Karlsruhe (Schiff, 1905)

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Karlsruhe
Die Mannheim, Schwesterschiff der Karlsruhe
Die Mannheim, Schwesterschiff der Karlsruhe
Schiffsdaten
Flagge Deutsches Reich Deutsches Reich
Deutsches Reich Deutsches Reich
Deutsches Reich Deutsches Reich
Schiffstyp Dampfschiff
Rufzeichen RBPM (1905–1935)
DHNU (1935–1945)
Heimathafen Hamburg
Eigner Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft, Hamburg (1905–1935)
Schiffahrt- & Assekuranz-Ges. E. Russ & Co., Hamburg (1935–1945)
Bauwerft G. Seebeck Akt.-Ges, Geestemünde
Baunummer 228
Indienststellung 1905
Verbleib Am 13. April 1945 in der Ostsee versenkt
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 66,30 m (Lüa)
Breite 10,10 m
Tiefgang (max.) 3,70 m
Vermessung 897 BRT 518 NRT
Maschinenanlage
Maschine Zwei Dreizylinder-Dreifachexpansions-Dampfmaschinen - (9 5/8" & 16 1/8" & 25 5/8")
Maschinen­leistung 58 bhb
Höchst­geschwindigkeit 8,5 kn (16 km/h)
Propeller 2
Transportkapazitäten
Tragfähigkeit 450 tdw
Rauminhalt 1494,5 m³
Sonstiges
Registrier­nummern 78348 (Lloyd’s)

Die Karlsruhe war ein Frachtschiff der Ernst Russ Reederei, das wenige Wochen vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa beim Transport von Flüchtlingen aus den Ostgebieten des Deutschen Reiches versenkt wurde und als möglicher Fundort für das Bernsteinzimmer mediale Bedeutung gewann.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Frachtschiff[1] wurde 1905 auf der Seebeckwerft in Geestemünde für die Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft (HAPAG) als Rheindampfer gebaut. Sie hatte ein Schwesterschiff, die Mannheim (Indienststellung 1906). Die Rheindampfer verbanden die deutschen Rheinhäfen mit dem Hamburger Hafen[2]. 1918 wurde Thomas Kier, vormals Kapitän der Imperator, Kapitän der Karlsruhe.[3] 1935 wurde sie von der Schiffahrt- & Assekuranz-Ges. E. Russ & Co. übernommen und blieb für diese bis 1945 in Fahrt.

Letzte Fahrt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Schiff wurde Anfang 1945 bei den Verwundeten- und Flüchtlingstransporten über die Ostsee eingesetzt. Bereits am 7./8. März 1945 hatte es Flüchtlinge aus Stolpmünde nach Wismar evakuiert, wo es am 13. März ankam.[4] Am 11. April 1945 übernahm die Karlsruhe etwa 1083 Flüchtlinge im ostpreußischen Pillau, dem Vorhafen von Königsberg, und verließ den Hafen gegen 20 Uhr mit Fahrtziel Hela nördlich von Danzig, wo das Schiff am 12. April 1945 morgens eintraf. Zusätzlich zu den Flüchtlingen hatte das Schiff 360 Tonnen Fracht an Bord.[5] Auf der Reede von Hela wurde ein Geleitzug aus den Dampfern Santander der OPDR, Karlsruhe und zwei Minensuchern M 294 und M 341 sowie dem Schnellboot TS 4 zusammengestellt,[6] der gegen 9 Uhr mit Ziel Kopenhagen ablegte. Da die Karlsruhe nicht in der Lage war, die geforderte Geschwindigkeit des Geleitzugs von 9 Knoten mitzuhalten, sondern nur gut sieben Knoten laufen konnte, verlor sie den Anschluss. Am 13. April 1945 wurde sie nördlich Stolpmünde von sieben Douglas A-20 Bostons des 1. Garde-Minen-Torpedo-Flug-Regiments (3 Flugzeuge) und des 51. Minen-Torpedo-Flug-Regiments (4 Flugzeuge) der sowjetischen Luftstreitkräfte angegriffen. Der Staffelführer des 51. MTAP, Oberleutnant Bashaev, wurde beim ersten Anflug abgeschossen. Schließlich wurde die Karlsruhe durch Leutnant Golovchansky (1. GMTAP) mit einem Torpedo versenkt.[7] Die Minensucher der 25. Minensuchflottille, M 294 (Kapitänleutnant Volberts) und M 341 (Oberleutnant zur See Henry Peter Rickmers) konnten von den etwa 1083 Flüchtlingen nur 150 (M 294: 63; M 341: 87) retten.[8][9]

