Kürbishütte

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Musengarten Kürbishütte

Die Kürbishütte (auch Kürbislaube, KürbsHütte) war im 17. Jahrhundert der Musenort eines literarischen Freundeskreises in Königsberg i. Pr.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mitten im Dreißigjährigen Krieg, der Königsberg verschonte, gründete der Rat Robert Roberthin 1636 die Gesellschaft der Sterblichkeit Beflissener. An schönen Sommerabenden trafen sich die 10 bis 12 Freunde in einer Laube am Pregel und pflegten das geistliche Lied. Zu dem Freundes- und Dichterkreis gehörten Simon Dach (1605–1659), der Hofkapellmeister Johann Stobäus (1580–1646), die Kirchenlieddichter Georg Werner (1581–1661), Valentin Thilo der Jüngere (1607–1662), Johann Franck (1618–1677) und Georg Weissel (1590–1635), der Kurfürstliche Rat Michael Adersbach († 1640), Christian Rose (1609–1677), der Mediziner Christoph Tinctorius (1604–1662), der Elbinger Ratsherr Gottfried Zamel (1629–1684) und der Domorganist Heinrich Albert (1604–1651), dem die Laube gehörte.

Der Garten war die Schwedenschanze, auf der Lomse an der Mündung des Lindengrabens in den Pregel gelegen. Der Kneiphöfsche Rat hatte sie 1630 seinem Organisten geschenkt. An seiner Laube züchtete Albert Kürbisse, in deren Schale die Freunde ihre Schäfernamen ritzten. Martin Opitz besuchte 1638 hier seinen Freund Simon Dach.[1]

Kaum angelegt, wurde Albert 1641 durch die Stadt enteignet, da diese den Garten samt Hütte für eine Bebauung des städtischen Weidendamms benötigte – für Simon Dach ein Sinnbild für den Wechsel und Untergang alles Irdisch-Geschichtlichen.[2]

Hie ist des Pregels Gang,
Auß dem die große Schaar der müden Rosse tranck.
Hie ist ihr kühles Bad, hie sind so offt gelegen
Die Reussen, so mit Korn unss zu versehen pflegen
Und andern Wahren mehr, hie hat so manche Nacht
Die Dudden und Schalmey uns auß dem Schlaff gebracht,
Hie pflag die Stadt zu Land und Flut in großen Schaaren
Nach Steinbeck, Selgenfeld und Neuendorff zu fahren
Und nach Jerusalem, man sieht die Wiesen stehn,
Wohin dass junge Volck nach Blumen pflag zu gehen.

Wenn hörte man nicht hier die Bursch umb Abendzeiten
Rings umb den Kneiphoff gehen und spielen auff den Seiten,
Dass Stadt und Lufft erklang; die reiche Bürgerey
Fuhr auff dem Pregel heim mit Lachen und Geschrey
Theils von dem Lande, theils auss ihren schönen Gärten
Und hatten, Bacchus, dich sampt Venus zu Gefährten
Und grüssten unss dabey; dass war mit einem Wort
Ein Wohnhauss gutter Ruh, ein rechtes Freuden Ort.
Ach aber kurtze Zeit! Wie schön es vor gestanden
So gar ist nichts davon, alss Einsamkeit vorhanden,
Als Grauen, Furcht und Reu, es kränckt mich hie zu stehn,
Für Unmuth kann ich auch schier nicht vorüber gehn.
  
– Simon Dach, um 1650

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Leopold Hermann Fischer: Gedichte des Königsberger Dichterkreises aus Heinrich Alberts Arien und musicalischer Kürbishütte (1638–1650). Niemeyer, Halle 1883; dazu: Musik-Beilagen. Niemeyer, Halle 1884 (archive.org).
  • Walther Franz: Die Königsberger Kürbishütte. In: Das Ostpreußenblatt, Jg. 10, 11. April 1959, ISSN 0947-9597, S. 10.
  • Fritz Gause: Die Geschichte der Stadt Königsberg i. Pr. Bd. 1. Böhlau, Wien 1965, S. 468.
  • Alfred Kelletat (Hrsg.): Simon Dach und der Königsberger Dichterkreis. Reclam, Stuttgart 1986, ISBN 3-15-008281-1, S. 383–386.
  • Albrecht Schöne: Kürbishütte und Königsberg. Modellversuch einer sozialgeschichtlichen Entzifferung poetischer Texte; am Beispiel Simon Dach. C. H. Beck, München 1996, ISBN 3-406-05878-7 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wikisource: Kürbishütte – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Herbert Meinhard Mühlpfordt: Königsberg von A bis Z. Ein Stadtlexikon. 2. Auflage. Aufstieg, München 1976, ISBN 3-7612-0092-7.
  2. Klaus Garber in Neue Rundschau, Jg. 100 (1989), ISSN 0028-3347, S. 12.

Koordinaten: 54° 42′ 15,1″ N, 20° 30′ 57,7″ O