Kein Ort. Nirgends

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Kein Ort. Nirgends von Christa Wolf (1979) erzählt die fiktive Begegnung der deutschen Dichter Heinrich von Kleist und Karoline von Günderrode in einem Salon eines Kaufmanns in Winkel im Rheingau. Die Perspektive wechselt dabei zwischen den beiden Protagonisten, die beide im wirklichen Leben etliche Jahre nach der ins Jahr 1804 gelegten Begegnung, unabhängig voneinander, durch Selbstmord aus dem Leben schieden.

Veröffentlichung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gleichzeitig erschien das Werk im Westen (Luchterhand-Verlag-Darmstadt) und in der DDR (Aufbau-Verlag-Berlin-Ost). Rasch wurde es zum Bestseller.

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das fiktive Treffen findet im Kreise einer Teegesellschaft statt, an der Clemens Brentano, seine beiden Schwestern Bettina und Gunda, Friedrich Carl von Savigny, späterer preußischer Justizminister, sowie die Schriftstellerin Sophie Mereau, der Arzt Georg von Wedekind und der Wissenschaftler Christian Nees von Esenbeck nebst anderen Persönlichkeiten teilnehmen.

Während die übrigen Teilnehmer mehr oder weniger tiefsinnige Gespräche in wechselnden Gruppen führen, stehen Kleist und Günderrode als Fremdkörper im Raum. Bald erkennen sie jedoch ihre Seelenverwandtschaft. Während eines Spaziergangs der ganzen Gesellschaft können sich die beiden Außenseiter eine Zeit lang ungestört über ihre Situation unterhalten.

Lesarten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zeitgeschichtlich/gesellschaftskritisch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim Erscheinen der Erzählung setzt sich diese in mehrfacher Hinsicht von der offiziellen Literatur ab. Die Situation der Künstler in einem engen gesellschaftlichen Korsett ihrer Zeit, wie sie zwischen Kleist und der Günderrode angesprochen wird, erinnert an die Lage in der DDR und die damalige anhaltende Debatte um die Rolle des Künstlers im Sozialismus im Umfeld der Ausbürgerung Wolf Biermanns 1976.

Formal entspricht denn auch das Werk nicht den Anforderungen des sozialistischen Realismus.

Variante[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wolf hat gleichzeitig über K. v. Günderrode Materialien herausgegeben und einen Essay geschrieben:

  • Marlis Gerhardt: Essays berühmter Frauen. Von Else Lasker-Schüler bis Christa Wolf. Insel TB Nr. 1941, Frankfurt 1997 ISBN 3458336419 S. 137–169. - (Auszug aus: K. v. G.: Der Schatten eines Traums. Gedichte, Prosa, Briefe, Zeugnisse von Zeitgenossen. 1979, wieder dtv, 1997)

Interpretation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ansgar Leonis in: Buchners Schulbibliothek der Moderne. Texte und Interpretationen. Reihen-Nr. 4. C. C. Buchner, Bamberg 2000 ISBN 3766143549