LMS-Klasse 7P „Princess Royal“

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LMS-Klasse 7P „Princess Royal“
Lokomotive 46203 „Princess Margaret Rose“ 1994 in Carlisle
Lokomotive 46203 „Princess Margaret Rose“ 1994 in Carlisle
Lokomotive 46203 „Princess Margaret Rose“ 1994 in Carlisle
Nummerierung: LMS: 6200–6212
BR: 46200–46212
Anzahl: 12 + 1
Hersteller: LMS Crewe Works
Baujahr(e): 1933, 1935
Ausmusterung: 1961–62
Achsformel: 2’C1’h4
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Länge über Puffer: 22663 mm (74 ft 41/4 in)
Höhe: 4039 mm (13 ft 3 in)
Breite: 2743 mm (9 ft 0 in)
Kuppelachsradstand: 4648 mm (15 ft 3 in)
Gesamtradstand: 11506 mm (37 ft 9 in)
Radstand mit Tender: 19456 mm (63 ft 10 in)
Kleinster bef. Halbmesser: 121 m (6 chains)
Dienstmasse: 106,18 t (104.50 long tons)
Reibungsmasse: 68,58 t (67.50 long tons)
Radsatzfahrmasse: 22,86 t (22.50 long tons)
Treibraddurchmesser: 1981 mm (6 ft 6 in)
Laufraddurchmesser vorn: 914 mm (3 ft 0 in)
Laufraddurchmesser hinten: 1143 mm (3 ft 9 in)
Steuerungsart: Walschaerts
Zylinderanzahl: 4
Zylinderdurchmesser: 413 mm (161/4 in)
Kolbenhub: 711 mm (28 in)
Heizrohrlänge: 5867 mm (19 ft 3 in)
Rostfläche: 4,2 m2 (45 sq ft)
Strahlungsheizfläche: 17,7/20,2 m2 (190/217 sq ft)
Rohrheizfläche: 213,6 m2 (2299 sq ft)
Überhitzerfläche: 54,3 m2 (584 sq ft)
Dienstmasse des Tenders: 55,53 t (54.65 long tons)
Wasservorrat: 18000 l (4000 imp gal)
Brennstoffvorrat: 9,14 t (9,00 long tons)

Die Dampflokomotiven der Klasse 7P „Princess Royal“ der britischen Bahngesellschaft London, Midland and Scottish Railway (LMS) wurden zwischen 1933 und 1935 in insgesamt 12 Exemplaren beschafft. Ein weiteres Exemplar entstand 1952 durch Umbau einer Versuchslokomotive. Die für den Schnellzugdienst vorgesehenen Lokomotiven wurden von William Stanier, dem Chefingenieur der LMS, entworfen und in den Crewe Works der LMS in Crewe für den Einsatz auf der West Coast Main Line erbaut. In den Jahren 1961 und 1962 wurden die Lokomotiven ausgemustert, zwei blieben museal erhalten.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Lokomotiven mit der Achsfolge 2’C1’ (Pacific) weisen eine gewisse Ähnlichkeit mit den Schnellzuglokomotiven der King Class der Great Western Railway auf, der äußere Eindruck ist der einer „King“ mit größerer Feuerbüchse und hinterer Laufachse. Erklärlich ist dies durch den Konstrukteur, Stanier war wenige Jahre zuvor von der GWR zur LMS gewechselt.

Ursprünglich wurden die Lokomotiven gebaut, um vor dem berühmten Expresszug Royal Scot zwischen London Euston und Glasgow Central eingesetzt zu werden. Die LMS stufte sie in dem von ihr verwendeten und ab 1948 von British Railways übernommenen System der Leistungsklassen ihrer Lokomotiven in die Kategorie 7P ein. British Railways stufte sie später in die Kategorie 8P hoch.

Die Lokomotive 6201 Princess Elizabeth errang 1936 den Weltrekord für die längste und schnellste Non-Stop-Fahrt eines von einer Dampflokomotive gezogenen Zuges. Sie beförderte am 16. November einen aus sieben Wagen bestehenden Zug in 5 Stunden und 53 Minuten über die 403 Meilen (649 km) lange Strecke von London Euston nach Glasgow, am Folgetag benötigte sie mit acht Wagen für die Rückfahrt nur 5 Stunden und 45 Minuten.[1]

Konstruktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1933 wurden drei Prototypen für die neue Schnellzuglokomotive der LMS in Auftrag gegeben. Zwei wurden entsprechend dem Entwurf gebaut, der bereits fertige Rahmen für das dritte Exemplar wurde als Basis für eine für Versuchszwecke vorgesehene Dampfturbinenlokomotive verwendet.[2]

