Hebammenwissenschaft

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Die Hebammenwissenschaft ist ein neues Teilgebiet der medizinischen Versorgungsforschung. Sie beschäftigt sich mit der Tätigkeit von professionellen Hebammen bei der Geburtshilfe. Forschungsfelder sind z. B. medizinische Eingriffe in den normalen physiologischen Vorgang der Geburt, Wirksamkeit und Nutzen des Hebammenhandelns und die gesellschaftliche Beurteilung des Gebärens. Wie bei anderen angewandten Gesundheitswissenschaften auch steht die Gesunderhaltung der Patienten, bzw. von Mutter und Kind, im Zentrum des Interesses.[1]

Die Hebammenwissenschaft hat einen primär berufspolitischen Ursprung: Hervorgegangen aus dem Hebammenwesen betont sie die von den Akteuren gewünschte Akademisierung und Professionalisierung dieses Berufsstandes, ähnlich wie sie in der Krankenpflege schon erfolgt ist.[2] Es soll ein „hebammenorientiertes, frauenzentriertes Betreuungsparadigma“ aufgebaut werden.[3] Während die Ausbildung der Hebammen bisher in Fachschulen erfolgte, hat die Medizinische Hochschule Hannover 2011 erstmals einen Masterstudiengang für Hebammenwissenschaft eingerichtet.[4]

Mit dem Inkrafttreten der Änderungen des Hebammengesetzes (HebG) 2020 und der damit verbundenen Studien- und Prüfungsverordnung für Hebammen (HebStPrV) wurde die Akademisierung umgesetzt. Bachelor-Ausbildungen können seitdem an immer mehr Fachhochschulen bzw. Hochschulen für Angewandte Wissenschaften abgeschlossen werden (z. B. Bachelor of Science in Hebammenwissenschaft an der Hochschule Osnabrück[5]).

In Österreich gibt es zurzeit (Stand 2019) einen dedizierten Fachbereich mit Bachelor-Studiengang an der privaten Fachhochschule Krems. Die von den Berufsgesetzen geforderte praktische Ausbildung kann auf den Hochschulen allerdings nicht absolviert werden.[6]

In der Schweiz hat die Hebammenwissenschaft zurzeit (2019) noch einen schweren Stand.[7] Die erste Frau, welche auf diesem Gebiet doktorierte, war 2007 Eva Cignacco. Seit 2008 gibt es ein Fachhochschulstudium für Hebammen.

In Deutschland haben Frauen auf Hebammenhilfe während Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillzeit gesetzlichen Anspruch zu Lasten der Krankenversicherung. Aufgabe der Forschung wird es sein, die Wirksamkeit und den Nutzen der selbstverantwortlichen (Arzt- und Pflege-unabhängigen) Arbeit der Hebammen nach den Kriterien der medizinischen Evidenz nachzuweisen, nicht nur bei der eigentlichen Geburt, sondern auch in deren Vorbereitung und in der emotional und sozial schwierigen ersten Phase junger Eltern, etwa die Förderung des Stillens. Als Fachgesellschaft hat sich 2008 die Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft gegründet.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Doris Schaeffer, Klaus Wingenfeld: Handbuch Pflegewissenschaft. Juventa, Weinheim/München 2010, ISBN 978-3-7799-0794-7.
  2. Guido Adler, Jost-H. von dem Knesebeck: Gesundheitsfachberufe: Auf akademischen Wegen. In: Deutsches Ärzteblatt. 107. Jahrgang, Nr. 9, 2010, ISSN 0012-1207 (aerzteblatt.de [abgerufen am 15. Juni 2022]).
  3. Sigrun A. E. Bohle: Frau Magister statt Schwester... Österreichische Hebammenzeitung 2/04 (Memento vom 12. Juni 2013 im Internet Archive)
  4. Birgit Hibbeler: Mechthild Gross: Erste habilitierte Hebamme in Deutschland. In: Deutsches Ärzteblatt. 108. Jahrgang, Nr. 5, 2011, ISSN 0012-1207 (aerzteblatt.de [abgerufen am 23. April 2011]).
  5. Hochschule Osnabrück: Studiengangswebsite Hebammenwissenschaft (B.Sc.) , abgerufen am 27. Oktober 2022.
  6. Michael Billig: Akademisierung der Gesundheitsberufe: Hebamme mit Bachelor. In: Frankfurter Rundschau. 19. Oktober 2010, abgerufen am 23. April 2011.
  7. Irene Grüter: Kampf um Akademisierung - Die Hebamme – ein unterschätzter Beruf. In: srf.ch. 26. Mai 2019, abgerufen am 14. Mai 2021.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]