Johann Barthold Jobstharde

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Johann Barthold Jobstharde (* 17. Juli 1797 in Unterwüsten[1]; † 5. Juni 1858 ebenda) war ein Bauer und eine der bedeutenden und führenden Persönlichkeiten[2] der ravensberg-lippischen Erweckungsbewegung.

Er hatte sich als theologischer Laie ein umfangreiches Bibelwissen angeeignet.[3] Über Jahrzehnte hielt er in seinem Haus sonntags Erbauungsstunden[4] und stellte seinen Hof für Missions-, Jünglings- und Erntedankfeste zur Verfügung.[5] Die Erbauungsstunden hatten eine große Auswirkung auf die Gestaltung des christlichen Lebens in seinem Dorf Wüsten und der weiteren Umgebung.[6] Als treuer, gottesfürchtiger, bäuerlicher Hausvater wurde er vielen zum Vorbild[7]. Sein seelsorgerlicher und geistlicher Rat war von vielen seiner Besucher gefragt.[8]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kindheit und Jugend[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jobstharde war das sechste von elf Kindern seiner Eltern Johann Dietrich Schemmel[9] (* 29. Januar 1758, † 11. Juni 1842) und Anna Sophie Elisabeth Jobst Harde (* 17. August 1765; † 6. Dezember 1842). Sein Vater hatte auf den Hof Harde, Unterwüsten Nr. 13, in Pehlen eingeheiratet und den Namen Jobstharde angenommen.

Johann Barthold Jobstharde bekam eine gute Schulausbildung bei dem Küster Friedrich Adolph Knöner und Konfirmandenunterricht bei Pastor Friedrich Konrad Krüger, der die Erweckungsbewegung in Wüsten vorbereitete.[10] Mit etwa 20 Jahren erfuhr Jobstharde eine Buße und Bekehrung, die durch das Buch „Wahres Christentum“ von Johann Arndt angestoßen wurde.[11] Er suchte nun den Kontakt zu einigen älteren entschiedenen Christen und pilgerte mit ihnen sonntags im Sommer weite Wege zu den Predigern der Erweckungsbewegung.[12]

Erwachsenenalter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 25. November 1827 heiratete Jobstharde Luise Wilhelmine Bonnemeier (* 11. Juli 1799; † 7. September 1872) von einem Hof in der Nähe Vlothos. Aus der Ehe gingen acht Kinder hervor: Johann Dietrich August (* 1828), Anna Marie Wilhelmine (* 1829), Caroline Louise (* 1831), Louise Wilhelmine (* 1833), Simon Carl (* 1835), Johann Christoph Simon (* 1836), Florentine Wilhelmine Henriette (* 1839) sowie Louise Wilhelmine Charlotte (* 1841).[13]

Die ersten 15 Jahre seiner Ehe verwaltete noch sein Vater das Colonat, so dass Jobstharde mehr Zeit für die geistige Arbeit hatte. Im Winter versammelten sich viele bei Jobstharde, wo man Erbauungsschriften las und aus älteren Gesangbüchern sang. Er ließ ein neues Meierhaus erbauen, das heute noch mit seinen Inschriften erhalten ist. Er legte in seiner Arbeit und auf seinem Hof großen Wert auf präzise Ordnung und große Pünktlichkeit[14] und lebte in bäuerlicher Einfachheit mit seinen Hausgenossen einen von Gebetszeiten geprägten Tagesablauf.[15]

Bekannt war Jobstharde für seine Hilfsbereitschaft gegenüber Armen und Witwen.[16] Durch die Ravensberger Missionsfeste bekam er Kontakt zu vielen geistlich begabten Laien, Predigern und Missionaren[17], die ihn auch besuchten und deren Arbeit er unterstützte. Durch alljährliche Kuraufenthalte in Bad Pyrmont bekam er Kontakt zu hochgestellten Persönlichkeiten, die ihn zu sich einluden.[18] Theologiestudenten, zum Beispiel aus Berlin suchten den Kontakt zu Jobstharde.[19]

Er gehörte zu den Gründern des Kinderheims Grünau[20] bei Schötmar und auch der Kirchengemeinde Bergkirchen[21] bei Salzuflen. Manchmal vertrat er den Pfarrer Gustav Meyer der Wüstener Kirchengemeinde bei Beerdigungen.[22] Konfessionellen Streitfragen ging er aus dem Weg.[23]

Jobsthardes Grabstein auf dem Wüstener Friedhof
Jobsthardes Grabstein auf dem Wüstener Friedhof
Jobsthardes Grabstein auf dem Wüstener Friedhof

Jobstharde starb am 5. Juni 1858 und wurde auf dem Friedhof bei der Wüstener Kirche bestattet. Die Inschriften auf seinem Grabstein lauten:

Hier ruhet
in Gott
Johann Barthold
Jobstharde
geb. am 17. Juli 1797
gest. am 5. Juni 1858
Leichentext Ps. 92, 13.16

Dabei wird
jedermann erkennen,
daß ihr meine
Jünger seid,
so ihr Liebe
untereinander habt.
Joh. 13,25.