Turbomotive 6202[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Rahmen des dritten Prototyps diente zum Bau der Dampfturbinenlokomotive. Sie wurde mit Hilfe der schwedischen Ljungström-Gesellschaft entwickelt und als „Turbomotive“ bekannt, ohne diesen Namen offiziell zu bekommen. Sie erhielt die Nummer 6202 und wurde damit in die Nummernserie der Princess Royal Class eingereiht. Abgesehen vom Turbinenantrieb war die Lokomotive ansonsten generell gleichartig zu dieser Klasse ausgeführt und wies nur wenige Unterschiede auf. So erhielt der Kessel einen größeren Überhitzer mit 40 Elementen, um für den Turbinenantrieb besser geeignete höhere Dampftemperaturen zu erreichen. Zudem wurde der Kessel ohne Dampfdom ausgeführt, dies wurde für die Serienausführung der Princess Royals übernommen. Der kontinuierliche Abdampf der Turbine erforderte zudem weitere Änderungen am Kessel wie etwa einen doppelten Schornstein. 1935 wurde die Lokomotive in Dienst gestellt und vor allem zwischen London Euston und Liverpool eingesetzt.[2] Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde die Lokomotive zunächst abgestellt, später jedoch aufgrund des Lokomotivmangels wieder in Dienst genommen. Mangelnde Wartung während des Krieges und der zusätzliche Aufwand für die Versuchsbauart führten dazu, dass die Turbomotive 1952 mit herkömmlichen Dampfzylindern ausgerüstet wurde, die von der Coronation Class übernommen wurden. Die Lokomotive erhielt den Namen Princess Anne und wurde den Princess Royals zugeordnet. Noch im gleichen Jahr war sie jedoch in den schweren Eisenbahnunfall im Bahnhof von Harrow and Wealdstone verwickelt und wurde dabei so schwer beschädigt, dass sie ausgemustert werden musste.

Serienproduktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1935 bauten die Crewe Works eine Serie von zehn Exemplaren der Princess Royal Class. Der Kessel wurde dabei gegenüber den beiden Vorserienlokomotiven modifiziert, vor allem erhielt er einen deutlich größeren Überhitzer mit 32 statt 16 Elementen.[3]

Unfälle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Am 17. April 1948 musste ein Schnellzug, der von der Lokomotive 6207 Princess Arthur of Connaught gezogen wurde, anhalten, nachdem ein Passagier die Notbremse gezogen hatte. Ein Irrtum des zuständigen Stellwerkers führte dazu, dass ein Postzug auf den zum Halten gekommenen Schnellzug auffuhr, 24 Menschen kamen dabei ums Leben.
  • Am 21. September 1951 zog die Lokomotive 46207 Princess Arthur of Connaught einen Expresszug und entgleiste aufgrund eines Defekts in ihrem Laufdrehgestell bei Weedon Bec in Northamptonshire. Fünfzehn Menschen wurden getötet, 35 weitere verletzt.
  • Am 8. Oktober 1952 war die Lokomotive 46202 Princess Anne in den bislang schwersten Unfall im britischen Eisenbahnnetz in Friedenszeiten verwickelt. Ein Nachtschnellzug von Perth nach London Euston war im Bahnhof Harrow & Wealdstone im Norden von London auf einen dort haltenden, mit über 800 Fahrgästen vollbesetzten Lokalzug aufgefahren, nachdem das Personal des Nachtzugs aus ungeklärter Ursache die Halt zeigenden Signale missachtet hatte. Wenige Sekunden nach dem Zusammenstoß fuhr aus der Gegenrichtung ein von Euston nach Liverpool verkehrender, mit zwei Lokomotiven, darunter die 46202 Princess Anne, bespannter Expresszug in die über mehrere Gleise verteilten Trümmer der ersten Kollision. Insgesamt kamen bei dem Unfall 122 Menschen ums Leben, weitere 340 Menschen wurden teils schwer verletzt.

Namensgebung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jede Lokomotive wurde nach einer Prinzessin des britischen Königshauses benannt. Der offizielle Name der ganzen Lokomotivklasse wurde gewählt, da Mary, Princess Royal der Ehrenoberst (englisch Colonel-in-Chief) des Regiments der „Royal Scots“ (heute Teil des Royal Regiment of Scotland) war. Unter den Eisenbahnern waren die Lokomotiven jedoch als „Lizzies“ bekannt, nach dem zweiten Exemplar der Klasse, das nach der späteren Königin Elisabeth II. benannt wurde. Spätere Exemplare von 2’C1’-Schnellzuglokomotiven der LMS gehörten zur verwandten, aber etwas größeren „Coronation Class“.

Ausmusterung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Lokomotivklasse wurde Anfang der 1960er Jahre ausgemustert, entsprechend dem Modernisierungsplan von British Railways.

