Luise Kremlacek

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Luise Kremlacek (13. Mai 1904 in Wien7. September 1990 ebenda) war eine österreichische Kunsthändlerin, die ihr gesamtes Berufsleben, insgesamt 62 Jahre, über alle politischen Brüche hinweg der Galerie Würthle in Wien widmete.

Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Luise Kremlacek besuchte eine Handelsschule. 1920 wurde sie als Bürokraft in der Kunsthandlung Würthle & Sohn Nachf. in der Wiener Weihburggasse, unweit des Stephansdomes, eingestellt.[1][2] Sie arbeitete unter der Prokuristin, dann Gesellschafterin und schließlich Alleininhaberin Lea Bondi-Jaray, die die Kunsthandlung in eine moderne Galerie mit dem Schwerpunkt auf junge österreichische Künstlern umgewandelt hatte. 1920 fanden bereits Ausstellungen zu Gustav Klimt und Egon Schiele statt. Infolge der Nürnberger Gesetze als Jüdin verfolgt musste Lea Bondi-Jaray am 7. April 1939 emigrieren und lebte seitdem in London. Der Salzburger Kunsthändler Friedrich Welz arisierte die Galerie und benannte sie in „Galerie Welz“ um. Kremlacek blieb während der erzwungenen Abwesenheit Bondi-Jarays als Mitarbeiterin beschäftigt.[3] Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie im Zuge der Rückabwicklung der „Arisierung“ als kommissarische Leiterin der Galerie eingesetzt, bis diese 1948 an Bondi-Jaray restituiert wurde.[4] 1953 übernahmen Fritz Kamm und Fritz Wotruba die Galerie, nach ihnen war zuletzt Hans Dichand der Inhaber. Über mehrere Besitzerwechsel hinweg arbeitete Kremlacek bis 1982 als Geschäftsführerin. Der Kunsthistoriker Bruno Grimschitz berichtete in einem Schreiben an Welz über den Wechsel von Bondi zu Kamm und Wotruba: „Sie wurde weitergegeben wie ein Inventarstück!“ In den letzten Jahren ihrer Tätigkeit hatte sie sich als „Frau Luise“ derart hohe Anerkennung seitens der Künstler und der Kunden erworben, dass sie als „graue Eminenz“ der Wiener Kunstszene galt. Sie sei als eine clevere, faire Geschäftsfrau bekannt gewesen, die sich für die Künstler der Galerie eingesetzt habe.[5] In der Zeitschrift Profil wurde sie als „die berühmte Kunsthändlerin“ bezeichnet, die in Hinblick auf die klassische Moderne „viele Fäden in der Hand“ hielt.[6] Der Zeichner Paul Flora nannte sie postum ein „Fabelwesen“.[7]

1982 ging sie in Pension. Sie starb mit 86 Jahren in Wien und wurde auf dem Wiener Zentralfriedhof bestattet.[8]

Es gibt eine Pastellzeichnung Bildnis Luise Kremlacek von Josef Dobrovský aus dem Jahr 1944.[9]

Nachlass[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 20. Juni 1991 wurden 60 Blätter aus der Sammlung der verstorbenen Luise Kremlacek im Wiener Dorotheum angeboten.[10] Unter den zur Versteigerung gebrachten Werken befanden sich auch Zeichnungen von Egon Schiele von dubioser Provenienz. Sie gehörten ursprünglich zur Sammlung Heinrich Rieger, der gemeinsam mit seiner Frau von den Nazis beraubt und ermordet wurde. Es handelte sich um Bildnis einer Frau im Dreiviertelprofil (1917) und Kirche, Häuser, Haus, Häuser, im Hintergrund Bergkette (1917).[11] sowie Weiblicher Akt mit hochgeschobenem Hemd (1914).[12]

Auszeichnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Luise Kremlacek, Hans Dichand (Hrsg.): 60 Jahre Galerie Würthle 60 Jahre moderne Kunst in Österreich Band 1 und 2, Galerie Würthle, Wien 1981

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Luise Kremlacek, in: Ilse Korotin (Hrsg.): biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. K, V&R, Online veröffentlicht 2018, ISBN 978-3-205-79590-2, S. 1808
  2. Roswitha Juffinger: Salzburger Landessammlungen 1939-1955, DomQuartier Salzburg 2007, ISBN 978-3-901443-28-2, S. 94
  3. Gert Kerschbaumer: Meister des Verwirrens. Die Geschäfte des Kunsthändlers Friedrich Welz, Verlag Czernin, Wien 2000, ISBN 978-3-7076-0030-8, S. 105
  4. Gabriele Anderl, Alexandra Caruso (Hrsg.): "NS-Kunstraub in Österreich und die Folgen", Studien-Verlag 2005, ISBN 978-3706519564, S. 164
  5. Bernadette Reinhold: Die Galerie Würthle. Fritz Wotruba und sein Ausstellungsprogramm, in: Klaus Albrecht Schröder, Antonia Hoerschelmann (Hrsg.): Gustav Klimt bis Paul Klee, Wotruba und die Moderne (zur Ausstellung in der Albertina, Wien, 20. Dezember 2003 – 14. März 2004), Edition Minerva, Wolfratshausen 2003, ISBN 978-3-932353-83-3, S. 70–81
  6. Profil (Wien): Hans Dichand war als Kunstsammler sehr ambitioniert und noch verschwiegener. Reportage von Sebastian Hofer, 26. Juni 2010
  7. Paul Flora: Sie war ein Fabelwesen. Erinnerungen an die Frau Luise, in: Galerie Würthle, gegründet 1865, Wien 1995 (hrsg. anlässlich der Jubiläumsausstellung der Galerie Würthle, 08.06.–01.07.1995), S. 43. Zitiert in: Kristian Sotriffer: Wien-Zug und zurück. Fritz Wotruba, die Familie Kamm und die Entwicklung einer Sammlung, Stiftung Sammlung Kamm, Zug, abgerufen am 11. Juli 2020
  8. Luise Kremlacek in der Verstorbenensuche bei friedhoefewien.at
  9. Bildnis Luise Kremlacek, Artnet, abgerufen am 5. Februar 2020 (mit einer Schwarzweiß-Reproduktion)
  10. Lisa Fischer: Irgendwo. Wien, Theresienstadt und die Welt. Die Sammlung Heinrich Rieger, Czernin Verlag, Wien 2008, ISBN 978-3-7076-0255-5, S. 135
  11. Stephan Templ: Die verschwundene Sammlung, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.März 2002
  12. Weiblicher Akt mit hochgeschobenem Hemd auch Frau mit hochgeschobenem Hemd, in: Lost Art, 6. Februar 2014