Jacques Daret

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Heimsuchung mit Stifter, um 1434/35, Gemäldegalerie Berlin.
Anbetung der Heiligen Drei Könige, um 1434/35, Gemäldegalerie Berlin.

Jacques Daret (* um 1401 in Tournai; † um 1468 in Brügge (?)) war ein flämischer Maler.

Sein Großvater Jean I. († 1423) war Schreiner und hat mit Robert Campin an verschiedenen Projekten für Saint-Brice in Tournai gearbeitet. Jacques’ Vater, Jean II., war Bildhauer. Nach dem Tod der Mutter und einer erneuten Heirat des Vaters erhielt Jacques einen Vormund, dessen Abrechnungen sich ab 1418 erhalten haben und 1426 enden, was nahelegt, dass Jacques mit 25 Jahren die Volljährigkeit erlangte.[1]

1418 wird er erstmals als Wohngast und Mitarbeiter („ouvrant de son métier“) bei Robert Campin erwähnt.[2] Seit 1427 war er in dessen Werkstatt zusammen mit Rogier van der Weyden als Lehrling angestellt. Ein Jahr zuvor hat Daret eine Wallfahrt nach Aachen unternommen.[3] Im Jahre 1432 wurde er Freimeister und Vogt der Lukasgilde in Tournai.[4]

1434 beauftragte Jean du Clercq, Berater Philipps des Guten und zwischen 1428 und 1462 Abt von Saint-Vaast in Arras, Daret mit der Anfertigung eines Retabels für die Marienkapelle[5] in der Abteikirche, von dem sich heute noch vier Tafeln erhalten haben. Das Retabel war Teil einer Ausstattungskampagne, die der Abt für seine Grabkapelle in der Chorachse begann. Das Retabel war spätestens im Juli 1435 fertiggestellt.[5] Zu diesem Zeitpunkt fand ein Friedenskongress in Arras statt und der Abt ließ die Teilnehmer das jüngst fertiggestellte Retabel bewundern.[6] Das Bildprogramm kann folgendermaßen rekonstruiert werden: Der Mittelschrein des Altares zeigte in Alabaster gefertigt die Marienkrönung, gerahmt von Statuen der zwölf Apostel, die der Abt allesamt 1432 bei einem reisenden Händler hatte erwerben lassen.[7] Der Schrein besaß zwei Flügel auf beiden Seiten des Mittelschreines, für den 1433 der Bildschnitzer Collard de Hordain angeworben wurde. „Die Flügel zeigten auf den Innenseiten goldene Lilien auf azurblauem Grund. Wurde der Altar geschlossen, dann bildeten die Außenseiten der Flügel mit den Gemälden von Daret ein Programm, das ganz im Zeichen der Gottesmutter stand.“[8]

1435/36 malte Jacques Daret eine Tafel der vorangegangenen Äbte.[9] 1441 fertigte er in Tempera auf Tuch einen Entwurf für eine Tapisserie mit der Auferstehung Christi, den der Abt in seinen Gemächern aufhängen ließ, und 1452 ist Daret mit einer weiteren Retabelarbeit archivalisch in Arras belegt: Diesmal malte er Szenen über den Heiligen Geist und die Propheten; die Steinskulpturen im Schrein des Bildhauers Martin Thoulet aus Douai wurden durch Daret gefasst.[10] Von spätestens 1446 und bis 1457 besaß Jacques Daret ein Haus in Arras.[11]

Jacques Daret arbeitete beim Hoftag Philipp des Guten 1454 in Lille und der Hochzeit von Karl dem Kühnen mit Margarete von York in Brügge 1468, hier zusammen mit Vrancke van der Stockt, an der Festdekoration mit. Danach ist sein Name nicht mehr dokumentiert.

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Außenflügel eines Retabels für die Abtei Saint-Vaast in Arras (um 1434/35; Öl auf Eiche):[12]
    • Anbetung der Heiligen Drei Könige (59,4 × 54,8 cm; Gemäldegalerie Berlin Inv. Nr. 527)[13]
    • Heimsuchung Mariens mit dem Stifter Jean de Clercq (59,4 × 54,8 cm; Gemäldegalerie Berlin Inv. Nr. 542)[14]
    • Geburt Christi (59,5 × 53 cm; Museo Thyssen-Bornemisza Madrid Inv. Nr. 124 [=1935.17])[15]
    • Darstellung im Tempel (57 × 52,2 cm; Musée du Petit Palais Paris Inv. Nr. P. Tuck 2)[16]

Mögliche Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Maria mit dem Kind in einem Innenraum (vor 1432; Öl auf Eiche; 18,7 × 11,6 cm; The National Gallery London Inv. Nr. NG6514)[17]
  • Bildnis eines Mannes mit rotem Chaperon (nach 1438; Öl auf Eiche; 37 × 30 cm; Gemäldegalerie Berlin Inv. Nr. 537)[18]

