Haldenlaugung

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Als Haldenlaugung oder Haufenlaugung bezeichnet man im Bergbau ein Aufbereitungsverfahren, bei dem die nutzbaren Metalle mittels eines Lösungsmittels aus dem Erz herausgelöst werden.[1] Das Verfahren wird angewendet, um die Metalle aus armen Erzen[ANM 1] herauszulösen und zu gewinnen.[2] Zudem kann es angewendet werden zur Anreicherung und Gewinnung von Wertmetallen aus Reststoffen[1] und aus Bergbaurückständen (Haldenmaterial).[3] Das Verfahren wird auch noch im 21. Jahrhundert des Öfteren in der Goldgewinnung eingesetzt.[4]

Grundlagen und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mechanische Erzaufbereitungsanlagen dienen in der Regel zur Voranreicherung der Wertstoffe und haben oftmals nur eine begrenzte Selektivität.[1] Zudem ist der Aufwand an Maschinen bei Armerzen oftmals nicht gerechtfertigt, da er zu kostenintensiv ist.[5] Des Weiteren kommt es bei mechanischen Aufbereitungsverfahren zu Wertmetallverlusten und somit auch zu Restgehalten von Schwermetallen in den Aufbereitungsabgängen.[1] Bereits im Altertum und im Mittelalter erkannte man, dass durch das Einwirken von Luft und Niederschlägen aus den Bergehalden Metalle freigesetzt[ANM 2] wurden.[3] Die in Halden ablaufenden Verwitterungsvorgänge bestehen grundsätzlich aus physikalischen und chemischen Mechanismen und haben z. B. in Bergehalden eine große Verwitterungstiefe.[6] Im Jahr 1960 wurde die erste kommerzielle Haldenlaugung in Betrieb genommen.[3] In den Folgejahren wurden weitere Haldenlaugungen in Betrieb genommen, um Gold aus dem Haufwerk zu extrahieren.[7] Heute ist die Haldenlaugung Stand der Technik für Armerze.[3] Neben Edelmetallen wie Gold,[7] werden auch Buntmetalle wie Kupfer mittels Haufenlaugung gewonnen.[6] Des Weiteren wird die Haldenlaugung zur Gewinnung von Uranerzen[2] und zur Gewinnung von Seltenen Erdmetallen angewendet.[8] Allerdings wird die Haldenlaugung mittels Chemikalien nur noch bei besonderen Erzen vereinzelt angewendet.[2] Ein alternatives Verfahren zur Haldenlaugung mittels ätzenden Chemikalien ist die Biologische Laugung, die wesentlich umweltfreundlicher ist.[9]

Das Verfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zunächst muss eine wasserundurchlässige Basisschicht, z. B. aus verdichtetem Lehm, geschaffen werden, auf die das zu behandelnde Material dann aufgeschüttet werden kann.[10] Anstelle des Lehms kann auch eine 10 bis 30 Zentimeter dicke Schicht aus feinem Sand, auf die eine drei bis fünf Millimeter dicke Kunststofffolie gelegt wird, als Basisschicht verwendet werden.[5] Hierfür werden mehrere hochwertige Kunststoffdichtungsbahnen aus PE-HD miteinander verschweißt, bis die gesamte Fläche abgedeckt ist.[4] Zudem muss noch eine Drainage gelegt[ANM 3] werden.[1] Auf diese Basis wird dann das Erzmaterial zu einer Halde aufgeschüttet,[ANM 4] sodass es mittels Laugung bearbeitet werden kann.[5] Je nach Rohstoff und Laugungsaufgabe werden verschiedene Reagenzien als Laugungsmittel verwendet.[1] So werden als Laugungsmittel entweder verdünnte Schwefelsäure oder Alkalien wie Natriumcarbonat, Natriumhydrogencarbonat oder Ammoniumcarbonat verwendet.[2] Zudem werden z. B. bei Laugung von Goldseifen als Laugungsmittel Cyanide verwendet.[11] Vereinzelt wurden auch saure Grubenwässer als Laugungsmittel verwendet.[10] Die Laugungsmittel werden auf die Halde aufgebracht und sickern durch diese dann hindurch.[9] Dabei gibt es mehrere unterschiedliche Anwendungsarten,[ANM 5] die z. T. auch noch miteinander kombiniert werden können.[5] Während des Durchsickerns werden die feinen Metallpartikel aus dem Haldenmaterial herausgelöst und sickern mit dem Laugungsmittel nach unten.[1] Am Haldenfuß werden die mit dem Metall angereicherten Sickerflüssigkeiten in der Drainage aufgefangen und die Metallpartikel anschließend durch weitere Prozesse wie Filtration aus der Flüssigkeit extrahiert.[5] Zur Extraktion werden, je nach Metall, Ionentauscher und Solventionsextraktionen oder organische Lösungsmittel verwendet.[2] Bei der Gewinnung von Gold aus dem Laugungsmittel Cyanid kommt Aktivkohle zum Einsatz.[11] Nachdem der Laugungsprozess abgeschlossen ist, wird die Halde in der Regel wieder abgetragen.[1]

