Lymphozytäre Choriomeningitis

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Lymphozytäre Choriomeningitis (LCM), kurz Choriomeningitis, ist eine virale Infektionskrankheit, die vor allem bei Nagetieren vorkommt, aber auch den Menschen befallen kann. Die LCM ist damit eine Zoonose. Der englische Begriff lymphocytic choriomeningitis wurde vom Entdecker des LCM-Virus Charles Armstrong 1934 geprägt.[1] Weitere Bezeichnung sind oder waren Virusmeningitis, Meningitis serosa (Quincke), gutartige aseptische Meningitis (Wallgren), akute idiopathische Virusmeningitis und gutartige mononucleäre Meningitis (Fanconi).[2]

Erreger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lymphozytäres-Choriomeningitis-Virus

LCM-Virus

Systematik
Klassifikation: Viren
Realm: Riboviria[4][3]
Reich: Orthornavirae[3]
Phylum: Negarnaviricota
Subphylum: Polyploviricotina
Klasse: Ellioviricetes
Ordnung: Bunyavirales
Familie: Arenaviridae
ohne Rang: „Gruppe V“
Gattung: Mammarenavirus
ohne Rang: „LCMV/Lassa-Komplex“
Art: Lymphocytic choriomeningitis mammarenavirus
Taxonomische Merkmale
Genom: (+/-)ssRNA segmentiert
Baltimore: Gruppe 5
Symmetrie: helikal/zirkulär
Hülle: vorhanden
Wissenschaftlicher Name
Lymphocytic choriomeningitis mammarenavirus
Kurzbezeichnung
LCMV
Links

Der Erreger ist das Lymphozytäre-Choriomeningitis-Virus (LCMV), ein negativ-Einzelstrang-RNA-Virus der Gattung Mammarenavirus, Familie Arenaviridae (Gruppe V, (−)ssRNA). Hauptreservoir sind Mäuse, darüber hinaus kann das Virus auch bei Hamstern, Meerschweinchen und Krallenaffen auftreten. Für die Epidemiologie der Erkrankung des Menschen sind insbesondere Goldhamster von Bedeutung. Infektionen durch Mäuse oder Meerschweinchen sind bislang nicht bekannt geworden.[5]

Der Erreger wird über den Kot, Urin, Speichel und die Tränenflüssigkeit vor allem in den ersten drei Lebensmonaten ausgeschieden.[6] Die Infektion des Menschen erfolgt durch Aufnahme virusbelasteter Partikel über den Mund und die Atemwege sowie durch direkten Tierkontakt oder Bisse.[7]

Erkrankung bei Nagetieren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei Nagetieren verläuft die Erkrankung zumeist symptomlos und tritt ausschließlich bei Jungtieren auf. Die Morbidität beträgt etwa 20 %, die Mortalität nur 2 %. Gelegentlich können Allgemeinstörungen (struppiges Fell, Abmagerung, Konjunktivitis) sowie selten zentralnervöse Symptome (Muskelzittern, Lähmungen, Krämpfe) auftreten.[8]

Der Nachweis kann über einen serologischen Antikörpernachweis (ELISA, IFT) erfolgen. Eine Therapie ist nicht üblich. Durch regelmäßige serologische Untersuchungen der größeren Nagetierzuchten ist die Erkrankung insgesamt seltener geworden.

Erkrankung bei Krallenaffen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei Krallenaffen verursacht das Virus die sogenannte Callitrichiden-Hepatitis, die durch Lebernekrosen mit intracytoplasmatischen Einschlusskörperchen gekennzeichnet ist. Die Erkrankung kann auch auf andere Organsysteme übergreifen.[9]

Erkrankung des Menschen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Klassifikation nach ICD-10
A87.2 Lymphozytäre Choriomeningitis
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

In Deutschland haben etwa 3 % der Bevölkerung Antikörper gegen das LCM-Virus, wobei bei Haltern von Nagetieren keine höheren Infektionsraten auftreten.[10] Die Erkrankung verläuft zumeist mit grippalen Symptomen. Bei längerer Erkrankung kann eine Meningitis entstehen. Die Mortalität beträgt 1–2 %. Bei Infektion in der zweiten Schwangerschaftshälfte kann ein Übergang des Virus über die Plazenta auf den Fötus erfolgen. Dies kann zu einer Fehlgeburt oder zu Missbildungen (Hydrocephalus) oder Augenerkrankungen (Uveitis) des Neugeborenen führen.[5]

Auch ein 2008 in Australien aufgetauchtes Virus scheint mit LCMV verwandt zu sein. Ein Organspender war unerkannt mit diesem neuen Virus infiziert, mit der fatalen Folge, dass alle drei Empfänger von Organen dieses Spenders an der Viruserkrankung starben.[11]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Edward A. Beeman: Charles Armstrong, M.D.: A Biography. 2007, S. 183–205. (auch online hier (Memento des Originals vom 28. April 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/history.nih.gov (PDF))
  2. Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 9–223, hier: S. 182 f. (Choriomeningitis).
  3. a b ICTV: ICTV Taxonomy history: Akabane orthobunyavirus, EC 51, Berlin, Germany, July 2019; Email ratification March 2020 (MSL #35)
  4. ICTV Master Species List 2018b v1 MSL #34, Feb. 2019
  5. a b H. Kraus, A. Weber (Hrsg.): Zoonosen. Deutscher Ärzteverlag Köln, 1986.
  6. B. B. Chomel: Zoonoses of house pets other than dogs, cats and birds. In: Pediatr. Inf. Dis. 19/1992, S. 479–487.
  7. R. Wright u. a.: Congenital lymphocytic choriomeningitis virus syndrome: A disease that mimics congenital toxoplasmosis or Cytomegalovirus infection. In: Pediatr. 100/1997, S. 1–6.
  8. K. Gabrisch, P. Zwart: Krankheiten der Heimtiere. 6. Auflage. Schlütersche Verlagsgesellschaft, Hannover 2005, ISBN 3-89993-010-X.
  9. Asper, M. et al. (2001): First outbreak of callitrichid hepatitis in Germany: genetic characterization of the causative lymphocytic choriomeningitis virus strains. Virology 284: 203-213
  10. F. Lehmann-Grube u. a.: Untersuchungen über die Rolle des Goldhamsters (Mesocricetus auratus) bei der Übertragung des Virus der Lymphozytären Choriomeningitis auf den Menschen. In: Med. Microbiol. Immunol. 167/1979, S. 205–210.
  11. Gustavo Palacios, Julian Druce, Lei Du, Thomas Tran, Chris Birch, Thomas Briese, Sean Conlan, Phenix-Lan Quan, Jeffrey Hui, John Marshall, Jan Fredrik Simons, Michael Egholm et al.: A New Arenavirus in a Cluster of Fatal Transplant-Associated Diseases, in: N Engl J Med 2008; 358, S. 991-998, 6. März 2008, doi:10.1056/NEJMoa073785

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]