Leander Tomarkin

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Leander William Tomarkin (* 3. Dezember 1895 in Zollikon; † 14. März 1967 in Spring Valley, New York) war ein schweizerisch-US-amerikanischer Mediziner, Erfinder und Hochstapler.[1] Er entwickelte ein Medikament, welches Heilung von Typhus, Tuberkulose, Meningitis und Malaria versprach.[2]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Leander W. Tomarkin wuchs in Zollikon als Sohn eines jüdisch-russischen Arztes auf. Er begann ein Studium der Chemie, welches er jedoch nicht abschloss. Mit 20 Jahren wurde er Vater eines Sohnes. Er versuchte unter anderem, durch den Verkauf von Schweineborsten und Impfstoffen Geld zu verdienen. Er begann, seine Umwelt u. a. mit einem falschen Doktortitel zu beschwindeln. Er gründete die Gesellschaft L. Tomarkin & Co. in Ascona, um ein wundersames neues Heilmittel zu vertreiben, welches er Antimicrobum tomarkin nannte. Tomarkin reiste nach Rom, um sein vermeintliches Wundermedikament den für die Gesundheit von Papst Benedikt XV. Verantwortlichen anzubieten, der zu dieser Zeit an einer schweren Lungenentzündung erkrankt war. Das misslang, der Papst starb 1922. Jedoch waren Reporter wegen des Hinschieds des Papstes anwesend und an dem Mittel interessiert. Durch Presseberichte wurde er international bekannt.[3][4][5] Als Wirkstoff gab er Aminoortobenzoilsulfoisoamiloidrocupronucleinforminsodico an. Als der Cousin Emanuele Filiberto des italienischen Königs Viktor Emanuel III. 1923 erkrankte, wurde Tomarkins Wundermittel verabreicht. Die Genesung beeindruckte die Königsfamilie. Tomarkin wurde der Titel eines königlichen Leibarztes verliehen.[6] Die Rechte an seinem Wundermittel verkaufte er nicht, sondern wollte dafür eine gemeinnützige Stiftung gründen.

Im Mai 1924 zog Tomarkin vorübergehend in die USA um. Drei Jahre später gründete er dort die Tomarkin-Foundation Chemistry Research. Es wurden weitere Medikamente entwickelt, so Catalysan und Disulphamin. Die europäische Niederlassung seiner Stiftung wurde 1930 in Locarno bezogen. Er lud noch im selben Jahr bedeutende Mediziner zu einem Kongress mit Rahmenprogramm in Locarno ein, wo namhafte Fachleute wie der Chirurg Ferdinand Sauerbruch ihre Forschungsresultate vortrugen. Am darauffolgenden zweiten Kongress[7] konnte Tomarkin 1931 verkünden, Albert Einstein habe das Ehrenpräsidium seiner Stiftung übernommen, der sie jedoch wenig später niederlegte, als sich eine frühere Wohnungsvermieterin an ihn wandte, um eine Schuldforderung gegenüber Tomarkin geltend zu machen. Die letzte Grossveranstaltung für Mediziner in Locarno fand 1938 statt.

Aus Furcht vor dem Nationalsozialismus floh Tomarkin 1938 in die USA. Später liess er sich 1956 in New York City einbürgern. Als echte Antibiotika nach 1940 entdeckt wurden, hatte er mit seinen Medikamenten kaum mehr Erfolg. Er versuchte sich nun als Erfinder, u. a. mit synthetisch hergestellten Diamanten, und lebte bis zu seinem Tod weiter an der Grenze zwischen Wahrheit und Lüge als skrupelloser Selbstdarsteller.[8]

Ehrung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • königlicher Leibarzt der italienischen Königsfamilie

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Tomarkin Leandro W. Dr., on March 14, 1967, at Spring Valley N. Y. In: New York Times 16. März 1967 (Todesanzeige).
  2. Franziska Rogger, Madeleine Herren: Inszeniertes Leben. Die entzauberte Biografie des Selbstdarstellers Dr. Tomarkin. Böhlau Verlag Wien und NZZ Libro, Zürich 2012, ISBN 978-3-205-78871-3, 379 S.
  3. Agnes MacKenzie: Interview with Tomarkin. In: New York Tribune. 16. November 1923.
  4. Ounces of Prevention. In: The Harvard Crimson. 16. November 1923, abgerufen am 23. April 2023.
  5. Ein neues Heilmittel gegen Lungenentzündung. In: Schweizer Illustrierte Zeitung. 26. Juni 1924.
  6. Tomarkin head of medical research for the Italian royal house. In: The Washington Post. 2. Mai 1926.
  7. Der zweite ärztliche Fortbildungskurs der Tomarkin-Foundation in Locarno. In: Neue Zürcher Zeitung. 20. Mai 1931, S. 30, abgerufen am 23. April 2023.
  8. Marc von Lüpke: Doktor Dreist. In: Der Spiegel. 31. Oktober 2013, abgerufen am 23. April 2023.