Luis Arce

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Luis Arce, 2015

Luis Alberto Arce Catacora (* 28. September 1963 in La Paz) ist ein bolivianischer Ökonom, Hochschullehrer, Politiker (MAS) und seit 8. November 2020 Präsident Boliviens.

Biografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Luis Arce schloss 1984 eine Ausbildung zum Hauptbuchhalter (Contador General) am Instituto de Educación Bancaria ab. 1991 schloss er ein Wirtschaftsstudium an der Universidad Mayor de San Andrés in La Paz mit dem Bachelortitel ab. Im Vereinigten Königreich absolvierte er von 1996 bis 1997 ein Masterstudium an der University of Warwick. Beruflich war er daneben im Zeitraum von 1987 bis 2006 bei der bolivianischen Zentralbank tätig.[1] Nach seinen Studien hielt Arce Lehrveranstaltungen an verschiedenen Universitäten in Europa, Nord- und Südamerika. Er ist Autor mehrere Bücher und Artikel. Politisch steht er dem Sozialismus nahe,[2][3] sein politisches Vorbild ist Marcelo Quiroga Santa Cruz. 1999 gründete er gemeinsam mit ehemaligen Mitgliedern der Partei PS-1 die Gruppe Los Duendes. Bei deren wöchentlichen Gesprächsgruppen lernte er Álvaro García Linera kennen. Als dieser vom Movimiento al Socialismo (MAS) eingeladen wurde, für das Amt des Vizepräsidenten zu kandidieren, wurde er von Los Duendes unterstützt, gemeinsam arbeiteten sie am Regierungsprogramm des MAS mit.[4]

Im Januar 2006, zum Beginn der langjährigen Präsidentschaft von Evo Morales wurde Luis Arce Finanzminister von Bolivien, 2009 Finanz- und Wirtschaftsminister.[1] Er blieb bis zum Ende der Präsidentschaft von Evo Morales 2019 im Amt, abgesehen von einer kurzen Unterbrechung aus gesundheitlichen Gründen.[5] Er gilt als Vertrauter von Evo Morales.[6]

Die Präsidentschaftswahl am 20. Oktober 2019 wurde nach Angaben der Wahlkommission von Morales knapp gewonnen. Es gab jedoch Hinweise auf Wahlbetrug, die durch einen vorläufigen Bericht der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) gestützt wurden. Nach landesweiten, zum Teil gewalttätigen Protesten trat Morales am 9. November 2019 zurück und ging ins Exil nach Mexiko. Arce folgte ihm im Dezember. Ob tatsächlich ein Wahlbetrug stattgefunden hatte, ist umstritten.[7][8][9]

Am 19. Januar 2020 teilte Morales, der zwischenzeitlich nach Argentinien umgezogen war, mit, dass Arce bei einem Treffen führender Vertreter der MAS in Buenos Aires zum Kandidaten für die Präsidentschaftswahl 2020 bestimmt wurde. Als Vizepräsidentschaftskandidat wurde der frühere Außenminister David Choquehuanca nominiert.[3][6]

Die Präsidentschaftswahl im Oktober 2020 konnte Arce als MAS-Kandidat mit einer Stimmenmehrheit von 54,4 % für sich entscheiden, der liberal-konservative Carlos Mesa errang 31 % der Stimmen, der Ultrarechte Luis Fernando Camacho, der bei der Absetzung von Morales eine zentrale Rolle gespielt hatte,[10] errang mit 14 % der Stimmen Platz drei.[11][12] Sowohl die rechtskonservative Übergangspräsidentin Jeanine Áñez als auch Carlos Mesa erkannten Arces Sieg noch in der Wahlnacht an.[13][11] Am 8. November 2020 wurde Arce als neuer Präsident des Landes vereidigt.[14] Er leitet seither das Kabinett Arce.