Übersicht der gebauten Lokomotiven[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

LMS-Nr. BR-Nr. Name Indienststellung Ausmusterungsdatum Anmerkungen
6200 46200 The Princess Royal 27. Juli 1933 17. November 1962 Letzte ausgemusterte Lokomotive
6201 46201 Princess Elizabeth 3. November 1933 20. Oktober 1962 Erhalten, betriebsfähig
6202 46202 Princess Anne
(seit 1952)
29. Juni 1935 22. Mai 1954 Abweichender Antrieb mit Dampfturbine („Turbomotive“), 1952 in Serienausführung umgebaut, im gleichen Jahr im Eisenbahnunfall im Bahnhof von Harrow and Wealdstone irreparabel beschädigt
6203 46203 Princess Margaret Rose 1. Juli 1935 20. Oktober 1962 Erhalten
6204 46204 Princess Louise 19. Juli 1935 7. Oktober 1961 .
6205 46205 Princess Victoria 24. Juli 1935 25. November 1961 Zwischen 1947 und 1955 mit veränderter Steuerung
6206 46206 Princess Marie Louise 1. August 1935 20. Oktober 1962
6207 46207 Princess Arthur of Connaught 9. August 1935 25. November 1961 Erschien im 1935 gedrehten Dokumentarfilm No. 6207; A Study in Steel der die Produktion der Lokomotive von der Stahlschmelze bis zum fertigen Produkt zeigt.
6208 46208 Princess Helena Victoria 16. August 1935 20. Oktober 1962
6209 46209 Princess Beatrice 23. August 1935 29. September 1962
6210 46210 Lady Patricia 6. September 1935 7. Oktober 1961
6211 46211 Queen Maud 18. September 1935 7. Oktober 1961
6212 46212 Duchess of Kent 21. Oktober 1935 7. Oktober 1961

Erhaltung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zwei Exemplare, 46201 Princess Elizabeth und 46203 Princess Margaret Rose, sind erhalten geblieben, beide sind bzw. waren zeitweilig betriebsfähig und für Einsätze auf dem Netz von Network Rail zugelassen. Sie wurden nach den beiden Kindern von Albert, Duke of York (dem späteren König Georg VI.) und seiner Frau, Elizabeth, Duchess of York, benannt. Prinzessin Elizabeth war 1933 sieben Jahre alt, als die nach ihr benannte Lokomotive gebaut wurde, ihre Schwester, Prinzessin Margaret war knapp fünf Jahre alt, als die nach ihr benannte Lokomotive fertiggestellt wurde. Beide waren zu der Zeit auf Platz 3 und 4 der britischen Thronfolge. Derzeit betriebsfähig ist nur Lokomotive 46201 Princess Elizabeth, die seit 1963 im Besitz der Locomotive 6201 Princess Elizabeth Society ist.[4] Im Juli 2021 beförderte die Lokomotive den Royal Train mit Königin Elisabeth II., die damit erstmals in einem Zug hinter der nach ihr benannten Lokomotive fuhr.[1] Lokomotive 46202 Princess Margaret Rose ist seit 1995 im Besitz des Princess Royal Class Locomotive Trust und steht seit 1996 als nicht betriebsfähiges Ausstellungsstück im West Shed Museum, Midland Railway-Butterley in Ripley, Derbyshire.[5]

Nummer Name Baudatum Ausmusterung Dienstzeit Farbgebung Standort Eigentümer Status Zulassung für Network Rail (Mainline Certified) Bild Anmerkungen
LMS BR
6201 46201 Princess Elizabeth 3. November 1933 20. Oktober 1962 28 Jahre, 11 Monate LMS Crimson Lake Carnforth The 6201 Princess Elizabeth Society Betriebsfähig Ja (2019–2026) Seit März 2019 ist die Lokomotive nach umfangreichen Kesselreparaturen wieder betriebsbereit.[1]
6203 46203 Princess Margaret Rose 1. Juli 1935 20. Oktober 1962 27 Jahre, 3 Monate BR Crimson Lake, Late Crest Butterley The Princess Royal Class Locomotive Trust Nicht betriebsfähig Nein

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ian Sixsmith The Book of the Princess Royal Pacifics ISBN 1-903266-02-5
  • Hugh Longworth British Railway Steam Locomotives 1948–1968 ISBN 0-86093-593-0
  • J.W.P. Rowledge: Engines of the LMS, built 1923–51. Oxford Publishing Company, Oxford 1975, ISBN 0-902888-59-5.
  • David Hunt, Bob Essery and Fred James LMS Locomotive Profiles No. 4: The "Princess Royal" Pacifics

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: LMS-Klasse 7P „Princess Royal“ – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c The Locomotive 6201 Princess Elizabeth Society: Timeline, abgerufen am 26. Juli 2021
  2. a b O.S. Nock: The British Steam Railway Locomotive. Volume 2 from 1925 to 1965. Ian Allan Publishing, Shepperton, ISBN 0-7110-0125-1, S. 112–117
  3. O.S. Nock: The British Steam Railway Locomotive. Volume 2 from 1925 to 1965. Ian Allan Publishing, Shepperton, ISBN 0-7110-0125-1, S. 93–95
  4. The Locomotive 6201 Princess Elizabeth Society: The Society, abgerufen am 26. Juli 2021
  5. The Princess Royal Class Locomotive Trust: 46202 Princess Margaret Rose, abgerufen am 26. Juli 2021