Marya Delvard

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Marya Delvard (Fotoausschnitt von ca. 1908)

Marya Delvard (* 11. September 1874 als Maria Joséphine Billère bzw. Biller in Réchicourt-le-Château; † 25. September 1965 in Pullach bei München) war eine Diseuse, Chansonnière und Schauspielerin.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Plakat „Elf Scharfrichter“ (1911)

Marya Delvard war eine der Schlüsselfiguren des frühen Kabaretts. Sie war Mitbegründerin der Elf Scharfrichter (1901) in München. In Wien gründete sie zusammen mit Marc Henry u. a. das Kabarett Nachtlicht (1906) und das Kabarett Fledermaus (1907). Ab 1909 absolvierte sie zahlreiche Tourneen mit ihrem Mann und Bühnenpartner Marc Henry durch Deutschland und Frankreich. 1929 ging Marya Delvard in die Schweiz. 1930–1939 lebte sie in Wien. 1935 wurde sie in den Rang eines Officier d‘Academie des Ordre des Palmes Academiques erhoben.[1] 1939 emigrierte sie nach Potiers. Ab 1958 lebte Delvard wieder in München.

Ihr Repertoire umfasste u. a. Kabarettlieder, die von Hannes Ruch und Konrad Scherber eigens für sie verfasst wurden. Sie sang Brettllieder von Frank Wedekind und von Marc Henry wiederentdeckte und neu gesetzte alte französische Lieder, die auch vom Hofmeister-Verlag verlegt wurden. Gemeinsam mit Marc Henry trug sie diese französischen Volkslieder, Bauernlieder und Revolutionslieder vor. In passenden Kostümen, französischer, oder französisch anmutender Bauern- oder Revolutionskleidung, sang sie zur Lautenbegleitung altbretonische Duette des 18. Jahrhunderts.

Marya Delvard hatte, zeitgenössischen Berichten zufolge, eine sehr starke Ausstrahlung auf ihr Publikum. Der Dichter Egon Friedell beschreibt einen ihrer Auftritte im Kabarett Fledermaus:

„Marya Delvard ist eine Diseuse, die sich von den meisten ihrer Kolleginnen sehr vorteilhaft unterscheidet, denn sie versteht die Kunst des Andeutens und Verschweigens. Sie nimmt an, daß der Zuschauer kein vollkommener Idiot ist, sondern ein Mensch mit Phantasie: mit einer gebundenen Phantasie, die man nur zu befreien braucht, um sie selbsttätig zu machen.“[2]

Ihr Grab befindet sich auf dem Münchener Nordfriedhof (088-4-14).[3][4]

Nachlass[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der schriftliche Nachlass von Marya Delvard liegt im Literaturarchiv der Monacensia im Hildebrandhaus.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Marya Delvard (1910)
  • Michael Buhrs, Barbara Lésak, Thomas Trabitsch: Kabarett Fledermaus. Ein Gesamtkunstwerk der Wiener Werkstätte. Verlag Christian Brandstätter, Wien 2007, ISBN 3-85033-082-6.
  • Judith Kemp: „Ein winzig Bild vom großen Leben“. Zur Kulturgeschichte von Münchens erstem Kabarett „Die Elf Scharfrichter“ (1901–1904). Allitera Verlag, München 2017, ISBN 978-3-86906-921-0, S. 143–153 u. Anhang Ensemble S. 8–14 (Anhang Ensemble online; PDF; 787 KB).
  • Judith Kemp: „Die größte tragische Kraft des deutschen Uberbrettls“. Zum 50. Todestag der Kabarettsängerin Marya Delvard im Jahr 2015. In: Gabriele von Bassermann-Jordan, Waldemar Fromm, Wolfram Göbel und Kristina Kargl (Hrsg.): Frauen der Boheme 1890–1920, ausgewählte Beiträge zur Ausstellung „Frei leben!“. Allitera Verlag, München 2022, ISBN 978-3-96233-341-6, S. 196–210.
  • Hans-Michael Körner, Bruno Jahn: Große Bayerische Biographische Enzyklopädie. Band 1: A–G. K.G. Saur, München 2005, ISBN 3-598-11460-5, S. 343 (online über De Gruyter online).
  • Iris Schürmann-Mock: Die Muse der Scharfrichter: Marya Delvard (1874–1965). In: Dies.: Frauen sind komisch. Kabarettistinnen im Porträt. AvivA Verlag, Berlin 2019, ISBN 978-3-932338-76-2, S. 14–30.
  • Roger Stein: Das deutsche Dirnenlied: literarisches Kabarett von Bruant bis Brecht. Böhlau, Köln / Weimar / Wien 2006, ISBN 3-412-03306-5, S. 140–144 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Frithjof Trapp: Biographisches Lexikon der Theaterkünstler. Teil 1: A–K (= Handbuch des deutschsprachigen Exiltheaters 1933–1945. Band 2). Saur, München 1999, ISBN 3-598-11375-7, S. 169 f. (abgerufen über De Gruyter online).
  • Revue Franco-Allemande / Deutsch-Französische Rundschau: Fondée à Munich en 1897 par Marya Delvard, M. Henry, Fritz Holl, J.G. Prod'homme. Continuée à Munich en 1964 par Marya Delvard, Fritz Holl, Hans K.E.L. Keller sous les auspices de la Société Franco-Bavaroise. Bayerisch-Französische Gesellschaft, Verlag der Grotius-Stiftung, München, 1964.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Marya Delvard – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Monika Dimpfl: Mähneumwallter Musiker: Hans Richard Weinhöppel alias Hannes Ruch (1867–1928). Sendung am 16. Dezember 2001 in B2, Bayerischer Rundfunk.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. [1] Blogbeitrag zu Marya Delvard.
  2. Egon Friedell in: Schaubühne, 7. November 1907, S. 454.
  3. Werner Ebnet: Sie haben in München gelebt: Biografien aus acht Jahrhunderten. Allitera, München 2016, ISBN 978-3-86906-744-5, S. 144 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Delvard, Marya, The Androom Archives, abgerufen am 27. August 2016