Vor- und Nachteile[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Vorteil der Haldenlaugung ist, dass sie weniger Energie benötigt als z. B. andere Laugungsverfahren.[11] Des Weiteren werden für dieses Verfahren keine mechanischen Aufbereitungsmaschinen benötigt.[1] Dies macht das Verfahren kostengünstiger als andere Aufbereitungsverfahren.[11] Nachteilig ist die Verwendung von z. T. giftigen Chemikalien, die bei unsachgemäßer Anwendung eine Vergiftungsgefahr darstellen.[12] Ein weiterer Nachteil ist die Länge des Laugungsprozesses, der, je nach Größe der Halde, zwischen einigen Monaten und mehreren Jahren dauern kann.[1] Durch unsachgemäßen Umgang mit den Laugungschemikalien können erhebliche Umweltschäden entstehen.[12]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h i j Heinz Brauer (Hrsg.): Handbuch des Umweltschutzes und der Umweltschutztechnik. Band 2: Produktions- und produktintegrierter Umweltschutz. Mit 523 Abbildungen und 134 Tabellen, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 1996, ISBN 978-3-642-64616-4, S. 144–146, 149, 150.
  2. a b c d e Martin Bertau, Armin Müller, Peter Fröhlich, Michael Katzberg: Industrielle Anorganische Chemie. Vierte, vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Mit einem Geleitwort von K.H. Büchel, H.-H. Moretto und P. Woditsch, WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, 2013, Nr. 7.5.1.1.
  3. a b c d Jana Pinka: Rohstoffe aus Halden des Altbergbaus in Sachsen – Projekt ReMiningPlus zur umweltschonenden Wertstoffgewinnung aus Spülhalde. In: GeoResources Zeitschrift. Nr 1 / 2023, S. 39–42.
  4. a b Hans-Ulrich Tschätsch: Steinkohlenbergbau: Die RAG ist und bleibt aktiv. In: GeoResources Portal Manfred König (Hrsg.): GeoResources Zeitschrift, Fachzeitschrift für Ressourcen, Bergbau, Geotechnik, Tunnelbau und Equipment, Nr. 4, 7. Jahrgang, Druck Kies und Markossa Mediengruppe GmbH, Gelsenkirchen 2021, ISSN 2364-8414, S. 14.
  5. a b c d e E. H. E. Pietsch, A. Kotowski, Margot Becke-Goehring, Gmelin-Institut für Anorganische Chemie (Hrsg.): Gmelin Handbuch der Anorganischen Chemie. Achte völlig neu bearbeitete Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 1981, ISBN 978-3-662-10276-3, S. 23–30.
  6. a b Michael Reiß: Beitrag zur Quantifizierung der Sauerwasserbildung sulfidhaltiger Abgänge der Montanindustrie für die Konzeptionierung von Verminderungsmaßnahmen. 1. Auflage. Cuvillier Verlag, Göttingen 2003, ISBN 3-89873-664-4, S. 65, 67, 68.
  7. a b Bernd Kröger: Die Goldproduktion der letzten fünfzig Jahre Produktionszyklen, Unternehmen und Länder. BoD - Books on Demand, Norderstedt 2017, ISBN 978-3-7448-8332-0, S. 165, 166.
  8. Bernhard Adler, Ralf Möller: Seltene Erdmetalle. Gewinnung, Verwendung und Recycling. Universitätsverlag Ilmenau, Ilmenau 2014, ISBN 978-3-86360-093-8, S. 55–57.
  9. a b Thore Rohwerder: Biologische Laugung zur Gewinnung von Wertmetallen. In: Metall. 61. Jahrgang, Nr 11, 2007, S. 702–704, 814, 815.
  10. a b Kerstin Horn: Das Migrationsverhalten von Radon im Sanierungsgebiet der ostthüringischen Uranbergbauregion. Fallbeispiel Gessental. Dissertation an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Jena 2003, S. 13, 20.
  11. a b c d Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: Gold. Informationen zur Nachhaltigkeit. Hannover 2022, S. 7, 9.
  12. a b Germany Trade und Invest, Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH (Hrsg.): Peru. Herausforderungen und Chance für eine nachhaltige Entwicklung im Rohstoffsektor. Druck Asmuth Druck & Crossmedia GmbH & Co KG, Bestell Nr. 18894, ISBN 3-86643-582-7, Berlin 2014, S. 40, 41.

