Kalksburg-Formation

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Die Kalksburg-Formation ist eine geologische Formation der Nördlichen Kalkalpen, die im Unterjura abgelagert worden war.

Bezeichnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kalksburg-Formation ist nach der Gemeinde Kalksburg im Südwesten Wiens bezeichnet worden.

Erstbeschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kalksburg-Formation, auch Kalksburger Schichten, war erstmals im Jahr 1934 von Paul Solomonica beschrieben worden,[1] der sich aber an die im Jahr 1909 erfolgten Vorarbeiten von Friedrich Trauth anlehnen konnte.[2] Detailliertere Untersuchungen, insbesondere in Hinblick auf tektonische Fragen, stammen von Georg Rosenberg (1937, 1961 und 1965) und zuletzt von G. Wessely (2006).[3]

Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kalksburg-Formation ist ein Charaktergestein der nordöstlichen Kalkalpenrandzone und tritt in der Frankenfelser Decke auf. Sie kann in ihr von Wien über Kirchberg an der Pielach bis Waidhofen an der Ybbs in Niederösterreich verfolgt werden.[4] Weiter gen Westen tritt die Formation erneut in den Weyerer Bögen auf und ist sogar noch bis ins Vorarlberg bei Lorüns anzutreffen. In den Chiemgauer Alpen ist ein Vorkommen an der Mehrentaler Wand nördlich des Hochgerns anzuführen.

Typlokalität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ortszentrum von Kalksburg. Die gleichnamige Formation ist hinter der Pfarrkirche am Fuß des Berghangs zur Himmelswiese anstehend.

Die Formation erscheint mit ihrer Typlokalität im Bajuvarikum der nordöstlichen Nördlichen Kalkalpen. Die Typlokalität befindet sich in einer nach Süden überkippten Mulde im Reichliesingtal in Kalksburg (Liesingmulde) am Westrand des Wiener Beckens. Das Typusprofil wurde ursprünglich im alten Steinbruch des Schubertparks aufgenommen.

Stratigraphie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kalksburg-Formation liegt dem Oberrhätkalk, der Schattwald-Formation oder dem Restental-Member der Kössen-Formation auf. Überlagert wird sie ihrerseits von der Allgäu-Formation, vom Kirchsteinkalk oder von grauen, unterjurassischen Kieselsedimenten mit Übergang in die Adnet-Gruppe bzw. in den Hierlatzkalk. In der Frankenfelser Decke der Typusregion findet sie sich zwischen Kieselkalken im Liegenden und auflagernden Fleckenmergeln des höheren Lias. Seitliche Übergänge bzw. Verzahnungen sind nicht aufgeschlossen, nach Norden wird jedoch ein Anschluss an die Gresten-Formation der Klippenzone vermutet, nach Süden wahrscheinlich zu Äquivalenten der Allgäu-Formation, zur Schnöll-Formation bzw. im Hangenden zur Basis der eigentlichen Adnet-Formation.

Die Anklänge an die Gresten Fazies, die ja dem Ultrahelvetikum zuzurechnen ist, erklären sich durch gleichzeitige Sedimentation auf dem damals noch zusammengehörenden Schelf, wobei die siliziklastisch-mergelig betonte Kalksburg-Formation weiter südlich im Restental-Becken[5] des distaleren Bereichs abgesetzt wurde.[6] Im Unterschied zur Gresten-Fazies enthält die Kalksburg-Formation aber weder Feldspatarkosen noch Kohleschiefer.

Lithologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lithologisch handelt es sich bei der kontinental beeinflussten Kalksburg-Formation um dunkelbraungraue, kalkreiche Mergel, Sandsteine, Kalksandsteine mit Fließwülsten, Siltsteine, Tonsteine und Kalke. Im Hangenden erfolgt ein lithologischer Wechsel hin zu stahlbläulichen Kalken, zu schwarzen Rotiformis-Kalken, zu Mürbsandsteinen mit Rippelmarken und Lebensspuren und zu Ostreensandkalk.[7] Das Gestein verwittert hellgrau bis bräunlich und kann bis zu 2 Zentimeter dicke Verwitterungsrinden ausbilden. Sein Bruch ist hart mit wenigen Millimeter dünnen Calcitäderchen.

Die kalkhaltigen Siltsteine sind feinkörnig und leicht bioturbat. Ihr Detritus besteht vorwiegend aus Quarz, Muskovitbestegen und seltenen rekristallisierten Bruchstücken kalkhaltiger Organismen wie beispielsweise Echinodermen. Diagenetische Pyritkörner können hinzutreten. Mikrofaziell sind sie als Mudstone oder bis hin zu Wackestone ausgebildet. Vertreten ist ferner eine gut sortierte Grainstone-Fazies mit Mikrit-Klasten und untergeordnetem Zerrieb an Fossilbruchstücken. Die tonreichen Mikritklasten wurden im unverfestigten, plastischen Zustand in den Grainstone inkorporiert.

Als Varietät dürfen Plagiostomenkalke angesehen werden, welche im Tirolikum der Osterhorngruppe anzutreffen sind. Diese hell- bis dunkelgrauen Kalke sind sandig-spätig ausgebildet, enthalten Glaukonit und sind reich an Muscheln (Lima und Plagiostoma).[8]

Mächtigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Mächtigkeit der Kalksburg-Formation variiert im Zehner-Meter-Bereich, gewöhnlich zwischen 30 und 40 Meter, kann aber stellenweise bis auf weniger als 10 Meter reduziert sein.[9]

Fazies[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Faziell wurde die Kalksburg-Formation flachmarin, teils auch in Küsten- bzw. Festlandsnähe abgelagert. Häufige Austernfunde deuten hierbei auf ein wärmeres Flachwassermilieu mit kontinentalem Einfluss, belegt durch gelegentliche Sporeneinträge.

