Kapitänsmusiken

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Manuskript des Schlusschores aus dem Oratorio der Kapitänsmusik von 1730 „So gehe hin und iß dein Brot mit Freuden“

Unter Hamburger Kapitänsmusiken versteht man Werke, die im Jahre 1719 und ab 1722 zum jährlich stattfindenden Hamburger Fest der Bürgerwache (Hamburg) im 18. Jahrhundert aufgeführt wurden, bei dem die Bürgerkapitäne der Stadt geehrt werden. Die Musiken wurde unter anderem von Georg Philipp Telemann geschrieben. Viele dieser Werke sind verloren gegangen oder nur zum Teil erhalten.

Historischer Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Teilstaat des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation geriet Hamburg in der Zeit der Türkenkriege in schwere Bedrängnis. Dichter und Musiker schrieben und komponierten darüber. Doch hauptsächlich sprach sich in den Dichtungen für die Kapitänsmusiken die Hoffnung auf baldigen Frieden aus. Der Hansestadt Hamburg als internationalem Handelsplatz war sehr an einer stabilen Welt und Wirtschaft gelegen. Wenn ein Krieg ausbrach, wurde normalerweise auf die Bürgerwache zurückgegriffen, die von den so genannten Kapitänen angeführt wurde. Diesen oblagen nicht nur militärische Aufgaben, sondern auch kommunale Verpflichtungen wie z. B. die Aufsicht über alle Fremden, die in die Stadt kamen.

Inhalt und Aufbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

alternative Beschreibung
Jubelmahl der Hamburger Bürgerkapitäne 1719 im Drillhaus

Die Kapitänsmusiken sind in ein geistliches Oratorio und eine weltliche Serenata eingeteilt. Das Oratorio wurde vor dem ausgedehnten Festmahl gespielt. Während des Essens und zum Übergang in die Abendstunden wurde die Serenata aufgeführt. Dabei wirkten nicht nur Berufsmusiker mit, sondern in den Ensembles musizierten auch einfache Bürger.

Das Oratorio und die Serenata beginnen jeweils mit einem Chor oder einem Choral, darauf folgen im Wechsel Rezitative und Arien. Das Ende wird von einem Schlusschoral oder Chor gebildet. Der Inhalt der Kapitänsmusiktexte war von gewissen Grundgedanken geprägt. Zu diesen gehörten Themen wie die wehrhafte Stadt und die Herstellung des Friedens. Sonst wurde den Komponisten jedoch Freiraum für die Komposition gelassen. Oft wurden aktuelle Ereignisse behandelt wie z. B. die Türkenkriege. Der Inhalt des Oratorio war geistlich geprägt. Gott wurde gelobt und das friedliche Zusammenleben der Bevölkerung geistlich untermauert.

Der Inhalt der Serenata war weltlich gehalten. Dazu zählten Themen wie die Elbe oder Krieg und Frieden, die oft in fiktiven musikalischen Dialogen von einem Kriegs- und einem Friedensgeist dargestellt wurden. Die inhaltlichen Aspekte waren also trotz der prägenden Grundgedanken oft sehr unterschiedlich. Der formale äußerliche Aufbau war jedoch sehr ähnlich.

Die Kapitänsmusiken wurden im sogenannten Drillhaus, welches normalerweise für Exerzierübungen der Bürgerwache fungierte, am Holzdamm an der Binnenalster aufgeführt.

Komponisten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die erste Kapitänsmusik wurde anlässlich des sogenannten Jubel-Mahles zum 100-jährigen Bestehen der Hamburger Bürgerwache im Jahre 1719 aufgeführt. Der Komponist war Matthias Christoph Wiedeburg nach Texten von Michael Richey.

Telemann komponierte ab 1722 44 Kapitänsmusiken, von denen noch 9 vollständig und 3 in Teilen erhalten sind.

TWV Jahr Teile Oratorio Teile Serenata Libretto Bemerkung
15:2 1724 14 17 Johann Philipp Praetorius vollständig erhalten, eingespielt
15:4 1728 27 Johann Philipp Praetorius oder Christoph Gottlieb Wend nur Serenata erhalten
15:5 1730 19 29 Oratorio: Georg Philipp Telemann, Serenata: Johann Georg Hamann vollständig erhalten, Oratorio eingespielt
15:9 1736 20 23 Joachim Johann Daniel Zimmermann vollständig erhalten, Serenata eingespielt
15:11 1738 25 24 Jacob Friedrich Lamprecht vollständig erhalten, eingespielt
15:13 1742 23 19 Friedrich Wilhelm Rohloffs vollständig erhalten
15:15 1744 27 25 Nikolaus Dietrich Giseke vollständig erhalten, eingespielt
15:20 1755 21 23 Oratorio: Heinrich Gottlieb Schellhaffer, Serenata: Michael Richey vollständig erhalten, eingespielt
15:21 1756 8 Wilhelm Adolf Paulli nur Oratorio erhalten
15:22 1760 21 17 Wilhelm Adolf Paulli vollständig erhalten
15:23 1761 8 Wilhelm Adolf Paulli? nur Oratorio erhalten
15:25 1763 (1764) 18 23 Wilhelm Adolf Paulli vollständig erhalten

Während das Fest unter Telemann noch nahezu jährlich begangen wurde, fielen in die Amtszeit Carl Philipp Emanuel Bachs lediglich fünf Zusammenkünfte, wobei nur 1780 und 1783 traditionelle Kapitänsmusiken aufgeführt wurden; 1772, 1775 und 1788 erklang lediglich Instrumentalmusik.[1]

BR-CPEB Jahr Teile Oratorio Teile Serenata Libretto Bemerkung
G 14/15 1780 16 8 Christian Wilhelm Alers vollständig erhalten, Oratorio eingespielt
G 15/16 1783 17 9 Christian Wilhelm Alers Musik nur zur Serenata erhalten

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Willi Maertens: Georg Philipp Telemanns sogenannte Hamburgische Kapitänsmusiken (1723–1765). (= Quellenkataloge zur Musikgeschichte, Bd. 21), Florian Noetzel, Heinrichshofen-Bücher, Wilhelmshaven 1988, ISBN 3-7959-0520-6.
  • Bert Siegmund: Georg Philipp Telemann, Kapitänsmusik von 1724. Booklet zur CD cpo 777 176-2.
  • Eckart Kleßmann: Zu Telemanns Kapitänsmusik von 1738. Booklet zur CD cpo 777 386-2.
  • Veronika Greuel: Telemann, ein Multitalent in Hamburg. Booklet zur CD cpo 777 390-2.
  • Willi Maertens: Georg Philipp Telemann, Oratorio und Serenata der Kapitänsmusik 1755. Booklet zur CD cpo 999 211-2.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. W. Enßlin, Carl Philipp Emanuel Bach: Thematisch-systematisches Verzeichnis der musikalischen Werke, Teil 2