Kindesentführungen während der russischen Invasion in der Ukraine

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Als Kindesentführungen während der russischen Invasion in der Ukraine wird seit dem russischen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 die mutmaßliche Verschleppung von Kindern ukrainischer Staatsangehörigkeit auf russisches Territorium und in die von Russland annektierten Gebiete in der Süd- und Ostukraine bezeichnet.[1][2]

Internationales Recht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit Februar 2022 hat Russland Tausende von ukrainischen Kindern gewaltsam in Gebiete unter seiner Kontrolle verbracht, ihnen die russische Staatsbürgerschaft verliehen, sie zwangsweise in russische Familien adoptiert und Hindernisse für ihre Rückkehr zu ihren Eltern und in ihr Heimatland errichtet.[3][4] Die Vereinten Nationen haben erklärt, dass diese Deportationen Kriegsverbrechen darstellen.[5] Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat Haftbefehle gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin (der die Zwangsadoptionen ausdrücklich unterstützt hat, u. a. durch den Erlass von Gesetzen, die diese erleichtern) und die Kinderrechtskommissarin Maria Lvova-Belova wegen ihrer mutmaßlichen Beteiligung ausgestellt.[6][7] Nach internationalem Recht, einschließlich der Völkermordkonvention von 1948, stellen solche Handlungen Völkermord dar, wenn sie in der Absicht begangen werden, eine Nation oder ethnische Gruppe ganz oder teilweise zu vernichten.[8]

Ukrainische Kinder wurden vom russischen Staat entführt, nachdem ihre Eltern von den russischen Besatzungsbehörden verhaftet oder bei der Invasion getötet worden waren oder nachdem sie in einem aktiven Kriegsgebiet von ihren Eltern getrennt wurden.[9][10][11] Die entführten Kinder wurden auch aus ukrainischen staatlichen Einrichtungen in den besetzten Gebieten und aus Kinder-„Sommerlagern“ auf russischem Territorium entführt.[9] Die entführten Kinder wurden einer Russifizierung unterzogen; die Erziehung von Kriegskindern in einer fremden Nation und Kultur kann einen Akt des Völkermords darstellen, wenn damit ihre nationale Identität ausgelöscht werden soll.[6][11]

Die ukrainischen Behörden haben die Identität von mehr als 19.000 entführten Kindern überprüft sowie die Daten im Rahmen einer Online-Plattform zusammengetragen und aktualisiert: „Kinder des Krieges“.[12][13] Die russischen Behörden haben behauptet, dass bis Mitte 2023 über 700.000 ukrainische Kinder „evakuiert“ worden seien, und auch der ukrainische Ombudsmann für Kinderrechte glaubt, dass die tatsächliche Zahl der entführten Kinder in die Hunderttausende gehen könnte.[12][14] Eine gemeinnützige Organisation – Save Ukraine – erleichtert die Rückführung und Familienzusammenführung entführter ukrainischer Kinder.[15][10]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Stefan Schocher: OSZE: Russland hat Kindesentführungen wohl vorab geplant. Ein Yale-Bericht legt nahe, dass die Verschleppung tausender ukrainischer Kinder nicht spontan geschah. Der Standard, 27. April 2023.
  2. Mutmaßliche Kinderverschleppung: Großbritannien setzt russischen Bildungsminister und weitere Personen auf Sanktionsliste. Deutschlandfunk, 17. Juli 2023.
  3. How the West Tolerated Russia’s Kidnapping of Ukrainian Children | European Resilience Initiative Center. Abgerufen am 14. September 2023 (englisch).
  4. Deportation of Ukrainian children to Russia is war crime – UN. In: BBC News. 16. März 2023 (bbc.com [abgerufen am 14. September 2023]).
  5. Deportation of Ukrainian children to Russia is war crime - UN. In: BBC News. 16. März 2023 (bbc.com [abgerufen am 14. September 2023]).
  6. a b Julian Borger, Pjotr Sauer: ICC judges issue arrest warrant for Vladimir Putin over alleged war crimes. In: The Guardian. 17. März 2023, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 14. September 2023]).
  7. How Moscow grabs Ukrainian kids and makes them Russians. 17. März 2023, abgerufen am 14. September 2023 (englisch).
  8. Julian Borger: Russia is guilty of inciting genocide in Ukraine, expert report concludes. In: The Guardian. 27. Mai 2022, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 14. September 2023]).
  9. a b Isobel Koshiw: Putin’s alleged war crimes: who are the Ukrainian children being taken by Russia? In: The Guardian. 17. März 2023, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 14. September 2023]).
  10. a b Liz Cookman: The Kids Aren’t Alright. In: Foreign Policy. 17. April 2023, abgerufen am 14. September 2023 (amerikanisches Englisch).
  11. a b Emma Bubola: Using Adoptions, Russia Turns Ukrainian Children Into Spoils of War. In: The New York Times. 22. Oktober 2022, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 14. September 2023]).
  12. a b Ukraine’s abducted children: ‘List of suspects will grow’. In: dw.com. 25. März 2023, abgerufen am 14. September 2023 (englisch).
  13. Children of war. Abgerufen am 14. September 2023 (englisch).
  14. Moscow says 700,000 children from Ukraine conflict zones now in Russia. In: Reuters. 3. Juli 2023 (reuters.com [abgerufen am 14. September 2023]).
  15. Julian E. Barnes: The Group That Searches for Missing Ukrainian Children. In: The New York Times. 25. April 2023, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 14. September 2023]).