen und am Siegelring zu verwenden.[8]

Giacomo Chizzola starb nach einem Hinweis auf eine diplomatische Tätigkeit zu den Grenzen am Fluße Oglio vermutlich erst 1588 im Alter von 86 Jahren.[9]

Privates[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Chizzola war verheiratet mit Vittoria Gavazzi, Tochter des Arztes Ludovico Gavazzi. Das Paar hatte sieben Söhne und zwei Töchter. Sohn Hieronimo war “Civitatis Cancellarijs & Notarijs de Collegio Brixiae” und ohne Nachkommen, Sohn Agostino folgte auf den Spuren von Giacomo Chizzola, übernahm Rezzato und führte die Akademien weiter und war mit öffentlichen Missionen betraut, sodass ihm und Hieronimo mit ihren Dienern vom Dogen ausdrücklich das Tragen von Waffen erlaubt wurde. Er wurde 1594 ermordet aufgefunden.[10]12

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1563 wurde Chizzola für seine vielfältigen Verdienste Cavaliere des Venezianischen Ritterorden von San Marco.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Treccani degli Alfieri, Storia di Brescia, 1964 Vol.II, S. 343 etc
  2. Rossi Ottavio, “Elogi historici” 1620, S. 373
  3. Staatsgeschichte der Republik Venedig: von ihrem Ursprunge bis auf unsere ...von Johann Friedrich Le Bret
  4. F.Grasso Caprioli, Camillo Tarello, Agostino Gallo, Giacomo Chizzola e l’Accademia di Rezzato
  5. Guerrini P., “Scuole e maestri bresciani del cinquecento”. Comm.Ateneo 1921, S. 73–127
  6. Antonio Cistellini, Figure della riforma pretridentina, 1948, S. 21, 83, 97
  7. L. Mariani-E. Tarolli-M. Seynaeve: „Angela Merici, Beitrag zu einer Biographie“ 1986, deutsche Übersetzung 1995, S. 138
  8. Archivio di Stato, Venezia
  9. L. Mariani-E. Tarolli-M. Seynaeve: „Angela Merici, Beitrag zu einer Biographie“ 1986, deutsche Übersetzung 1995, S. 136
  10. Archivio Chizzola und Polizze estimi 1548, Archivio di stato, Brescia

11. Lothar Chizzola, Storia della Famiglia Chizzola, Cremona - Brescia - Austria; Brescia Edizione San Faustino 2023, ISBN 978-88-944985-0-9

12. Lettera nell'Archivio Guerrini nella Biblioteca Queriniana Brescia,