Lex Valeria de Sulla dictatore

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Die Lex Valeria de Sulla dictatore war ein Ermächtigungsgesetz der Zeit der römischen Republik aus dem Jahr 82 v. Chr., das vom Interrex L. Valerius Flaccus[1][2] in die Zenturiatskomitien eingebracht worden war, wohl unrechtmäßig, denn der Interrex war zur Gesetzeseinbringung in den Comitien nach altem Herkommen nicht befugt.[3] Es räumte dem Politiker und Feldherrn Sulla diktatorische Amtsbefugnisse auf Lebenszeit ein.[4]

Gesetzeszweck[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Gesetz verlieh Sulla nicht nur zukünftiges diktatorisches Imperium (dictator legibus scribundis et rei publicae constituendae – Diktator für die Abfassung von Gesetzen und die Neuordnung des Staates), es sprach ihm nachträgliche Genehmigung all jener Maßnahmen zu, die er während seiner Auseinandersetzungen mit den innenpolitischen Gegnern während seines Zweiten Marsches auf Rom ergriffen hatte.[5] Mit tatkräftiger Unterstützung durch den politischen Strategen Gnaeus Pompeius Magnus vermochte er die Popularen schließlich zu besiegen. Der Rechtshistoriker Okko Behrends resümiert die Vorgänge als eine durch Staatsstreich usurpierte Militärherrschaft.[6] Cicero rezipierte die gesetzliche Einrichtung einer Tyrannis,[7] ähnlich äußerte sich Seneca.[8]

Das Gesetz schuf die rechtlichen Grundlagen für Proskriptionen, was die Verfolgung und Massentötung politischer Gegner erlaubte. Auf Gegner, die für besonders gefährlich erachtet wurden, wurden sogar Kopfgelder ausgesetzt. Das Regelwerk war so konzipiert, dass zukünftige genauso wie bereits ausgesprochene Ächtungen von ihm erfasst waren, also auch nachträglicher Rechtsschutz gewährt wurde.[9] Näheres zu den Rechtsfolgen, die den Täter und Tatbeteiligte sowie deren Familienangehörige erwartete, regelte ein berüchtigtes Vollzugsgesetz, die Lex Cornelia de proscriptione.[10]

Um die alte „Adelsrepublik“ wiederherzustellen, erließ Sulla im Zeitraum von 82. v. Chr. bis 79. v. Chr. eine Vielzahl von Verfassungs- und Strafvorschriften, zusammengefasst als die Leges Corneliae. Trotz seiner Machtfülle respektierte Sulla die althergebrachten republikanischen Rechtsgrundsätze. Insbesondere leitete er seine Regierungszeit aus einem tradierten Verfassungsverständnis ab. Ab 79 v. Chr. war die nach seinen Vorstellungen verfolgte Wiederherstellung der Verfassung abgeschlossen, weshalb er eine weitreichende Konsequenz zog. Um Macht nicht zweckungebunden innezuhaben, gab er die Diktatur vor der römischen Volksversammlung wieder ab und trat zurück.[11] Zwar gründete seine Macht nicht auf dem Ansehen beim Senat, vielmehr eher auf seiner Befehlsgewalt über die Legionen, gleichwohl bettete sich sein Rücktritt in traditionelle republikanische Gepflogenheiten.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ergänzende Literaturhinweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Holger Behr: Die Selbstdarstellung Sullas: ein aristokratischer Politiker zwischen persönlichem Führungsanspruch und Standessolidarität, zugleich Dissertation, Universität Frankfurt (Main), 1991, Lang, Frankfurt (Main) 1993, ISBN 3-631-45692-1.
  • Karl Christ: Sulla: eine römische Karriere, Beck, München 2002, ISBN 3-406-49285-1.
  • Max Kaser: Römische Rechtsgeschichte. § 29 Die Strafgerichtsbarkeit und das Strafrecht 2., neubearbeitete Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1976, ISBN 3-525-18102-7, S. 125.

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Appian, Bürgerkriege 1,98.
  2. Wolfram Letzner: Lucius Cornelius Sulla. Versuch einer Biographie. Münster 2000, S. 246 f.
  3. Ludwig Lange: Römische Alterthümer, Band 3, Weidmann, 1876, S. 152 f.
  4. Appian: Bürgerkriege 1,3,9.
  5. Holger Behr: Die Selbstdarstellung Sullas. Ein aristokratischer Politiker zwischen persönlichem Führungsanspruch und Standessolidarität. Frankfurt 1993, S. 149.
  6. Okko Behrends: Zur römischen Verfassung: Ausgewählte Aufsätze, Martin Avenarius (Hrsg.), Cosima Möller (Hrsg.), Wallstein Verlag 2014, ISBN 3-835-32570-1, S. 157 f.
  7. Cicero, De lege agraria 2, 5.
  8. Seneca, De clementia 1,12,1–2.
  9. Appian, Bürgerkriege 1,95,441.
  10. Wolfgang Kunkel, Roland Wittmann: Staatsordnung und Staatspraxis der römischen Republik: Abschnitt. Die Magistratur, Verlag C.H. Beck, München 1995, ISBN 3-406-33827-5, S. 707.
  11. Appian, Bürgerkriege 1,104.