Materno Bossi

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Das Epitaph des Materno Bossi in der Kirche St. Peter und Paul, Würzburg

Materno Bossi (* 18. Juli 1737 in Porto Ceresio, Lombardei; † 28. August 1802 in Würzburg) war ein italienischer Stuckateur und Ausstatter. Er wirkte insbesondere im Hochstift Würzburg und prägte hier den Barock und Frühklassizismus mit.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Materno Bossi wurde am 18. Juli 1737[1] im lombardischen Porto Ceresio am Luganersee geboren. Er entstammte einer Stuckatorenfamilie, die mehrere bekannte Mitglieder hervorbringen sollte. Der Beruf seines Vaters, Natale Bossi, ist allerdings ungeklärt. Maternos Mutter Clara Bossi hatte mehrere Kinder, von denen jedoch nicht alle das Erwachsenenalter erreichten. Materno Bossi begann wohl bereits in frühester Jugend eine Lehre zum Stuckateur, die Quellen schweigen jedoch über diese Ausbildung.[2]

Mit 18 Jahren begleitete er dann seinen jüngeren Bruder Augustin, ein Stuckateur wie er, über die Alpen nach Würzburg. In Deutschland arbeiteten bereits der ältere Bruder Ludovico als Hofstuckateur des Herzogs Karl Eugen von Württemberg, sowie der Onkel Antonio Bossi, der beim Fürstbischof von Würzburg angestellt war. Letztgenannter wurde wohl der Meister der ankommenden Verwandten. Zumindest bis 1757 lernte Materno bei seinem Onkel, wobei die genaue Zeit unklar ist.

Nach dem Abschluss seiner Ausbildung ging Bossi auf Wanderschaft. Im Jahr 1759 besuchte er wohl die Baustelle des italienischen Baus der Bayreuther Residenz. 1762 ist er in Stuttgart nachgewiesen. Er wurde hier als Trauzeuge des Bruders Ludovico genannt. Hier übernahm er erstmals auch die Pflichten eines Stuckateurmeisters. Ebenso arbeitete Materno beim Bau des Bruders in Ludwigsburg mit, wo dieser das Seeschloss Monrepos stuckierte.

Materno Bossi: Hochaltar, Abteikirche der ehemaligen Zisterzienserabtei, Ebrach.

Zusammen mit dem Bruder reiste er danach wiederum nach Würzburg. Das Treppenhaus der neuerbauten Residenz sollte stuckiert werden und die italienischen Meister waren hierfür bestens geeignet. Im Jahr 1766 verließ Ludovico Bossi Würzburg, sein kleiner Bruder Materno aber blieb. Der Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim verpflichtete daraufhin 1767 den jüngeren Bossi für weitere Stuckarbeiten an seiner Stadtresidenz.[3]

Die Zufriedenheit des Bischofs führte am 14. September 1769 dazu, dass Materno Bossi zum offiziellen Hofstuckateur des Fürstbischofs ernannt wurde. Zwei Jahre später, 1771, ehelichte Bossi die Würzburgerin Agnes Amadey, Tochter des fürstbischöflichen Hofkonditors. Die Ehe, Agnes starb 1798, blieb kinderlos. Der Schwiegervater vermachte den Frischvermählten außerdem ein Haus in der Nähe des Stift Haugs. Bereits 1784 erwarb das Ehepaar ein eigenes in der heutigen Theaterstraße, da Materno 1778 zusätzlich noch zum Kammerdiener ernannt worden war.

Die Ernennung zum Hofstuckateur war ebenso mit einer Vielzahl an Aufträgen verbunden. In erster Linie war Materno Bossi für die Stuckierung der Profanbauten des Hochstifts zuständig. Zusätzlich arbeitete er auch für adelige Privatpersonen und die vielen Mönchsorden. Im Jahr 1789 stuckierte Bossi die Kirche des Juliusspitals, zuvor hatte er bereits die Stuckzier im Würzburger Käppele angebracht. Er arbeitete außerdem im Deutschordensschloss in Mergentheim und im Garten des Lustschlosses in Veitshöchheim.

Obwohl Materno Bossi alle Aufträge aus den Hochstiften Würzburg und Bamberg erhielt, wurde er erst im Jahr 1793 Bürger der unterfränkischen Residenzstadt. Zwei Jahre später, 1795, begann mit dem Amtsantritt von Bischof Georg Karl von Fechenbach jedoch der Abstieg des italienischen Künstlers. Jüngere und moderne Stuckateure hatten ihm den Rang abgelaufen. Materno Bossi starb am 28. August 1802 in Würzburg.[4]

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da die meisten Werke des Materno Bossi nicht signiert wurden, erfolgt die Einordnung lediglich über archivalische Quellen. Die Zuordnung zum ₠uvre des Italieners wird zusätzlich noch durch die Tatsache erschwert, dass die Werkstatt neben Materno und seinen Mitarbeitern auch aus seinem jüngeren Bruder Augustin bestand.