Literatur (chronologisch)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hippolyte Fierens-Gevaert: Les Frères van Eyck, Roger van der Weyden, le Maître de Flémalle (Jacques Daret?), Thierry Bouts et ses fils, Petrus Christus (= Les Primitifs Flamands). Brüssel 1908.
  • Maurice Houtart: Jacques Daret. Peintre Tournaisien du XVe Siècle. Tournai 1907.
  • Georges Hulin de Loo: An Authentic Work by Jacques Daret, Painted in 1434. In: The Burlington Magazine 15 (1909), S. 202–208.
  • Georges Hulin de Loo: Jacques Daret's „Nativity of Our Lord“. In: The Burlington Magazine 19 (1911), S. 218–225.
  • Sylvie Soria-Leluc: Jacques Daret. Un Peintre du XVème Siècle. Paris 1987.
  • Fabienne Joubert: Jacques Daret et Nicolas Froment. Cartonniers de Tapisseries. In: Revue de l’Art 88 (1990), S. 39–47.
  • Nancy F. Zinn: Jacques Daret. Beyond the Arras Altarpiece. Columbus 1997.
  • Annick Notter (Hrsg.): Fragments d’une Splendeur. Arras à la Fin du Moyen Âge. Ausstellungskatalog Musée des Beaux-Arts. Arras 2002.
  • Felix Thürlemann: Robert Campin. Monografie und Werkkatalog. Prestel Verlag, München 2002, ISBN 3-7913-2807-7.
  • Barbara Welzel: Vor den Bildern und in den Bildern. Die Gemälde von Jacques Daret in Arras 1435. In: Frank Büttner, Gabriele Wimböck (Hrsg.): Das Bild als Autorität. Die normierende Kraft des Bildes. München 2002, S. 103–128.
  • Stephan Kemperdick: Robert Campin, Jacques Daret, Rogier van der Weyden. Die schriftliche Überlieferung. In: Stephan Kemperdick, Jochen Sander (Hrsg.): Der Meister von Flémalle und Rogier van der Weyden. Ausstellungskatalog Städel Museum und Gemäldegalerie Berlin. Ostfildern 2008, S. 52–73.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Jacques Daret – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Vgl. Kemperdick 2008, S. 59.
  2. Vgl. Houtart 1907, S. 29. – Das Quellenzitat bei Kemperdick 2008, S. 59.
  3. Vgl. Kemperdick 2008, S. 58.
  4. Vgl. Kemperdick 2008, S. 59.
  5. a b La Présentation au Temple. Les Musées de la Ville de Paris, abgerufen am 28. Februar 2024 (französisch).
  6. Vgl. Antoine de la Taverne: Journal de la Paix d’Arras 1435. Hrsg. v. André Bossuat. Arras 1936, S. 15 f.
  7. Zu den Statuen und den Stoffbehängen, vier Messingsäulen und Kerzenleuchtern, die allesamt für den Altar angeschafft wurden, vgl. Henri Loriquet: Journal des Travaux d’Art executes dans l’Abbaye de St-Vaast par l’Abbé Jean du Clercq (1429–1461). In: Mémoires de la Commission Départementale des Monuments Historiques du Pas-de-Calais 1 (1889), S. 57–92.
  8. Die Heimsuchung Mariens. In: Sammlungen Online. Staatliche Museen zu Berlin, abgerufen am 28. Februar 2024.
  9. Vgl. Kemperdick 2008, S. 59 f.
  10. Vgl. Kemperdick 2008, S. 60.
  11. Vgl. Kemperdick 2008, S. 60.
  12. Vgl. Stephan Kemperdick, Jochen Sander (Hrsg.): Der Meister von Flémalle und Rogier van der Weyden. Ausstellungskatalog Städel Museum und Gemäldegalerie Berlin. Ostfildern 2008, S. 246–257, Kat. Nr. 13 (Stephan Kemperdick, Babette Hartwieg).
  13. Die Anbetung der Könige. In: Sammlungen Online. Staatliche Museen zu Berlin, abgerufen am 28. Februar 2024.
  14. Die Heimsuchung Mariens. In: Sammlungen Online. Staatliche Museen zu Berlin, abgerufen am 28. Februar 2024.
  15. The Nativity. Museo Nacional Thyssen-Bornemisza, abgerufen am 28. Februar 2024 (englisch).
  16. La Présentation au Temple. Les Musées de la Ville de Paris, abgerufen am 28. Februar 2024 (französisch).
  17. The Virgin and Child in an Interior. The National Gallery London, abgerufen am 28. Februar 2024 (englisch).
  18. Vgl. Stephan Kemperdick, Jochen Sander (Hrsg.): Der Meister von Flémalle und Rogier van der Weyden. Ausstellungskatalog Städel Museum und Gemäldegalerie Berlin. Ostfildern 2008, S. 262–264, Kat. Nr. 15 (Stephan Kemperdick).