Harald von Boehmer

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Harald von Boehmer

Harald von Boehmer (* 30. November 1942 in Guben; † 24. Juni 2018[1]) war ein deutscher Mediziner, Biologe, Immunologe und Professor für Pathologie an der Harvard Medical School. Er war ein anerkannter Forscher vor allem auf dem Gebiet der T-Lymphozyten.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Harald von Boehmer, Sohn des ermordeten Widerstandskämpfers vom 20. Juli 1944 und Generalstabsoffiziers Hasso von Boehmer und seiner Ehefrau Käthe geborene Torhorst (1911–2019), studierte Medizin an den Universitäten Göttingen, Freiburg und München und schloss dieses Studium im Jahr 1968 mit dem Doktor der Medizin ab. Es folgten Studienjahre an der Universität Melbourne/Australien im Fach Biologie, sowie Forschungstätigkeiten am Walter and Eliza Hall Institute of Medical Research, welche er 1974 mit seiner zweiten Promotion zum PhD in Biologie beendete. In den Jahren 1973 bis 1996 war er Mitglied am Institut für Immunologie Basel und wurde zwischenzeitlich 1984 an der Universität Basel zum Privatdozenten der Immunologie habilitiert. Zusätzlich zu einer Gastprofessur an der University of Florida (ab 1982 bis heute) und nach einer Tätigkeit als Gastwissenschaftler am Massachusetts Institute of Technology (MIT) (1987) wurde von Boehmer 1991 zum Professor für Immunologie an der Basler Universität ernannt. Bereits ein Jahr später nahm er eine Stelle als Forschungsdirektor am Nationalen Institut für Wissenschaft und medizinische Forschung (INSERM) in Paris an und leitete von 1997 bis 2000 die Forschungsabteilung INSERM 373 als Direktor. Von 1993 bis 2000 übernahm er eine Professur für Immunologie an der Faculté de Médicine Necker Enfants Malades und wurde Fakultätsmitglied der Universität Descartes. Im Jahre 1996 beendete er seine Tätigkeit in Basel und übersiedelte nach Paris. Im Jahre 1997 wurde er als "Membre Senior" in das Institut Universitaire de France gewählt. Schließlich übernahm er im Jahr 1999 eine Professur für Pathologie an der Harvard Medical School und wurde Mitglied der Faculty of Arts and Sciences der Harvard University/Cambridge/USA. In Boston leitete er das Labor für Lymphozyten-Biologie am Dana-Farber Cancer Institute.

Nach seiner Emeritierung übernahm Harald von Boehmer im Januar 2013 eine Gastprofessur am Institut für Immunologie der Ludwig-Maximilians-Universität München.[2] Im Februar 2013 wurde Harald von Boehmer, Professor im Department of Cancer Immunology & AIDS, Harvard Medical School (USA), mit dem Helmholtz International Fellow Award für seine exzellente Leistung im Forschungsbereich der Immunologie ausgezeichnet, nachdem er im Januar 2013 durch das Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt nominiert worden war.[3]

Forschungsschwerpunkte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Harald von Boehmer erforschte die Rolle von T-Lymphozyten im Immunsystem. Er untersuchte im Besonderen die Rolle des alfa- und beta-T-Zell-Rezeptors (TCR) bei der Erkennung von MHC-Peptid-Komplexen, auch MHC-restringierte Antigenerkennung genannt. Demnach wird mit dem Transfer von TCR alpha- und beta-Genen von einem T-Zell-Klon in einen anderen auch die MHC-restringierte Spezifität transferiert, was bedeutet, dass die MHC-restringierte Antigenerkennung durch einen Rezeptor erfolgt. An T-Zell-Rezeptoren transgener Mäusen wurde die Adaption des Immunsystems an körpereigenes Gewebe untersucht. Es zeigte sich, dass die positive and negative Selektion unreifer T-Zellen im Thymus durch körpereigene Peptid-MHC-Komplexe eine entscheidende Rolle spielt. Diese Experimente hatten auch das Ziel, die Rolle der TCR-Bindung an MHC I- oder MHC II-Peptid-Komplexe für die intrathymische Differenzierung von CD8-Killerzellen oder CD4-Helferzellen zu klären, die sich als wesentlich herausstellte. Weitere Studien beschäftigten sich mit der Identifizierung, Struktur und Funktion des Pre-T-Zell-Rezeptors und mit dessen Einfluss auf das Überleben und die Differenzierung unreifer T-Zellen mit produktiven TCR-beta Genumlagerungen.

Darüber hinaus untersuchte von Boehmer die Generierung und Funktion regulatorischer T-Zellen, die eine wesentliche Rolle bei der Verhinderung von Autoimmunität spielen, mit dem Ziel, die Fähigkeit dieser Zellen zu nutzen, unerwünschten Immunreaktionen vorzubeugen.

Harald von Boehmer war ein "highly cited researcher" (Institute for Scientific Information (ISI) 2003). Seine Arbeiten über die intrathymische Selektion unreifer T-Zellen wurden in der Ausgabe "Great Experiments" dargestellt, in welchem die wichtigsten Beiträge des 20. Jahrhunderts zum Verständnis der Biologie im molekularen und zellulären Bereich aufgeführt sind.

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Über die Wirkung von Faktoren aus dem Humanserum auf die elektrophoretische Beweglichkeit von Säugetierzellen; München, 1968
  • T cell hybridomas: a Workshop at the Basel Institute for Immunology; Berlin [u. a.] : Springer, 1982
  • T cell clones; Amsterdam [u. a.]: Elsevier, 1985
  • Immunabwehr; Heidelberg [u. a.]: Spektrum Akademischer Verlag, 1995

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Todesanzeige. Bestattungsinstitut Ing. Dr. Karl Neurauter, abgerufen am 4. Juli 2018.
  2. Gastprofessur Harald von Boehmer am Institut für Immunologie in München (Memento vom 16. Oktober 2015 im Internet Archive).
  3. Pressemitteilung der Helmholtz-Gemeinschaft@1@2Vorlage:Toter Link/www.helmholtz.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  4. Eintrag auf der Internetseite der Academia Europaea
  5. Mitgliedseintrag von Prof. Dr. Harald von Boehmer (mit Bild) bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 9. Mai 2022.