Madeleine Kemény-Szemere

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Madeleine Kemény-Szemere (geboren 10. Juli 1906 in Budapest als Lenke Szemere; gestorben 10. Februar 1993 in Zürich) war eine ungarisch-schweizerische Malerin und Zeichnerin. Sie trug als Modezeichnerin maßgeblich zum Erfolg der Schweizer Frauenzeitschrift Annabelle bei und war Mitglied der Künstlervereinigung CoBrA.[1] Sie kümmerte sich um den Nachlass ihres Ehemannes Zoltan Kemény und schenkte dem Centre Georges-Pompidou über 100 seiner Werke.[2]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ungarn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lenke Szemere wurde in eine assimilierte jüdische Familie geboren. Im Alter von zwölf Jahren starb ihre Mutter und das Mädchen überbrückte Trauer und Einsamkeit mit Zeichnen. 1924 war sie Schülerin von István Réti und Adolf Fényes an der Ungarischen Akademie der Bildenden Künste in Budapest. 1925 hatte sie ihre erste und erfolgreiche Ausstellung im Ernst Múzeum in Budapest, 1927 die zweite.[1]

Zoltán Kemény-Szemere (1907–1965) Bildhauer, Maler, Architekt. Madeleine Kemény-Szemere (1906–1993) Malerin, Zeichnerin. Grab, Friedhof Enzenbühl, Zürich
Grab, Friedhof Enzenbühl, Zürich

Frankreich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1930 wanderte Lenke Szemere nach Paris aus, fand Arbeit als Modezeichnerin und nannte sich fortan Madeleine. In Paris lernte sie den ungarischen Maler Zoltán Kemény kennen, führte ihn in die Welt des Modezeichnens ein und heiratete ihn 1933. Ab 1938 arbeiten beide auch für die neu gegründete Schweizer Modezeitschrift Annabelle. 1940 floh das Paar vor der deutschen Armee nach Südfrankreich.[1]

Schweiz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mithilfe der Zeitschrift Annabelle gelang dem Paar 1942 die Flucht in die Schweiz, wo sie beide in Lagern interniert wurden. Zoltán Kemény wurde 1943 freigelassen und konnte für die Annabelle in Zürich weiterarbeiten. Madeleine Kemény blieb bis nach Kriegsende in der Westschweiz interniert. In der Isolation zeichnete und malte sie wieder intensiv und lernte auch das Werk von Jean Dubuffet kennen.[1]

Zoltán und Madeleine Kemény lebten bis zu ihrem Tod in Zürich.[3] Ihre letzte Ruhestätte fand sie auf dem Friedhof Enzenbühl in Zürich.

Künstlerische Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In ihrem naturalistischen Frühwerk stellte sie in dunklen Farben Menschen am Rande der Gesellschaft und ländliche Szenen dar. Mitte der 1920er Jahre entwickelt sie eine flächigere Malweise.[1] Ihre brillanten Modezeichnungen, die sie in den 1930er Jahren zum Broterwerb erstellte, stehen in krassem Gegensatz zu ihrer künstlerischen Entwicklung hin zu einer „Kunst in Rohform“. Sie trug die Farben nun dick auf, setzte Mischtechniken ein und nutzte Sand, Lackfarben und Rugosit in ihren Bildern. Sie ließ sich durch Kinderzeichnungen, Volks- und Stammeskunst inspirieren und malte plumpe Frauenfiguren mit überdimensionierten Gliedmaßen. 1945 stellte Arnold Rüdlinger drei ihrer Werke in der Ausstellung „Ausländische Maler in der Schweiz“ in der Kunsthalle Bern aus.[4] Mit ihrer Kunst war sie für das Publikum Mitte der 1940er Jahre noch gewöhnungsbedürftig, Jean Dubuffet wurde jedoch auf sie aufmerksam und holte ihre Werke für sein Foyer de l’art brut nach Paris. Das war ihre Eintrittskarte für die erste CoBrA-Ausstellung 1949 in Amsterdam, zu der Corneille sie einlud.[4] Zunehmend wurden ab 1953 ihre Werke abstrakter und die Formen lösten sich in Zellstrukturen fast auf. Dennoch waren es nach wie vor Frauenfiguren, mit denen sie sich beschäftigte.[3]

Auf der Höhe ihres künstlerischen Schaffens und Erfolges beendete Kemény-Szemere 1956 ihre künstlerische Tätigkeit und widmete sich ganz der Förderung des Schaffens ihres Ehemannes. Nach dessen Tod 1965 widmete sie sich seinem Nachlass. 1966 schenkte sie dem Centre Pompidou 11 und 1980 weitere 95 Werke ihres Mannes.[2] Ab und zu schuf sie bis in die 1980er Jahre einige wenige Zeichnungen und Gouachen.[4]

Nach dem Tod von Madeleine Kemény-Szemere wurde ihr Werk wiederentdeckt durch die Retrospektive im Kunstmuseum St. Gallen 1995/1996. Seither waren ihre Bilder immer wieder in Ausstellungen mit Werken ihres Mannes oder in CoBrA-Ausstellungen vertreten.[3]

Ausstellungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die wichtigsten Ausstellungen werden in zeitlicher Reihenfolge aufgelistet:[4][1][3][5]

Einzelausstellungen
Ausstellungen mit Zoltán Kemény
Gruppenausstellungen

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kemény-Szemeres Werke werden im Kunstmuseum St. Gallen, im cobra museum voor moderne kunst (Amstelveen) und in der Collection de l’Art Brut (Lausanne) gesammelt.[3][4]