Ort Jahr Werk Anmerkungen
Amerdingen 1789–1790 Schloss Amerdingen: Stuckzier
Ansbach 1779–1780 Katholischer Betsaal: Stuck, Hochaltar, Kanzel lediglich zugeschrieben
Aub 1773 Schloss Aub: Stuck, Ausstattung, fast vollständig zerstört
Aub 1773 Mariä Himmelfahrt: Ölberg lediglich zugeschrieben
Bad Bocklet um 1788 Fürstenbau: Stuckzier
Bad Kissingen 1774–1777 St. Jakobus: Stuckzier, Hochaltar, Kanzel, Nebenaltäre
Bad Mergentheim 1780 Schloss Mergentheim: Kapitelsaal des Deutschen Ordens
Bamberg 1772–1773 Neue Residenz: Zwei Vorzimmer
Bamberg 1792–1793 St. Martin (Bamberg): Tabernakel, Antependium
Dettelbach 1778–1779 Maria im Sand: Gnadenaltar lediglich zugeschrieben
Ebrach 1773–1791 Kloster Ebrach: Stuckzier, Ausstattung
Eichstätt 1781/1782 Hof Walderdorff: Stuckzier in der Beletage lediglich zugeschrieben
Forchheim 1775 Oberamtshaus: Stuckzier
Fuchsstadt 1767–1769 Mariä Himmelfahrt: Stuckzier, Altäre und Kanzel Neubau 1751 bis 1766 durch Johann Michael Fischer
Gaukönigshofen 1776–1777 Schutzengelkirche: Stuck, Modernisierung der Altäre
Hausen (Bad Kissingen) 1772–1776 Obere Saline: Kapelle, Stuckzier, fast vollständig zerstört
Heidenfeld 1783–1784 Kloster Heidenfeld: Stuck und Ausstattung, zerstört lediglich zugeschrieben
Kirchheim (Unterfranken) 1790–1796 St. Michael: Stuckzier, Hochaltar, Seitenaltäre, Kanzel
Kitzingen 1793–1794 St. Johannes: Kanzel
Memmelsdorf 1770–1775 Schloss Seehof: Grotte, zerstört; Theater; Gartenhaus
Saal an der Saale 1777 Mariä Heimsuchung: Entwurf Kirchenausstattung, nicht ausgeführt
Triefenstein 1784–1786 Kloster Triefenstein: Stuck und Ausstattung
Veitshöchheim 1771–1774 Schlosspark Veitshöchheim: Gartenpavillon, zerstört; Grottenhaus; Kaskade, zerstört
Vierzehnheiligen nach 1774 Kloster Vierzehnheiligen: Entwurf der Kanzel lediglich zugeschrieben
Werneck um 1793 Schloss Werneck: Kanzel der Schlosskapelle lediglich zugeschrieben
Wipfeld 1786–1787 St. Johannes Baptist: Stuckzier, Hochaltar
Würzburg 1767–1768 Residenz: 2. Gastzimmer, zerstört und rekonstruiert
Würzburg 1769–1770 Residenz: Grünlackiertes Zimmer, zerstört und rekonstruiert; Ofen im Weißen Saal
Würzburg 1770–1771 Residenz: Opernsaal, Bühenaufbau, zerstört; Fürstensaal, zerstört und rekonstruiert
Würzburg 1772–1774 St. Michael: Ausstattung, zerstört; Stuck; Kanzel
Würzburg 1774 Hofkirche St. Michael: Kanzel
Würzburg nach 1774 Klosterkirche Kreuzauffindung: Entwurf der Kanzel, zerstört lediglich zugeschrieben
Würzburg 1776–1779 Residenz: Ingelheim-Zimmer, zerstört und rekonstruiert; Stuckzier; Tüncherarbeiten
Würzburg 1777 Residenz: Kaminecken in Opernzimmer, zerstört
Würzburg um 1780 Blasiusgasse 9, Festsaal: Stuckzier, zerstört lediglich zugeschrieben
Würzburg 1780 Residenz, Gesandtenbau: Stuck Treppenhaus, Saal, 4 Zimmern, zerstört
Würzburg 1785–1788 Käppele: Entwurf der Stuckzier lediglich zugeschrieben
Würzburg 1789–1790 St. Stephan: Entwurf der Stuckzier lediglich zugeschrieben
Würzburg 1796–1798 St. Michael: Chorstuck, Altäre
Zellingen 1787–1788 St. Georg: Stuckzier, 3 Altäre, Kanzel[5]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ernst Eichhorn: Vom Anteil „welscher“ Künstler an der Barockkunst Frankens (= Erlanger Bausteine zur fränkischen Geschichte Nr. 6). Erlangen 1959. S. 127–157.
  • Reinhard Müller: Materno Bossi ein fränkischer Stuckator. Diss. Würzburg 1920.
  • Iris Ch. Visosky-Antrack: Materno und Augustin Bossi. Stukkatoren und Ausstatter am Würzburger Hof im Frühklassizismus (= Kunstwissenschaftliche Studien Bd. 83). Diss. München, Berlin 2000.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Materno Bossi – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Während die ältere Literatur von den Jahren 1739/1740 ausgeht, nennt Visosky-Antrack (S. 16) dieses Datum.
  2. Visosky-Antrack, Iris Ch.: Materno und Augustin Bossi. S. 16.
  3. Visosky-Antrack, Iris Ch.: Materno und Augustin Bossi. S. 17.
  4. Visosky-Antrack, Iris Ch.: Materno und Augustin Bossi. S. 17.
  5. Visosky-Antrack, Iris Ch.: Materno und Augustin Bossi. S. 81–83.