Johann Richter (Astronom)

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Johann Richter alias Johannes Praetorius
Torquetum von Johannes Praetorius 1568

Johann Richter, latinisiert Johannes Praetorius (* 1537 in Sankt Joachimsthal; † 27. Oktober 1616 in Altdorf bei Nürnberg), war ein deutscher Mathematiker, Instrumentenbauer und Astronom.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Über sein frühes Leben ist nichts bekannt, ab 1557 studierte er an der Universität Wittenberg und absolvierte ein Studium der freien Künste (dazu gehörten Rhetorik, Grammatik, Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie und Logik) ab. Von 1562 bis 1569 lebte er in Nürnberg. Dort entwarf er eine Reihe astronomischer und mathematischer Instrumente, die heute im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg aufbewahrt werden. Die Erfindung des Messtisches (Mensula oder Tabula Praetoriana) als Hilfsmittel zur zeichnerischen Lösung von Vermessungsaufgaben wird ihm zugeschrieben, gesichert ist sie allerdings nicht.

Nach Richters Angaben wurden auch, ebenfalls in Nürnberg aufbewahrte, (von Wenzel Jamnitzer gegossene und von dem Goldschmied Horninck vergoldete und gravierte) Globen (1566) angefertigt. Von 1562 bis 1571 soll Richter vor allem für den Nürnberger Stadtarzt und Astronomen Melchior Ayrer Globen und andere astrononomische Geräte hergestellte haben, die vermutlich in der Kunstkammer Ayrers ausgestellt worden waren.[1]

Nach Aufenthalten in Prag und Wien (1569) und Krakau (1570), wo er den ungarischen Humanisten Andreas Dudith bei seinen mathematischen Studien unterstützte,[2] folgte er 1571 einem Ruf der Universität Wittenberg und wurde als Professor für höhere Mathematik (Astronomie) an die Universität Wittenberg berufen. Er erwarb sich hier am 4. März 1572 den akademischen Grad eines Magisters der philosophischen Wissenschaften und wurde am 7. März 1572 in den Senat der philosophischen Fakultät aufgenommen. Während dieser Zeit machte er Valentinus Otho auf die trigonometrischen Arbeiten des Joachim Rheticus aufmerksam und publizierte seine Beobachtungen des im Sternbild Kassiopeia sichtbaren Kometen (De cometis).

Aus politischen Gründen musste er 1575 den Lehrstuhl räumen, erhielt aber über seinen Bruder Paul Praetorius im Wintersemester 1576/77 die erste Mathematikprofessur an der neugegründeten Akademie Altdorf. In Altdorf lebte und wirkte er bis zu seinem Tod im Jahr 1616. Sein Schüler Petrus Saxonius wurde Nachfolger auf seinem Lehrstuhl. Mit der Erhebung der Altdorfer Akademie zur Universität, wurde sein Lehrstuhl in einen für Höhere Mathematik, den Saxonius erhielt, und in einen für Niedere Mathematik, den mit Johann Caspar Odontius ein weiterer seiner Schüler erhielt, aufgeteilt.

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • De cometis, qui antea visi sunt, et de eo, qui novissime mense novembri apparuit, narratio. Nürnberg: Gerlach & Montanus 1578
  • Problema, quod iubet ex qvatvor rectis lineis datis qvadrilaterum fieri, quod sit in circulo, aliquot modis explicatum. Nürnberg: Valentin Fuhrmann 1598

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Prätorius (Johann). In: Johann Heinrich Zedler: Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste. Band 29, Leipzig 1741, Blatt 86.
  • Gerhard Bott (Hrsg.): Focus Behaim Globus. 2 Bde. Verlag des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg 1992
  • Johann Gabriel Doppelmayr: Historische Nachricht von den Nürnbergischen Mathematicis und Künstlern. Peter Conrad Monath, Nürnberg 1730, S. 83–92
  • Siegmund Günther: Praetorius, Johannes. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 26, Duncker & Humblot, Leipzig 1888, S. 519 f.
  • Felix Schmeidler: Praetorius, Johannes. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 20, Duncker & Humblot, Berlin 2001, ISBN 3-428-00201-6, S. 667 (Digitalisat).
  • Klaus Matthäus: Zur Geschichte des Nürnberger Kalenderwesens. Buchhändler-Vereinigung, Frankfurt a. M. 1969, Sp. 1044–1047
  • Uwe Müller (Hrsg.): 450 Jahre Copernicus „De revolutionibus“. Astronomische und mathematische Bücher aus Schweinfurter Bibliotheken. Stadtarchiv, Schweinfurt 1993
  • Zofia Wardeska: Die Universität Altdorf als Zentrum der Copernicus-Rezeption um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert. Sudhoffs Archiv 61/2, 1977, S. 156–164
  • Georg Andreas Will: Nürnbergisches Gelehrtenlexikon Bd. 3. Lorenz Schüpfel, Nürnberg 1757, S. 225–231
  • Helmar Junghans: Verzeichnis der Rektoren, Prorektoren, Dekane, Professoren und Schloßkirchenprediger der Leucorea vom Sommersemester 1536 bis zum Wintersemester 1574/75. In: Irene Dingel, Günther Wartenberg: Georg Major (1502–1574) – Ein Theologe der Wittenberger Reformation. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2005, ISBN 3-374-02332-0
  • Rudolf Wolkan: Böhmens Antheil an der deutschen Litteratur des XVI. Jahrhunderts. K.u.K. Hofbuchdruckerei A. Haase, Prag 1894, Teil 3, S. 169
  • Marion Gindhart und Alexander Hubert: Artikel Mathematische Wissenschaften (CamLex), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/Mathematische_Wissenschaften_(CamLex), Abschnitt "Camerarius als Förderer von Mathematikern".

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Johannes Praetorius – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Doris Wolfangel: Dr. Melchior Ayrer (1520–1579). Medizinische Dissertation Würzburg 1957, S. 32 f.
  2. Marion Gindhart und Alexander Hubert: Artikel Mathematische Wissenschaften (CamLex), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/Mathematische_Wissenschaften_(CamLex), Abschnitt "Camerarius als Förderer von Mathematikern".