Hellmann & Loebenstein

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Hellmann & Loebenstein[1] oder Hellmann und Loebenstein[2] war eine 1926 gegründete Privatbank in Hannover,[1][3] die zur Zeit des Nationalsozialismus im Zuge der Judenverfolgung 1937 „arisiert“ wurde und deren jüdischer Teilhaber[4] und dessen ganze Familie im Vernichtungslager Sobibor ermordet wurde.[5]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Bankgeschäft Hellmann & Loebenstein[1] wurde zur Zeit der Weimarer Republik von dem dem Christentum zugerechneten Bankier Egon Hellmann und dem aus jüdischer Familie stammenden Herbert Loebenstein[4] 1926 gegründet.[3] Unternehmenszweck war insbesondere der An- und Verkauf von Pfandbriefen sowie die allgemeine Devisenprüfung.[2] Die beiden Bankiers Hellmann und Loebenstein fungierten Anfang der 1930er Jahre noch als Partner im Unternehmen; Prokuristen des Hauses mit der Telegramm-Adresse „Exotenbank, Hannover“ waren Karl Gunkel und Adele Katzenstein.[1]

Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten und der zunehmenden Drangsalierung und Entrechtung jüdischer Menschen in Hannover wie im gesamten Dritten Reich[6] wurde 1937 schließlich auch das Bankhaus Hellmann & Loebenstein „arisiert“.[4] Das Unternehmen mit Sitz unter der – damaligen – Adresse Schillerstraße 21[7] firmierte nach „Entjudung“ und Herausdrängung Herbert Loebensteins nun als Privatbank „Egon Hellmann“.[4] Loebenstein und seine Familie emigrierten am 1. August 1937 in die Niederlande, wo sie sich in Nijmegen niederließen. Doch nach der Besetzung des Landes durch die Wehrmacht wurde das Ehepaar samt der 10-jährigen Tochter Lotte-Lore Loebenstein im April 1943 verhaftet und deren verbliebenes Geld konfisziert, um die drei bald darauf in das Vernichtungslager Sobibor zu deportieren und dort im Mai 1943 zu ermorden.[5]

Auch die ehemalige Prokuristin Adele Katzenstein (geboren 26. Mai 1887) überlebte die „Arisierung“ nicht:[8] Sie wurde am 23.[9] oder 24. Juli 1942 von Hannover mit dem „Transport VIII/1, Nr. 267“[8] in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo auch sie am 26. März 1944 ermordet wurde.[9]

Das nunmehr „judenfreie“ Bankhaus Egon Hellmann hingegen konnte sich erfolgreich bis in die Nachkriegszeit am Markt behaupten: 1968 fusionierte Egon Hellmann in das Bankhaus Hallbaum[10][Anm. 1] und wurde am 8. Februar 1968 beim Amtsgericht Hannover aus dem Handelsregister mit der Nummer HRA 13678 gelöscht.[11]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Archivalien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Archivalien von und über Hellmann & Loebenstein finden sich beispielsweise

  • als im Jahr 2004 zugegangene Akte unter dem Titel „Hellmann und Loebenstein, Bankhaus in Hannover“ mit einer Verzeichnung „An- und Verkauf von Pfandbriefen; allgemeine Devisenprüfung“ für die Laufzeit von 1932 bis 1940 im Niedersächsischen Landesarchiv (Abteilung Hannover), Untergliederung Landesfinanzamt / Oberfinanzpräsident, Archivsignatur NLA HA Hann. 210 Acc. 2004/011 Nr. 191 (alte Signatur: Acc. 2001/521)[2]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Abweichend wird wohl versehentlich „E. Stellmann“ genannt, siehe Waldemar R. Röhrbein: Bankhaus Hallbaum AG, in: Stadtlexikon Hannover, S. 47f.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d The Bankers' Almanac and Year Book. The Standard international Work of Reference (englisch), Band 88, Teile 1932 – 1933, S. 1022, 1548; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  2. a b c Angaben über das Archivinformationssystem Arcinsys Niedersachsen Bremen
  3. a b Gustav Voltmer: Das Bankwesen in der Stadt Hannover, seine Entwicklung und Lage, Rechts- und staatswissenschaftliche Dissertation an der Universität Göttingen, Göttingen 1931, S. 162
  4. a b c d Ingo Köhler: Tabelle 18: Die Verdrängung jüdischer Mitinhaber aus »christlich-jüdischen« Privatbanken, in ders.: Die „Arisierung“ der Privatbanken im Dritten Reich. Verdrängung, Ausschaltung und die Frage der Wiedergutmachung ( = Schriftenreihe zur Zeitschrift für Unternehmensgeschichte, Band 14), zugleich Dissertation 2003 an der Universität Bochum, München: Beck Verlag, 2005, ISBN 978-3-406-53200-9 und ISBN 3-406-53200-4, S. 357; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  5. a b Simon Benne: Umbenennung / Neuer Name für Hindenburgstraße: Wer war Lotte-Lore Loebenstein?, Artikel hinter Bezahlschranke auf der Seite der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 10. November 2020, zuletzt abgerufen am 9. Oktober 2021
  6. Peter Schulze: Arisierung, in: Stadtlexikon Hannover, S. 34–35
  7. Adreßbuch der Stadt Hannover. Zugleich Adreßbuch von Hannover, Stadt- und Geschäftshandbuch. 135. Ausgabe unter Benutzung amtlicher städtischer Quellen. 1937, Teil I: Einwohner u. Firmen nach Namen geordnet ..., Verlag August Scherl Deutsche Adreßbuch-Gesellschaft mbH, Hannover, Prinzenstraße 1, [1937], S. 188; Digitalisat der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek über den DFG-Viewer der Deutschen Forschungsgemeinschaft
  8. a b Adele Katzenstein in der Opferdatenbank auf der Seite holocaust.cz [ohne Datum], zuletzt abgerufen am 9. Oktober 2021
  9. a b Katzenstein, Adele im Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945 [ohne Datum], zuletzt abgerufen am 10. Oktober 2021
  10. Gerhard Müller, Josef Löffelholz: Bank-Lexikon. Handwörterbuch für Das Bank- und Sparkassenwesen, Neuauflage der 7., unveränderten Ausgabe des Betriebswirtschaftlicher Verlag Gabler in Wiesbaden, Wiesbaden: Springer Fachmedien, 2014, ISBN 978-3-663-00091-4 und ISBN 3-663-00091-5, Spalte 234; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  11. Egon Hellmann, Hannover über die Seite northdata.de der North Data GmbH

Koordinaten: 52° 22′ 32,9″ N, 9° 44′ 17,5″ O