Herbert Wiltenstein

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Herbert Wiltenstein (* 20. Februar 1920 in Königsberg; † 1993[1]) war ein deutscher Architekt und Stadtbaurat in Göttingen in Niedersachsen.

Leben, Ausbildung, Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach Kriegsgefangenschaft studierte Wiltenstein in Hannover Architektur und legte 1951 sein Ingenieurdiplom bei dem Städtebauer Werner Hebebrand ab.[2] Anschließend arbeitete er im Architekturbüro von Dirk Gascard in Hildesheim und ab 1952 in der Planungsabteilung der Bauverwaltung Hannover unter Rudolf Hillebrecht.[2]

Am 10. Juli 1961 wählte der Rat der Stadt Göttingen Herbert Wiltenstein zum Nachfolger von Stadtbaudirektor Karl Grabenhorst auf 12 Jahre zum Göttinger Stadtbaurat, sein Amtsantritt war am 1. November 1961.[2] In Wiltensteins Amtszeit als Stadtbaurat fielen durchgreifende Modernisierungen der (seit 1964 durch Eingemeindungen zur Großstadt gewordenen) Universitätsstadt und ihrer Verwaltung mit dem Hochhausneubau des Neuen Rathauses (1976–1978), dem Neubau der Stadthalle Göttingen (1961–1964) und für eine autogerechte Stadt mit mehreren Innenstadt-Parkhäusern.[3] Von Wiltensteins Bauamt koordiniert wurden zahlreiche bis heute stadtbildprägende, innerstädtische Großbauten der 1960er Jahre und 1970er Jahre wie das Iduna-Zentrum an der Weender Landstraße, die Karstadt-Erweiterung an der Groner Straße, das Kepa-Kaufhaus am Kornmarkt, die Deutsche Bank am Johanniskirchhof und das Hertie-Kaufhaus in der Weender Straße, an deren Stelle früher die verschiedensten Bürgerhäuser standen.[4] Betroffenheit und Empörung der Bürgerschaft über den von Wiltenstein vorangetriebenen Abriss des denkmalgeschützten, barocken Universitätsreitstalls (1968) sollen in Göttingen noch jahrelang spürbar gewesenen sein, er war „zum Synonym geworden für eine einseitig orientierte Sanierungspolitik im Geiste der 60er Jahre, exemplarisch für den ignoranten Umgang mit historischer Bausubstanz wie auch mit engagierten Bürgern“.[5]

Grabmal Wiltenstein auf dem Parkfriedhof Junkerberg in Göttingen-Weende (2023)

Wiltensteins politisches Mandat als gewählter Stadtbaurat wurde dennoch verlängert und dauerte insgesamt 20 Jahre bis 1981[6]; sein Nachfolger wurde Norbert Klein (1982–1994).[7][8]

Herbert Wiltenstein starb 1993; sein Familiengrab befindet sich auf dem Parkfriedhof Junkerberg in Göttingen-Weende.

Schriften (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Entwicklung Weendes aus städtischer Sicht. In: Stadt Göttingen (Hrsg.): Das tausenjährige Weende. Stadt Göttingen, Göttingen 1966, S. 146–148.
  • (mit Helmut Bauknecht, Friedrich Karl Birk) Ohne Parkhäuser geht es nicht. Hrsg.: Stadt Göttingen, Bauverwaltung. Göttingen 1970 (= Göttingen. Planung und Aufbau, W.6).
  • Stadtentwicklung und Standterneuerung. In: Städte forum, Städtebau, Architektur, Wirtschaft, 12. Jahrgang, Heft 1 – 1971 (Sonderheft Göttingen), Verlag Edgar Hartmann, Osterode am Harz, S. 30–33.
  • Neues Rathaus Göttingen. Hrsg. Stadt Göttingen – Bauverwaltung, Göttingen 1981 (= Planen und Bauen in Göttingen, H. 30).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Stadtbaurat Dipl.-Ing. Herbert Wiltenstein aus Hannover zum Nachfolger von Stadtbaudirektor Grabenhorst auf 12 Jahre gewählt. In: 14 Tage Göttingen (Zeitschrift für Fremdenverkehr, Heimatkunde, Wirtschaft und Kultur), Nr. 14, 16.–31. Juli 1961, S. 12 und 15 (mit Porträtfoto).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Lebensdaten nach dem Grabstein auf dem Parkfriedhof Junkerberg in Göttingen-Weende. Als Todesdatum ist dort nur das Jahr „1993“ angegeben; vgl. Foto.
  2. a b c Stadtbaurat Dipl.-Ing. Herbert Wiltenstein aus Hannover zum Nachfolger von Stadtbaudirektor Grabenhorst auf 12 Jahre gewählt. In: 14 Tage Göttingen (Zeitschrift für Fremdenverkehr, Heimatkunde, Wirtschaft und Kultur), Nr. 14, 16.–31. Juli 1961, S. 12.
  3. Herbert Wiltenstein, Helmut Bauknecht, Friedrich Karl Birk: Ohne Parkhäuser geht es nicht. Hrsg.: Stadt Göttingen, Bauverwaltung. Göttingen 1970 (= Göttingen. Planung und Aufbau, W.6).
  4. Jan Wilhelm: Geplanter Abbruch des „Walkenrieder Schäferhofes“. In: Geschichtsverein für Göttingen und Umgebung e.V., Mitteilungen 1/2000, S. 5–6.
  5. Carola Gottschalk: Gebaute Geschichte – Versteinerter Fortschritt. In: Göttingen ohne Gänseliesel. Texte und Bilder zur Stadtgeschichte. Hrsg. Kornelia Duwe, Carola Gottschalk, Marianne Koerner, im Auftrag der Geschichtswerkstatt Göttingen e. V., 2. Auflage, Wartberg Verlag, Gudensberg-Gleichen 1989, ISBN 3-925277-26-9, S. 119–125, hier S. 119. – Vgl. in demselben Sammelband auch den Beitrag von Hans-Dieter von Frieling: Erneuerung oder „Kahlschlagsanierung“? Der Umbau der Göttinger Innenstadt seit 1960 (S. 126–137), in dem anonymisiert vom „Stadtbaurat W.“ die Rede ist.
  6. Bürgermeister und Stadtverwaltung 1981. Stadtarchiv Göttingen, abgerufen am 27. Februar 2023.
  7. Keine Verlängerung: So reagieren die Parteien auf das Vertragsende von Stadtbaurat Dienberg. In: goettinger-tageblatt.de. 7. Mai 2019, abgerufen am 27. Februar 2023.
  8. Bürgermeister und Stadtverwaltung 1982. Stadtarchiv Göttingen, abgerufen am 27. Februar 2023.