Josephine zu Leiningen-Westerburg

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Gräfin Margaretha Josephine zu Leiningen-Westerburg-Neuleiningen (* 8. April 1835 in Bamberg; † 5. November 1917 in Kassel; geborene Margaretha Josephine Spruner von Mertz) war eine deutsche Schriftstellerin.

Herkunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Josephine zu Leiningen-Westerburg stammte aus der bayerischen Adelsfamilie Spruner von Mertz. Sie hatte einen älteren Bruder Julius, der bereits vor ihrer Geburt im Alter von zwei Jahren starb, und zwei jüngere Brüder, Franz Ludwig und Maximilian. Ihre Mutter Anna war eine Tochter des französischen Emigranten Anatole François de Riboudet, eines ehemaligen Offiziers der Garde noble Frankreichs, der sich als Kaufmann in Bamberg niedergelassen hatte. Ihr Vater, General Karl Spruner von Mertz, hatte sich als Geograph und Historiker einen Namen gemacht.

Ehe und Nachkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sie heiratete 1855 im Alter von 20 Jahren in Forchheim den Grafen und Offizier Thomas zu Leiningen-Westerburg-Neuleiningen aus dem Adelsgeschlecht Leiningen. Im darauffolgenden Jahr wurde ihr erster Sohn, der Heraldiker Karl Emich zu Leiningen-Westerburg-Neuleiningen, geboren.[1] Ein zweiter Sohn, der 1857 geborene Emich Karl Franz, starb zwei Wochen nach seiner Geburt.[2]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erste Gedichte veröffentlichte Josephine zu Leiningen-Westerburg in den Jugendbüchern von Isabella Braun und in Jakob Schreyers Poetischer Blumenlese aus der Pfalz.[3] Erst nach dem Tod ihres Mannes 1887 machte sie sich an die systematische Sammlung und Herausgabe ihrer Lyrik. Der erste Band ihrer Dichtungen erschien 1897.[4] Eine zugehörige Rezension in den Münchner Neuesten Nachrichten hob die Frische, die Gefühlstiefe und das erzählerische Talent der Autorin hervor und konstatierte: „Der Grundzug der originellen Dichternatur, die sich hier so unbefangen und herzlich ausspricht, ist ein sinniger Ernst, doch in glücklicher Harmonie mit schalkhaftem Humor verbunden“.[5] Ihre Stoffe fand Leiningen-Westerburg unter anderem in der Pfalz, der Hartenburg und Limburg an der Haardt.[2] Sie schrieb auch über jüdische Themen. So druckte der Verein zur Abwehr des Antisemitismus 1897 in seiner Vereinszeitschrift ihr Gedicht Aus der Jugendzeit über einen jüdischen Buchhändler ab[6] und in Theodor Herzls zionistischer Zeitung Die Welt erschien 1898 ihr Gedicht Das Kaddisch-Gebet.[7] Manche ihrer Texte verfasste sie in bairischen Dialekten.[5] Der Komponist Johann Lewalter vertonte um 1900 ihr in oberbairischer Mundart geschriebenes Gedicht D’ schönst’ Musi für eine Singstimme mit Klavierbegleitung.[8]