Lasset uns aber
Gutes thun
und
nicht müde werden,
denn
zu seiner Zeit
werden wir auch ernten
ohne Aufzuhören.
Gal 6,9.

Wer überwindet
der soll
mit weißen Kleidern
angelegt werden,
und Ich werde
seinen Namen
nicht austilgen
aus dem Buche des Lebens.
Offenb. 3,5.

Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Wüsten ist Jobstharde zu Ehren die Verbindungsstraße zwischen der Kirchheider- und der Vlothoer Straße nach ihm benannt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Heinrich Budde: Jobstharde, der Tersteegen Ravensbergs. In: Wilhelm Heienbrok (Hrsg.): Zeugen und Zeugnisse aus Minden-Ravensberg. Band 1. Bielefeld 1990, ISBN 3-501-00966-6, S. 289 ff.
  • Roland Linde und Heinrich Stiewe: Wüsten – Die Kirche und ihr Kirchspiel. Band 47. Lippische Kulturlandschaften im Lippischen Heimatbund, Detmold 2021, ISBN 978-3-941726-78-9, S. 22 ff.
  • Werner Lohmeyer: Die Erweckungsbewegung in Lippe im 19. Jahrhundert. Detmold 1931, S. 48–53.
  • Gustav Meyer: Erinnerungen aus dem Leben und Sterben des seligen Vaters Jobstharde in Wüsten. In: Wilhelm Neuser (Hrsg.): Jobstharde, der Vater des christlichen Lebens im Lipperlande. Wuppertal-Elberfeld 1956, S. 33–139.
  • Horst Naber: Zeugen und Zeugnisse aus Lippe. Lage 1984, S. 64 ff.
  • Wilhelm Neuser: Aus der Geschichte der Erweckungsbewegung in Lippe. In: Wilhelm Neuser (Hrsg.): Jobstharde, der Vater des christlichen Lebens im Lipperlande. Wuppertal-Elberfeld 1956.
  • Jürgen Scheffler: Erweckungsbewegung und Revolution. Religion und politische Öffentlichkeit in Lemgo 1948/1849. In: Josef Mooser, Regine Krull, Bernd Hey, Roland Gießelmann (Hrsg.): Frommes Volk und Patrioten, Erweckungsbewegung und soziale Frage im östlichen Westfalen 1800 bis 1900. Bielefeld 1989, ISBN 3-927085-13-8, S. 340–367.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Johann Barthold Jobstharde – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hof Jobstharde (heute Niederlag) – Unterwüsten Nr. 13 bei www.woiste.de; abgerufen am 6. April 2021.
  2. Wilhelm Neuser: Aus der Geschichte der Erweckungsbewegung in Lippe, S. 31.
  3. Wilhelm Neuser: Aus der Geschichte der Erweckungsbewegung in Lippe, S. 14.
  4. Heinrich Budde, Jobstharde, S. 292
  5. Heinrich Budde: Jobstharde, S. 296
  6. Jürgen Scheffler, Erweckungsbewegung und Revolution, S. 345
  7. Erwin Schubert: Kirchen- und Schulchronik der Gemeinde Wüsten, hrsg. von Evgl. Kirchengemeinde Wüsten, 2. Ausgabe 1994, S. 38
  8. Horst Naber, Zeugen und Zeugnisse aus Lippe, S. 66
  9. Wüsten, Menschen und Geschichte
  10. Gustav Meyer, Erinnerungen, S. 35.
  11. Gustav Meyer, Erinnerungen, S. 37
  12. Gustav Meyer, Erinnerungen, S. 38
  13. Genealogie der Familie Jobstharde bei www.woiste.de
  14. Gustav Meyer, Erinnerungen, S. 41
  15. Heinrich Budde, Jobstharde, S. 297
  16. Gustav Meyer, Erinnerungen, S. 44
  17. Gustav Meyer, Erinnerungen, S. 49
  18. Werner Lohmeyer, Die Erweckungsbewegung, S. 52
  19. Werner Lohmeyer, Die Erweckungsbewegung, S. 53
  20. Gustav Meyer, Erinnerungen, S. 49
  21. Erwin Schubert: Kirchen- und Schulchronik der Gemeinde Wüsten, hrsg. von Evgl. Kirchengemeinde Wüsten, 2. Ausgabe 1994, S. 39.
  22. Gustav Meyer, Erinnerungen, S. 50
  23. Heinrich Budde, Jobstharde, S. 297