  • 1929: Begegnung (Kunstmuseum St. Gallen)
  • 1943: Femme au bouquet (Kunstmuseum St. Gallen)
  • 1943: Autoportrait (Kunstmuseum St. Gallen)
  • 1947: Rue du village II (Kunstmuseum St. Gallen)
  • 1945: Nues
  • 1947: Femme aux bras croisés
  • 1947: Femme et chat dans la porte
  • 1947: Femme assise devant le mur
  • 1947: Râpeuse de pommes de terre
  • 1948: Dormeuses
  • 1948: Tapeuse de tapis
  • 1949: Ecarteuses de rideau en perles de bois
  • 1950: Lavandière
  • 1954: Vielle brodeuse à la broderie blanche (Kunstmuseum St. Gallen)
  • 1954: Femme
  • 1955: Femme couchée dans les feuilles
  • 1956: Fillettes en luge I (Kunstmuseum St. Gallen)
  • 1975: Composition[7]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bücher

  • Madeleine Szemere-Kemeny. Ausstellungskatalog. 1947, OCLC 218412489 (französisch).
  • Zoltan Kemeny et Madeleine S. Kemeny exposent du 23 mai au 13 juin 1950, Galerie Mai, Paris. Katalog der Ausstellung in der Galerie Mai in Paris vom 23. Mai bis 13. Juni 1950. Galerie Mai, Paris 1950, OCLC 604734690 (französisch).
  • Exposition des peintures et reliefs de Madeleine Szemere-Kemeny. Katalog der Ausstellung in der Galerie 16, Limmatquai 16, Zürich, 15.–30. April 1955. Galerie 16, Zürich 1955, OCLC 906845652.
  • Cobra 1948-1951. Katalog zur Ausstellung mit Werken von Zoltan Kemény und Madeleine Szemere-Kemény im Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris, 9. Dezember 1982 bis 20. Februar 1983. Musée d’art moderne de la ville de Paris, 1982, OCLC 634513418 (französisch).
  • Caroline Kesser: Madeleine Kemény-Szemere. Biografie, Werkverzeichnis und Katalog der Ausstellung „Madeleine Kemény-Szemere 1906-1993“ im Kunstmuseum St. Gallen vom 11. November 1995 bis 28. Januar 1996. Hrsg.: Roland Wäspe. Cantz, Ostfildern-Ruit 1995, ISBN 3-89322-804-7.
  • Ed Wingen, Lieke Fijen: Zoltan & Madeleine Kemeny 1943-1956. Vergeten kunstenaarspaar van Cobra. Katalog der Ausstellung des Cobra Museum für Moderne Kunst in Amstelveen „Zoltan & Madeleine Kemeny 1943-1956, vergeten kunstenaarspaar van Cobra“ 22. März – 5. Mai 2002. 2002, ISBN 90-75485-19-0 (dänisch).
  • Zoltan Kemeny. Les donations de Madeleine Kemeny dans les collections du Centre Pompidou, Musée national d’art moderne. Katalog zur Ausstellung im Centre Pompidou, Galerie du Musée, 30. Juni – 27. September 2004. Centre Pompidou, Paris 2004, ISBN 2-84426-241-4 (französisch).
  • Michel Ragon, Margot Welle, Gerard Meulensteen, Vincent Polakovič: Madeleine & Zoltán Kemény. Collection van Stuijevenberg. Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2007, ISBN 978-80-89025-34-3 (englisch).
  • Jean Dubuffet, Sarah Lombardi, Baptiste Brun, Vincent Monod: Almanach de l’art brut. Fac-similé. 5 Continents, Mailand / Lausanne 2016, ISBN 978-88-7439-737-2 (französisch). Inhaltsverzeichnis
  • Christian Kortegaard Madsen, Karen Kurczynski: CoBrA. Katalog der Ausstellung CoBrA - the women artists / de kvindelige kunstnere, Museum Jorn, Silkeborg, 10. September – 12. Dezember 2021. Museum Jorn, Silkeborg 2021, ISBN 978-87-92307-46-0 (englisch, dänisch).

Artikel

  • annelies zwez: endlich im licht. madeleine kemeny-szemere (1906–1993). In: neue bildende kunst. zeitschrift für kunst und kritik. Band 6, Nr. 1, 1996, ISSN 0941-6501, S. 95–96.
  • Roland Wäspe: Kemeny-Szemere, Madeleine. In: Andreas Beyer, Bénédicte Savoy, Wolf Tegethoff (Hrsg.): Allgemeines Künstlerlexikon. 2021.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f Madeleine Kemeny-Szemere: Malerin der CoBrA. ARTinWORDS, abgerufen am 3. Februar 2023.
  2. a b Caroline Kesser: Madeleine Kemény-Szemere. 1995.
  3. a b c d e Caroline Kesser: Kemeny-Szemere, Madeleine [Szemere, Lenke] - SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz. 1998, abgerufen am 4. Februar 2023.
  4. a b c d e Kemeny-Szemere, Madeleine. In: AKL. 2021.
  5. SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz. Abgerufen am 4. Februar 2023.
  6. COBRA The Women Artists. MutualArt, abgerufen am 4. Februar 2023 (englisch).
  7. Madeleine Szemere-Kemeny. In: 1 Artworks at Auction – MutualArt. Abgerufen am 3. Februar 2023 (englisch).