Josephine zu Leiningen-Westerburg lebte zuletzt lange Zeit in Kassel.[4] Sie war mit Oskar Eisenmann, dem Direktor der Kasseler Gemäldegalerie, befreundet.[9] Das Hoftheater Kassel brachte am 5. März 1902 ihr fünfaktiges Schauspiel Die Kaiserin zur Uraufführung.[10] Die Heldin des Stücks ist die oströmische Kaiserin Theodora I. Der Aufführung war großer Beifall beschieden.[11] In den 1914 unter dem Titel Allerlei aus Altmünchen veröffentlichten Erinnerungen der Schriftstellerin finden sich in ihrer Familie überlieferte Anekdoten zu Mitgliedern des bayerischen Königshauses wie Ludwig I., Maximilian II. und Marie von Preußen.[12] Josephine zu Leiningen-Westerburg starb drei Jahre später im Alter von 82 Jahren.[1]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Dichtungen. Band 1. Fischer, Kassel 1897.
  • Dichtungen. Band 2. Fischer, Kassel 1899.
  • Erlebtes und fabuliertes. Band 1. Keßler, Kassel 1900.
  • Die Kaiserin. Schauspiel in 5 Akten. Kempf, Kassel 1901.
  • Dichtungen. Band 3. Fischer, Kassel 1902.
  • Erlebtes und fabuliertes. Band 2. Keßler, Kassel 1903.
  • Was mir die Sonne erzählte und anderes. Kempf, Kassel 1905.
  • Mittelalters Ende. Historische Novelle. Kempf, Kassel 1907.
  • Erlebtes und fabuliertes. Band 3. Keßler, Kassel 1908.
  • Allerlei aus Altmünchen. Erinnerungen. In: Velhagen & Klasings Monatshefte. Nr. 4, 1914, S. 545–551.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Franz Brümmer: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Sechste völlig neu bearbeitete und stark vermehrte Auflage. Vierter Band. Kleimon bis Minnich. Philipp Reclam jun., Leipzig 1913, Eintrag Leiningen-Westerburg, Josephine Gräfin zu, S. 220 (deutschestextarchiv.de).
  • Sophie Pataky: Lexikon deutscher Frauen der Feder. Eine Zusammenstellung der seit dem Jahre 1840 erschienenen Werke weiblicher Autoren nebst Biographieen der lebenden und einem Verzeichnis der Pseudonyme. I. Band: A–L. Carl Pataky, Berlin 1898, Eintrag Leiningen-Westerburg, Gräfin Josephine, S. 489–490 (deutschestextarchiv.de).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Feodor Spruner von Mertz: Die altbayerische Familie Spruner von Mertz. Stoffsammlung als Grundlage für eine Weiterarbeit späterer Familienforschung. Traunstein 1936, S. 33 und 49.
  2. a b Eduard Brinckmeier: Genealogische Geschichte des uradeligen, reichsgräflichen und reichsfürstlichen, standesherrlichen, erlauchten Hauses Leiningen und Leiningen-Westerburg. Umgearbeitet und vermehrt von Karl Emich, Graf zu Leiningen-Westerburg, Rittmeister a. D. Mit einem Anhang aus gleicher Feder. Zweiter Band. Richard Sattler, Braunschweig 1891, S. 359 und 364.
  3. Sophie Pataky: Lexikon deutscher Frauen der Feder. Eine Zusammenstellung der seit dem Jahre 1840 erschienenen Werke weiblicher Autoren nebst Biographieen der lebenden und einem Verzeichnis der Pseudonyme. I. Band: A–L. Carl Pataky, Berlin 1898, Eintrag Leiningen-Westerburg, Gräfin Josephine, S. 489–490 (deutschestextarchiv.de [abgerufen am 11. Dezember 2023]).
  4. a b Franz Brümmer: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Sechste völlig neu bearbeitete und stark vermehrte Auflage. Vierter Band. Kleimon bis Minnich. Philipp Reclam jun., Leipzig 1913, Eintrag Leiningen-Westerburg, Josephine Gräfin zu, S. 220 (deutschestextarchiv.de [abgerufen am 11. Dezember 2023]).
  5. a b A. J. Mordtmann: Weihnachts-Bücherschau. In: Münchner Neueste Nachrichten. 20. Dezember 1896, S. 6 (digitale-sammlungen.de [abgerufen am 11. Dezember 2023]).
  6. Aus der Jugendzeit. In: Mittheilungen aus dem Verein zur Abwehr des Antisemitismus. 30. Januar 1897, S. 39 (digitale-sammlungen.de [abgerufen am 11. Dezember 2023]).
  7. Norbert Bachleitner: Zionistische Propaganda durch literarische Fiktion. Die Belletristik in Theodor Herzls Zeitschrift Die Welt (im Vergleich mit Dr. Blochs Österreichischer Wochenschrift). Hrsg.: Christine Haug, Franziska Mayer, Madleen Podewski (= Conditio Judaica. Studien und Quellen zur deutsch-jüdischen Literatur- und Kulturgeschichte. Nr. 76). Max Niemeyer, Tübingen 2009, ISBN 978-3-484-65176-0, S. 76.
  8. Johann Lewalter: D’ schönst’ Musi. Op. 37. Partitur. Ries & Erler, Berlin 1900.
  9. Oskar Eisenmann. In: Münchner Neueste Nachrichten. Handels- und Industrie-Zeitung, Alpine und Sport-Zeitung, Theater- und Kunst-Chronik. Morgenblatt. 13. Januar 1922, S. 2 (digitale-sammlungen.de [abgerufen am 11. Dezember 2023]).
  10. Neuer Theater-Almanach. Theatergeschichtliches Jahr- und Adressen-Buch. Vierzehnter Jahrgang. F. U. Günther & Sohn, Berlin 1903, S. 81 (sammlungen.ulb.uni-muenster.de [abgerufen am 11. Dezember 2023]).
  11. Bühne. In: Über Land und Meer. Deutsche Illustrierte Zeitung. Nr. 26, 1902, S. 488 (archive.org [abgerufen am 11. Dezember 2023]).
  12. Erinnerungen an König Ludwig I. von Bayern. In: Münchner Neueste Nachrichten und Handels-Zeitung, Alpine und Sport-Zeitung, Theater- und Kunst-Chronikt. 29. November 1913, S. 1–2 (digitale-sammlungen.de [abgerufen am 11. Dezember 2023]).