Jul (Comicautor)

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Jul auf dem Festival International de la Bande Dessinée d’Angoulême, 2013

Jul, bürgerlicher Name Julien Lucien Berjeaut (geboren am 11. April 1974 in Maisons-Alfort, Département Val-de-Marne)[1], ist ein französischer Comicautor, Cartoonist und Schriftsteller.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schule und Studium[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Julien Berjeaut wuchs als Sohn eines gewerkschaftsnahen und linksorientierten Lehrerpaars in Champigny-sur-Marne auf.[2] Seine Schulzeit verbrachte er bis zum 14. Lebensjahr auf einer reformpädagogisch ausgerichteten Ovide-Decroly-Schule.[2] Seit seinem zehnten Lebensjahr übte er sich an Illustrationen von Nachrichtenereignissen.[3] Mit zwölf Jahren gewann Julien den dritten Preis im Jugendwettbewerb des Festival International de la Bande Dessinée d’Angoulême.[4]

Er setzte seine Schulausbildung bis 1995 an der École Alsacienne fort, einer angesehenen Privatschule im 6. Arrondissement von Paris.[2] Anschließend absolvierte er an der École Normale Supérieure de Fontenay-Saint-Cloud ein Lehramtsstudium mit dem Ziel der Agrégation für das höhere Lehramt im Fach Geschichte, das er 1998 erreichte.[1] Nach seinem Studium lehrte er für ein Semester chinesische Geschichte, bis ihm bewusst wurde, dass das Zeichnen für ihn wichtiger war.[5]

Cartoonist[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jul veröffentlichte seine ersten Cartoons in der kleinen Tageszeitung La Nouvelle République des Pyrénées, die im Département Hautes-Pyrénées erscheint.[6] Im Jahr 2001 erhielt er ein Stipendium des französischen Stiftungsverbandes Fondation de France für ein Projekt, in dem er Cartoons und Sinologie zusammenbrachte.[7]

Er arbeitet für das wöchentlich erscheinende Nachrichtenmagazin Le Point, die Literatur-Zeitschrift Lire, die kommunistische Tageszeitung L'Humanité, und er liefert monatlich zwei Seiten Comics an das Philosophie Magazine, die französische Partner-Zeitschrift des deutschen Philosophie Magazins. Gelegentlich arbeitete er für die Comic-Magazine L’Écho des Savanes und Fluide Glacial, für die Satire-Zeitschrift Charlie Hebdo[8], die Nachrichtenmagazine Le Nouvel Observateur und Marianne, und für weitere Magazine. Daneben hat er Beiträge für verschiedene Tageszeitungen wie Les Échos, La Dépêche du Midi, Libération und Le Monde geliefert.

Im Fernsehen wirkte Jul als Zeichner an Late-Night-Shows der Fernsehsender France 3, Canal+ und France 2 mit, von September 2008 bis Juni 2012 arbeitete er für ein wöchentliches Literaturmagazin des Bildungskanals France 5. Eine Auswahl von 400 Cartoons, die in Zusammenarbeit mit France 5 entstanden waren, wurde im Jahr 2013 von den Éditions Delcourt verlegt. Jul ist einer der Zeichner für die werktäglich von ARTE im Abendprogramm des französischen Sendegebiets ausgestrahlte Talkshow 28 minutes.

Comicautor[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als angesehener Cartoonist wurde Jul 2005 mit seinem satirischen Comic-Album Il faut tuer José Bové (deutsch: José Bové muss getötet werden) dankbar in der Comic-Szene aufgenommen. Dieser Band, in dem er die Globalisierungsgegner verspottet, wurde ein großer Erfolg bei Kritikern und beim Publikum. Seither veröffentlicht Jul parallel zu seiner Arbeit für Zeitungen und Zeitschriften weitere Comic-Alben.

Juls seit 2009 bei Dargaud herausgegebene Comicserie Silex and the City wird als Zeichentrick-Adaption seit September 2012 mit etwa dreiminütigen Folgen im Abendprogramm des deutsch-französischen Kultursenders ARTE ausgestrahlt. Mit 1,3 Millionen Zuschauern war Silex and the City im Jahr 2013 die Animationssendung mit den meisten Zuschauern in Frankreich.

Im November 2016 erschien in Frankreich im Rahmen der Comicserie Lucky Luke der erstmals von Jul getextete, aber auf einen Entwurf des im Jahr 2001 verstorbenen Morris zurückgehende Band La Terre Promise. Mit dieser Veröffentlichung, in einer Auflage von 500.000 Exemplaren, markierte der Verlag den „70. Geburtstag“ der 1946 von Morris geschaffenen Comicfigur. In Deutschland erschien der Band im Frühjahr 2017 unter dem Titel Das gelobte Land. Die Veröffentlichung erfuhr eine für ein Comic-Album sehr umfangreiche Rezeption in den Medien, die häufig auf die ungewöhnliche Handlung – Lucky Luke unterstützt eine nach Amerika eingewanderte Familie aschkenasischer Juden – Bezug nahm. Für das 2018 neu gezeichnete Album Ein Cowboy in Paris übernahm Jul gänzlich die Rolle als Texter.

