Jüngling von Marathon

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Jüngling von Marathon (Detail)
Jüngling von Marathon (Gesamtansicht)

Der Jüngling von Marathon (auch Ephebe von Marathon) ist eine unterlebensgroße Bronzeplastik, die 1925 in der Bucht von Marathon gefunden wurde und seither im Archäologischen Nationalmuseum in Athen zu sehen ist (Inventar-Nummer 15118). Das der griechischen Spätklassik zugeordnete,[1] auf 340–330 v. u. Z. datierte Kunstwerk wird der Schule des Bildhauers Praxiteles zugeschrieben oder mit dem Bildhauer Lysippos in Verbindung gebracht.[2]

Fund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Statue wurde im Juni 1925 von Fischern mit dem Netz geborgen; als Fundort wurde „die Bucht von Marathon zwischen der Küste und einer kleinen Insel“ festgehalten.[3] Als mögliche Gründe für diesen Fundort gelten ein Schiffbruch, der Abwurf von Ballast in einer Gefahrensituation oder eine gezielte Entsorgung der Statue im Meer.[4] Andere bedeutende unter Wasser gefundene Bronzestatuen sind der 1878 in den Kunsthandel gebrachte Jüngling von Salamis und der 1926 und 1928 gehobene Poseidon vom Kap Artemision.[5]

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Jüngling oder Ephebe ist ein nicht mehr knabenhafter und noch nicht erwachsener junger Mann. Die Darstellung ist 130 cm hoch und damit unterlebensgroß.[6] Der Kontrapost ist komplex – vielleicht lehnt sich die Figur mit der rechten Hand an eine Säule. Der Bronzeguss ist ungewöhnlich gut erhalten. Bearbeitungen sind nur an der linken Hand, der linken Ferse und der rechten Fußsohle zu erkennen: Die Hand wurde noch in der Antike umgestaltet (vermutlich der römischen),[7] Ferse und Fußsohle wurden im 20. Jahrhundert restauriert.[8] Offenbar trug die umgestaltete linke Hand einen flachen Gegenstand – der sich aber nicht erhalten hat. Zur Diskussion gestellt wurde u. a. „ein Tablett mit Geräten zum Opfern“.[9] An Augen und Brustwarzen sind Einlegearbeiten zu verzeichnen: Das Material der Augäpfel ist weißer Stein; die Iris sind aus schwarz gerandetem, nach innen hin gelblichem Glasfluss gearbeitet; die Pupillen fehlen und waren ursprünglich in Metall eingestiftet; die Brustwarzen bestehen aus Kupfer.[10]

Wirkungsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von der Statue wurden und werden zahlreiche Reproduktionen hergestellt. So befindet sich ein Gipsabguss in der Abguss-Sammlung Antiker Plastik der Freien Universität Berlin.[11]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Franz Studniczka: Der Bronzeknabe von Marathon. Festgabe zur Winckelmannsfeier des Archäologischen Seminars der Universität Leipzig am 9. Dezember 1927. Leipzig 1927.
  • Robert Heidenreich: Nochmals der Bronzeknabe von Marathon. Festgabe zur Winckelmannsfeier des Archäologischen Seminars der Universität Leipzig am 16. Dezember 1931. Leipzig 1931.
  • Nikolaos Kaltsas: Sculpture in the National Archaeological Museum, Athens. Kapon, Athen 2002, ISBN 0-89236-686-9, S. 242, Nr. 509.
  • Kosmas A. Dafas: Greek Large-Scale Bronze Statuary. The Late Archaic and Classical Periods (= Bulletin of the Institute of Classical Studies Supplements, Bd. 138). Institute of Classical Studies, London 2019, ISBN 978-1-905670-67-3, S. 84–96, Taf. 72–81.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Jüngling von Marathon – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Nikolaos Kaltsas: The Sculpture Collection in the National Archaeological Museum, Athens. Kapon, Athen 2002, S. 22.
  2. Datierung gemäß Statuette eines nackten Jünglings auf arachne.uni-koeln.de (aufgerufen am 19. Juni 2022). Zuschreibung gemäß Reinhard Lullies: Griechische Plastik von den Anfängen bis zum Beginn der römischen Kaiserzeit. Hirmer, München 1956, S. 113–114.
  3. George Koutsouflakis: Bronzes from the Aegean Sea: A Reassessment of Old and New Finds. In: Jens M. Daehner, Kenneth Lapatin, Ambra Spinelli (Hrsg.): Artistry in Bronze. The Greeks and their Legacy. XIXth International Congress of Ancient Bronzes. Getty Conservation Institute, S. 4 des Artikels. Voransicht des Buches auf books.google.de (aufgerufen am 19. Juni 2022).
  4. George Koutsouflakis: Bronzes from the Aegean Sea: A Reassessment of Old and New Finds. In: Jens M. Daehner, Kenneth Lapatin, Ambra Spinelli (Hrsg.): Artistry in Bronze. The Greeks and their Legacy. XIXth International Congress of Ancient Bronzes. Getty Conservation Institute, Los Angeles 2017, S. 4 des Artikels und Endnote 10.
  5. Bronzestatue eines jungen Mannes, ‚Jüngling von Salamis’ und Statue des Zeus oder Poseidon (sog. Gott aus dem Meer, sog. Poseidon vom Kap Artemision) auf arachne.uni-koeln.de (aufgerufen am 19. Juni 2022).
  6. Spyros Meletzēs, Helenē A. Papadakē: Archäologisches Nationalmuseum Athen. Schnell & Steiner, Regensburg 1966, S. 68–69.
  7. John Grifiths Pedley: Greek Art and Archaeology. Prentice Hall, Upper Saddle River 2002, S. 307.
  8. Statuette eines nackten Jünglings auf arachne.uni-koeln.de (aufgerufen am 19. Juni 2022).
  9. Eugen Theodor Rimli, Karl Fischer: Illustrierte Weltkunstgeschichte. Band 1. Stauffacher, Zürich 1959, S. 516.
  10. Reinhard Lullies: Griechische Plastik von den Anfängen bis zum Beginn der römischen Kaiserzeit. Hirmer, München 1956, S. 113–114.
  11. Statue eines Jünglings aus dem Meer bei Marathon, sog. Jüngling von Marathon auf arachne.uni-koeln.de (aufgerufen am 19. Juni 2022).