Letzte Reise der Karlsruhe

Fund des Wracks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2020 berichteten Medien darüber, dass das Wrack von polnischen Tauchern entdeckt und in Augenschein genommen wurde. Es liegt 88 Meter tief auf dem Grund der Ostsee, mehrere Dutzend Kilometer nördlich von Ustka, das 130 km westlich von Danzig liegt.[5] Im Wrack befinden sich Militärfahrzeuge, Porzellan aus der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin und Kisten unbekannten Inhalts.[5] Das Taucherteam, welches die Karlsruhe fand, äußerte die Vermutung, dass das gefundene Wrack Informationen über den Verbleib des Bernsteinzimmers liefern könnte.[10]

Schiffsbeschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Karlsruhe war mit 897 BRT (2541,8 m³), 518 NRT vermessen. Das Schiff war 66,30 m lang und 10,10 m breit. Der maximale Tiefgang betrug 3,7 m. Der Rauminhalt der Laderäume betrug 1494,5 m³, die Tragfähigkeit betrug 450 t.[11] Die Antriebsanlage des Schiffes bestand aus zwei Dreizylinder-Dreifachexpansions-Dampfmaschinen der Seebeckwerft mit einer Leistung von 58 bhb die jeweils einen Propeller antrieben. Die Länge des Maschinenraumes betrug 10,21 m.[11] Das Schiff erreichte eine Geschwindigkeit von 8,5 kn (16 km/h).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Reinhart Schmelzkopf Die deutsche Handelsschiffahrt 1919–1939: Liste sämtlicher über 500 BRT grossen Schiffe mit allen technischen und historischen Daten, ISBN 978-3-7979-1859-8, Stalling 1974, Seite 196
  • Heinz Schön Die Tragödie der Flüchtlingsschiffe: gesunken in der Ostsee 1944/45, ISBN 978-3-613-02424-3, Motorbuch Verlag 2004, Seite 163
  • Heinz Schön Die letzten Kriegstage: Ostseehäfen 1945, ISBN 978-3-613-01654-5, Motorbuch Verlag 1995, Seite 17
  • Heinz Schön Ostsee '45: Menschen, Schiffe, Schicksale, ISBN 978-3-87943-856-3, Motorbuch Verlag 1983, Seite 420–421
  • Günter Böddeker Die Flüchtlinge: die Vertreibung der Deutschen im Osten, ISBN 978-3-7766-1042-0, F. Herbig 1980, Seite 71
  • Schiffbau, Schiffahrt und Hafenbau, Band 8, 1907, Seite 489
  • Lloyd’s Register of British and Foreign Shipping, Band 1, Cox and Wyman, 1902, Seite 102
  • Lloyd’s Register of Shipping, Band 2 1933, Wyman and sons, 1933, Seite 446
  • Lloyd’s Register – Casualty Returns 1945

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Lloyd's Register 1944, 78348 Karlsruhe. Abgerufen am 2. Oktober 2020.
  2. Jahresberichte der Hamburg=Amerika Linie. (jpeg) Digitalisierung der Pressearchive von HWWA und IfW, abgerufen am 9. Oktober 2020.
  3. Wilhelm Köhler: Köhlers Flotten-Kalender 1979. Köhler, Minden 1979, S. 253.
  4. Heinz Schön: Flucht aus Ostpreussen 1945. Arndt, 2001, ISBN 978-3-88741-035-3, S. 104.
  5. a b c Katarzyna Tuszyńska: Taucher melden Sensationsfund: Bernsteinzimmer am Ostseegrund? In: mdr.de. 4. Oktober 2020, abgerufen am 5. Oktober 2020.
  6. Heinz Schön: Flucht aus Ostpreussen 1945. Arndt, 2001, ISBN 978-3-88741-035-3, S. 141.
  7. Miroslav Morozov: Torpedobomber im Kampf. Eksmo, 2012, ISBN 978-5-699-56676-1, S. 352.
  8. Heinz Schön: Die letzten Kriegstage: Ostseehäfen 1945. Motorbuch Verlag, 1995, ISBN 978-3-613-01654-5, S. 19.
  9. Otto Fritsch: Nr. 33: Untergang der „Karlsruhe“ beim Flüchtlingstransport. doku.zentrum-gegen-vertreibung.de/, abgerufen am 2. Oktober 2020.
  10. Taucher finden Schiffswrack – Spur zum Bernsteinzimmer? t-online.de/, 30. September 2020, abgerufen am 2. Oktober 2020.
  11. a b Reichsverkehrsministerium: Handbuch für die deutsche handels-marine 1914. Reichsverkehrsministerium, Berlin 1914, S. 95.