Politisches Programm[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Finanz- und Wirtschaftsminister unter Evo Morales[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im ersten Jahr seiner Amtszeit als Minister wurden die Öl- und Erdgasvorkommen im Land verstaatlicht.[4][6] Zwischen 2005 und 2018 ging der Anteil der Bevölkerung, der in extremer Armut lebt, von 38,2 auf 17,1 Prozent zurück, das durchschnittliche Wirtschaftswachstum während der Amtszeit Arces betrug 4,9 Prozent.[5]

Arce war regelmäßig auf hochrangigen internationalen Konferenzen als Redner zu Gast, um Boliviens als alternativ wahrgenommenes Wirtschaftsmodell zu erläutern, das er an der Seite von Morales und García wesentlich mitgestaltete. Ein Kernelement des Modells bestand in der Schaffung und Stärkung von leistungsfähigen Staatskonzernen in Bereichen wie Rohstoffe (COMIBOL, YLB), Energie (YPFB), Telekommunikation (Entel Bolivien) und Luftverkehr (BoA). Die Gewinne daraus sollten für den Ausbau der Grundversorgung der Bevölkerung und die Förderung von genossenschaftlich organisierten Kleinunternehmern, insbesondere unter der Landbevölkerung, eingesetzt werden. Zudem wurden Anstrengungen unternommen, um die Rohstoffabhängigkeit zu senken, die inländische Wertschöpfung zu steigern und wissenschaftliche Kapazitäten aufzubauen, wobei diese Ziele nur zu einem geringen Teil erreicht wurden.

Als Präsident[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach seiner Amtsübernahme beschloss Arces Regierung eine Amnestie für begangene Straftaten im Zusammenhang mit der Wahl 2019. Amnesty International kritisierte, dass diese Amnestie nur für Anhänger von Arces Partei MAS galt.[15]

Während seiner Präsidentschaft wurde er von Evo Morales immer stärker kritisiert und MAS-Abgeordnete vom Morales-Flügel stimmten gegen seine Politik. Im Oktober 2023 verließ Arce die Partei oder wurde ausgeschlossen (je nach Lesart).[16]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Luis Arce – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Belege[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Luis Alberto Arce Catacora (Memento vom 28. März 2016 im Internet Archive) In: comunicacion.gob.bo (spanisch).
  2. a b c Biography: Luis Alberto Arce Catacora. In: cepal.org. Abgerufen am 24. Januar 2020 (englisch).
  3. a b Boris Miranda: Remplazo de Evo Morales: Luis Arce Catacora, el exministro y candidato a presidente de Bolivia por el MAS. In: bbc.com. 21. Januar 2020, abgerufen am 24. Januar 2020 (spanisch).
  4. a b Miguel Gómez: Luis Arce: Padre del flamante modelo productivo. In: la-razon.com. 22. Januar 2015, abgerufen am 25. Januar 2020 (spanisch).
  5. a b Morales-Vertrauter Luis Arce will Boliviens Präsident werden. In: derstandard.at. 24. Januar 2020, abgerufen am 24. Januar 2020.
  6. a b c Nicole Anliker: Evo Morales schickt einen Vertrauten ins Rennen um die Präsidentschaft in Bolivien. In: nzz.ch. 22. Januar 2020, abgerufen am 24. Januar 2020.
  7. Ivo Marusczyk: Studie zur Wahl in Bolivien Betrugsvorwürfe widerlegt? In: tagesschau.de. 11. Juni 2020, abgerufen am 9. November 2020.
  8. Bolivien-Wahl – Morales’ gewichtiges Vermächtnis. In: orf.at. 18. Oktober 2020, abgerufen am 9. November 2020.
  9. Jack R. Williams, John Curiel: Analysis of the 2019 Bolivia Election. (PDF; 704 kB) In: mit.edu. 11. März 2020, abgerufen am 9. November 2020 (englisch).
  10. Maëlle Mariette: Bolivien träumt vom Lithium. In: monde-diplomatique.de. 9. Januar 2020, abgerufen am 9. November 2020.
  11. a b Jürgen Vogt: Boliviens neuer Präsident: Luis Arce kündigt eigenen Kurs an. In: taz.de. 21. Oktober 2020, abgerufen am 22. Oktober 2020.
  12. Bolivien: Arce liegt bei Präsidentenwahl vorn. In: tagesschau.de. 19. Oktober 2020, abgerufen am 22. Oktober 2020.
  13. Jens Glüsing: Präsidentschaftswahl in Bolivien: Comeback der Linken. In: spiegel.de. 19. Oktober 2020, abgerufen am 19. Oktober 2020.
  14. Morales-Vertrauter Arce ist neuer Präsident Boliviens. In: orf.at. 8. November 2020, abgerufen am 9. November 2020.
  15. Bolivia: A true commitment to human rights demands impartial and independent justice, Zugriff am 23. Dezember 2021
  16. Bolivian president expelled from own party amid political feud, The Guardian, 5. Oktober 2023
VorgängerAmtNachfolger
Jeanine Áñez (interim)Präsident von Bolivien
seit 2020