Preise und Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 2007 wurde Jul der Prix René Goscinny für sein Album Le Guide du moutard pour survivre à 9 mois de grossesse (deutsch in etwa: „Anleitung für Bälger, um 9 Monate Schwangerschaft zu überleben“) verliehen, dessen Titel sich an die in Frankreich populäre Reiseführer-Serie Guide du routard anlehnt. Im September 2012 wurde Jul zum Chevalier des Arts et Lettres[9] und im September 2016 zum Officier des Arts et Lettres[10] ernannt. Seit März 2017 ist er Chevalier de l’Ordre national du Mérite (Ritter des nationalen Verdienstordens Frankreichs).[11]

Bibliographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Comic-Alben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Avant notre ère, 2009, ISBN 978-2-205-06138-3
  2. Réduction du temps de trouvaille, 2010, ISBN 978-2-205-06451-3
  3. Le Néolithique, c'est pas automatique, 2012, ISBN 978-2-205-06816-0
  4. Autorisation de découverte, 2013, ISBN 978-2-205-07130-6
  5. Vigiprimate, 2014, ISBN 978-2-205-07278-5
  6. Merci pour ce Mammouth, 2015, ISBN 978-2-205-07396-6
  7. Poulpe fiction, 2016, ISBN 978-2-205-07560-1

Als Mitglied eines Autorenkollektivs:

Cartoons[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Da Vinci Digicode, Éditions Danger Public, 2006, ISBN 2-351-23105-8
  • als Mitglied eines Autorenkollektivs: Bonne fête Nicolas!, Vent des Savanes, ISBN 978-2-356-26014-7
  • Conte de fées à l'Élysée, Éditions Albin Michel, in der Serie Vent des savanes, 2008, ISBN 978-2-35626-080-2
  • als Mitglied eines Autorenkollektivs: der Sammelband Liberté, in der Serie Liberté – Égalité – Fraternité, Charlie Hebdo – Éditions Les Échappés, 2008, ISBN 978-2-357-66001-4
  • als Mitglied eines Autorenkollektivs: der Sammelband Les brèves de Charlie Hebdo, Charlie Hebdo – Éditions Les Échappés, 2008, ISBN 978-2-357-66005-2
  • La Terre vue du fiel, Dargaud, 2011, ISBN 978-2-205-06827-6
  • Le Président de vos rêves, Dargaud, 2012, ISBN 978-2-205-06949-5

Kinderbücher[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Debout les terriens! Protégeons la planète, Text von Gwenaëlle Aznar, Editions Albin Michel, in der Serie Les petits débrouillards, 2004, ISBN 978-2-226-14072-2
  • L'Herbier impitoyable, Charlie Hebdo - Editions Les Échappés, in der Serie Charlie Hebdo Junior, 2008, ISBN 978-2-35766-007-6
  • Mon père ce héron, Editions Rue de Sèvres, 2014, ISBN 978-2-36981-091-9

Sonstige Illustrationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Essay[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

als Julien Berjeaut: Chinois à Calcutta. Les tigres du Bengale, Éditions L'Harmattan, in der Serie Recherches asiatiques, 1999, ISBN 2-7384-7501-9[12]

Fernsehbeiträge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fernsehserie (als Ko-Regisseur)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für den deutsch-französischen Kulturkanal Arte:

  • Silex and the City, 1. Staffel mit 40 Episoden, ausgestrahlt 2012
  • Silex and the City, 2. Staffel mit 40 Episoden, ausgestrahlt 2013
  • Silex and the City, 3. Staffel mit 40 Episoden, ausgestrahlt 2014
  • Silex and the City, 4. Staffel mit 30 Episoden, ausgestrahlt 2015
  • Silex and the City, 5. Staffel mit 30 Episoden, ausgestrahlt 2017

Dokumentation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Turquie, voyage à la croisée des mondes, 48 Minuten, ausgestrahlt von Arte. Im deutschsprachigen Programm unter dem Titel Türkei – Knotenpunkt Eurasiens. Regie führte Xavier Lefèbvre, das Drehbuch und die Moderation lagen bei Jul.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Jul (cartoonist) – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Christophe Barbier: Jul: Le rire ne peut pas être du côté du manche. In: L’Express vom 13. August 2010, abgerufen am 15. Juli 2017.
  2. a b c Alain Beuve-Méry: Jul: “Marier la BD et le dessin d'actualité”. In: Le Monde vom 9. Oktober 2009, abgerufen am 15. Juli 2017.
  3. Jean-Marie Durand und Anne-Claire Norot: Jul: portrait d’un dessinateur philosophe et ironiste. In: Les Inrockuptibles vom 9. Oktober 2011. Archivierte Version (Memento vom 29. Dezember 2012 im Internet Archive).
  4. Judith Perrignon: Sans forcer le trait (Memento des Originals vom 1. Juli 2013 im Webarchiv archive.today)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.liberation.fr. In: Libération vom 18. Januar 2005, abgerufen am 15. Juli 2017.
  5. Olivier Delcroix: Jul, croqueur d'époques, in: Le Figaro, 24. Dezember 2015
  6. Encyclopédie Larousse online: Julien Berjeaut, dit Jul, abgerufen am 15. Juli 2017.
  7. Olivier Bureau: Le dessinateur Jul lauréat de la Fondation de France. In: Le Parisien vom 7. September 2001, abgerufen am 15. Juli 2017.
  8. Jul (Memento vom 15. März 2013 im Internet Archive), Mitarbeiterprofil auf der Website von Charlie Hebdo.
  9. Ministère de la Culture et de Communication: Nomination dans l'ordre des Arts et des Lettres septembre 2012 vom 24. September 2012. Archivierte Version (Memento vom 6. März 2013 im Internet Archive).
  10. Ministère de la Culture et de Communication: Nomination dans l'ordre des Arts et des Lettres septembre 2016 vom 13. September 2016, abgerufen am 15. Juli 2017.
  11. Présidence de la République: Ordre National du Mérite. Décret du 2 mai 2017 portant promotion et Nomination. In: Journal officiel de la République Française vom 3. Mai 2017. Online PDF, 320 kB, abgerufen am 15. Juli 2017.
  12. Gilles Guilheux: Rezension, in: Perspectives chinoises, Juli/August 1999