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Als Armes Erz bezeichnet man Erze, die nur einen geringen Metallgehalt haben. (Quelle: Heinrich Veith: Deutsches Bergwörterbuch mit Belegen.)
  2. Das Verfahren beschrieb Agricola bereits im 16. Jahrhundert in seinem Werk de re metallica. (Quelle: Jana Pinka: Rohstoffe aus Halden des Altbergbaus in Sachsen – Projekt ReMiningPlus zur umweltschonenden Wertstoffgewinnung aus Spülhalde.)
  3. Die Drainage besteht aus Drainagerohren mit einem Durchmesser von circa 100 Millimetern. Sie werden so angebracht, dass sie sich nicht verschieben können. Die Rohre sind an mehreren Stellen gelocht und müssen in Neigungsrichtung verlegt werden. Zudem müssen sie über die Haldenbreite hinaus ragen. An die überstehenden Enden der Rohre wird eine Sammelleitung angeschlossen, über die die Laugungslösung in Behälter fließt. (Quelle: E. H. E. Pietsch, A. Kotowski, Margot Becke-Goehring, Gmelin-Institut für Anorganische Chemie (Hrsg.): Gmelin Handbuch der Anorganischen Chemie.)
  4. Die Abmessungen der Halden können, je nach vorhandenem Material, enorme Größen annehmen. So haben die Halden in der Regel eine Höhe von fünf bis zehn Metern. Die Breite liegt bei 30 bis 100 Metern und die Länge kann bis zu 500 Meter betragen. (Quelle: E. H. E. Pietsch, A. Kotowski, Margot Becke-Goehring, Gmelin-Institut für Anorganische Chemie (Hrsg.): Gmelin Handbuch der Anorganischen Chemie.)
  5. Diese Anwendungsarten sind: 1.) Die Haufenlaugung mit kontinuierlicher Durchfeuchtung des Erzes. Hierbei wird das Laugungsmittel (Säure) aus einem in dem Erzhaufen angelegten Becken kontinuierlich durchfeuchtet. Oder die Halde wird mittels einem am Haldenkopf angelegten System von Sprühleitungen kontinuierlich besprüht. 2.) Die Haufenlaugung mit abwechselnder Tränkung und Belüftung der Halde. Die Flutung der Halde. Hierbei muss die Halde mit einer Konstruktion aus wasserdichten Wänden umschlossen sein. (Quelle: E. H. E. Pietsch, A. Kotowski, Margot Becke-Goehring, Gmelin-Institut für Anorganische Chemie (Hrsg.): Gmelin Handbuch der Anorganischen Chemie.)