Fossilien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Spurenfossil Chondrites

Als Fossilien finden sich in der Kalksburg-Formation Ammoniten, Bivalven,[10] zerriebene Brachiopodenschalen (aus Brachiopodenbrut stammend) und Bruchstücke von Echinodermen (Crinoidenreste mit Pentacrinus), Gastropoden und anderen Organismen.[11] Unter den Ammoniten werden Arietites rotiformis, Psiloceras johnstoni und Psiloceras planorbis angetroffen. Bei den recht häufigen Muscheln sind zu erwähnen mehrere Cardinienarten, Lima gigantea und Lima punctata, Pecten, Plagiostoma, Ostreen (häufig) wie Gryphaea arcuata, Pinna oder Plicatula hettangiensis sowie das an Fucoides erinnernde Spurenfossil Chondrites.

Alter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kalksburg-Formation wird aufgrund der Planorbis-Zone ins Hettangium datiert, reicht aber noch ins Sinemurium. Oberes Sinemurium (Lotharingium) ist nicht gesichert. Ihr absolutes Alter kann in etwa mit 200 bis 197 Millionen Jahren angegeben werden. Das hettangische Alter der Formation ist durch die Cardinien, Gryphäen und auch durch Plicatula hettangiensis belegt, das Untere Sinemurium durch den Ammoniten Arietites (Coroniceras) rotiformis (Rotiformis-Subzone bzw. Hyatti-Biozone).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Florian Böhm: Mikrofazies und Ablagerungsmilieu des Lias und Dogger der Nordöstlichen Kalkalpen. In: Erlanger Geologische Abhandlungen. Band 121. Erlangen 1992, S. 55–217.
  • P. Gaitanakis: Faziesgliederung und Tektonik der voralpinen Decken zwischen Enns und Steyrtal (Nördliche Kalkalpen, Oberösterreich). In: Mitteilungen der Gesellschaft Geologie- und Bergbaustudenten in Österreich. Band 24. Wien 1977, S. 189–201.
  • Hans-Jürgen Gawlick u. a.: Jurassic Tectonostratigraphy of the Austroalpine Domain. In: Journal of Alpine Geology. Band 50. Wien 2009, S. 1–152.
  • W. Neubauer: Geologie der nordöstlichen Kalkalpen um Lilienfeld. Der Typus voralpinen Deckenbaus. In: Mitteilungen der Geologie- und Bergbaustudenten in Wien. Band 1. Wien 1949, S. 1–44.
  • Alexander Tollmann: Analyse des klassischen nordalpinen Mesozoikums. Franz Deuticke, Wien 1976, ISBN 3-7005-4412-X, S. 1–576.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Paul Solomonica: Zur Geologie der sogenannten Kieselkalkzone am Kalkalpenrande bei Wien und der angrenzenden Gebiete. In: Mitteilungen der Geologischen Gesellschaft in Wien. Band 27. Wien 1934, S. 1–119 (zobodat.at [PDF; 5,2 MB]).
  2. Friedrich Trauth: Die Grestener Schichten der österreichischen Voralpen und ihre Fauna. Eine stratigraphisch-paläontologische Studie. In: Beiträge zur Paläontologie Geologie Österreich-Ungarns und des Orients. Band 22. Wien 1909, S. 1–142 (zobodat.at [PDF]).
  3. G. Wessely: Geologie der österreichischen Bundesländer – Niederösterreich. Geologische Bundesanstalt, Wien 2006, S. 1–416.
  4. Friedrich Trauth: Zur Geologie des Voralpengebietes zwischen Waidhofen a. d. Ybbs und Steinmühl östlich von Waidhofen. In: Verhandlungen der Geologischen Bundesanstalt. Band 1954/2. Wien 1954, S. 89–140 (zobodat.at [PDF]).
  5. Reinhard Golebiowski: Facial and Faunistic changes from Triassic to Jurassic in the Northern Calcareous Alps (Austria). In: Cahiers Université Catholique Lyon, Serie Sciences. Band 3, 1990, S. 175–184.
  6. Benno Plöchinger und S. Prey: Der Wienerwald. In: Sammlung geologischer Führer. Band 59. Gebrüder Bornträger, Berlin, Stuttgart 1993, S. 1–168.
  7. Benno Plöchinger: Der Kalkalpenrand bei Alland im Schwechattal (Niederösterreich). In: Verhandlungen der Geologischen Bundesanstalt. Band 1960. Wien 1960, S. 56–71.
  8. Benno Plöchinger: Erläuterungen zur Geologie des Wolfgangseegebietes (Salzburg, Oberösterreich). Geologische Bundesanstalt, Wien 1973, S. 1–92.
  9. Horst Gall: Die Stratigraphie des Jura in der kalkalpinen Randzone des Hochgern-Vorlandes. In: Geologische Karte von Bayern 1:25000, Erläuterungen zum Blatt Nr. 8241 Ruhpolding. München 1970, S. 29–88.
  10. Georg Rosenberg: Übersicht über den Kalkalpennordostsporn um Kalksburg (Wien und Niederösterreich). In: Verhandlungen der Geologischen Bundesanstalt. Band 1961. Wien 1961, S. 171–176.
  11. Rudolf Schwingenschlögl: Geologie der Kalkvoralpen und der subalpinen Zone im Raume Kirchberg-Pielach in Niederösterreich. In: Mitteilungen der Gesellschaft Geologie-Bergbaustudenten in Österreich. Band 27. Wien 1981, S. 39–86.